Strom kommt, aber Verbrenner bleiben wichtig: VW arbeitet am Serieneinsatz von Mild-Hybriden, Gasantrieben und neuen 1,5-Liter-Benzinern. Wir fuhren die Prototypen.
Ehra-Lessien – VW spricht derzeit am liebsten über Strom, viel lieber als über Euro-5-Diesel. 2019 startet der I.D., ein Elektroauto in der Golf-Klasse. Er ersetzt den E-Golf und wird das erste VW-Modell ganz ohne Tankstutzen. Den Golf wird es trotzdem weiterhin geben: Im gleichen Jahr startet Generation 8 des wichtigsten Wolfsburgers. Der Golf 8 muss sparsamer werden als sein Vorgänger. In der echten Welt, nicht auf dem Papier. Neue CO2-Ziele, Normen und Prüfzyklen fordern bessere Abgaswerte. VW setzt dafür auf Mild-Hybride, überarbeitete Benziner und Erdgas. Wir waren mit Prototypen aus der Motorenentwicklung unterwegs. Sie geben einen sehr konkreten Ausblick auf die nahe und langfristige Zukunft – vorerst noch ohne konkrete technische Daten. Mild-Hybrid mit Riemen-Startergenerator („MHEV“)
Toyota hat bewiesen, dass ein Elektromotor viel Sprit sparen kann. Einen Vollhybrid will VW trotzdem nicht mehr bauen. Experimente in Touareg und Jetta haben gezeigt, dass der Prius-Effekt nicht jedem Auto steht. Im Golf 8 startet deshalb eine abgeschwächte Hybridtechnik. Er bekommt einen Riemen-Startergenerator (RSG) und ein 48-Volt-Bordnetz. Damit wird er zum Mild-Hybrid. Die Idee: Mit hoher Spannung lässt sich ein Motor schnell und komfortabel starten. Deshalb kann er häufiger stillstehen und Sprit sparen. Audi führte die Technik im A8 bei allen Motoren ein. Die VW-Kompaktklasse folgt mit ausgewählten Antrieben. Mild-Hybride sind günstiger als Vollhybride. VW will so eine größere Verbreitung erreichen. Der RSG im Golf 8 übernimmt die Aufgaben von Lichtmaschine und Anlasser. Beim Bremsen rekuperiert er effizienter als aktuelle Generatoren. Die gewonnene Energie nutzt er, um den Motor schneller und sanfter anzulassen als ein Ritzelstarter. Was übrig bleibt, hilft dem Verbrenner über das Turboloch: Etwa 50 bis 100 Newtonmeter lassen sich kurzfristig per Riemen auf die Kurbelwelle übertragen. Im Prototyp unterstützt der RSG noch einen alten 1,4-Liter-Turbobenziner („EA 211“). Die Serienversion startet mit den 1,5-Liter-Benzinern der neuen Motorgeneration „EA 211 Evo“. Die hat VW bereits im Golf 7 Facelift eingeführt. Im Golf 8 wird sie erweitert (s.u.). Auf einen normalen Anlasser will VW im 48-Volt-Golf vollständig verzichten. Der Verbrenner bekommt im Drehzahlkeller einen spürbaren Schub. Knapp über 1.000 Touren fühlt sich der kleine Benziner kräftiger an. Der RSG arbeitet nur in einem knappen Drehzahlbereich, der aber viel ausmacht. Im Schubbetrieb schaltet sich der Verbrenner ab. Beide Kupplungen des DSG öffnen und trennen den Motor vom Getriebe. Der Golf rollt mit geringem Widerstand. Bei vorausschauender Fahrweise spart das auf der Straße Sprit. Im Prüfzyklus verbessert sich dadurch nichts, denn im Protokoll fehlen solche Fahrsituationen. Geht der Fahrer aufs Gas, springt der Verbrenner fast ruckfrei wieder an. Beim Bremsen passiert das Gleiche. Denn der Motor muss drehen, damit der RSG rekuperieren kann. Mild-Hybride mit RSG und zweiten Elektromotor („MHEV Plus“)
Quelle: Volkswagen Riemen-Startergenerator und 48-Volt-Netz sollen langfristig die Basis für weitere Hybrid-Optionen werden. VW-Technikchef Frank Welsch kündigte das im Interview mit MOTOR-TALK an: Ein zweiter Elektromotor an Getriebe oder Hinterachse eröffne zusätzliche Möglichkeiten. Einen leichten Allradantrieb ohne Kardanwelle zum Beispiel. Nichts für Drifts, aber für die Sandgrube. Mit größerem Akku und zweitem Elektromotor wird aus dem Mild-Hybrid beinahe ein Vollhybrid. Elektrisch beschleunigen geht nicht, das klappt nur mit höherer Spannung. Aber der Prototyp (Elektromotor am Getriebe) kann elektrisch einparken oder konstante Geschwindigkeiten halten. Und er kann rekuperieren, ohne den Motor anzukoppeln: Der zweite Elektromotor ist fest mit einer Achse verbunden. Der Verbrenner steht also häufiger still. Dieses Konzept fühlt sich vollständiger an als die reine RSG-Version. Je nach Fahrprofil wirkt der Verbrenner dort nervöser, weil er beim Bremsen und jeder Gaspedalbewegung anspringt. Beide Varianten ließen sich mit einem integrierten Startergenerator verbinden. Der erfordert aber große Umbauten am Getriebe und wäre teurer. Zudem wäre ein elektrischer Allradantrieb aufwändiger umzusetzen. Erdgas, VTG-Lader und Miller-Zyklus im 1.5-TSI
Einen ersten Ausblick auf die Mild-Hybride gibt es bereits in Serie. Der neue VW Golf Blue Motion schaltet seinen 1,5-Liter-Turbobenziner ab, wenn er rollt. Bordnetz, Lichtmaschine und Anlasser entsprechen aber dem Serienstand. Man spricht von einem Mikro-Hybrid. VW stellte diesen Motor Anfang 2016 auf dem Wiener Motorensymposium vor. Er läuft im Miller-Zyklus und hat einen Turbolader mit variabler Turbinengeometrie („VTG-Lader“). Details zu Technik und Funktionsweise lest Ihr hier. Ein weiterer Einsfünfer mit 150 PS ist ebenfalls im Programm, allerdings ohne VTG-Lader und Miller-Zyklus. Den tauscht VW langfristig gegen eine starke Variante des Blue-Motion-Benziners. In den Prototypen steigt die Leistung durch ein anderes Verdichterrad im Turbo auf 160 PS. Das Drehmoment (250 Nm) liegt bei 1.600 Umdrehungen an. Die Daten klingen realistisch, denn etwas mehr Power ist zu einem Modellwechsel durchaus üblich. Für VW besonders wichtig: Der Antrieb lässt sich mit überschaubaren Änderungen auf den Betrieb mit Erdgas (CNG) umrüsten. Ein überarbeitetes Saugrohr mit Einblasdüsen kommt dann zum Einsatz. Über Änderungen im Ventiltrieb sagt VW noch nichts. Vermutlich erhöht eine andere Steuerung der Einlassventile die effektive Verdichtung. CNG lässt sich synthetisieren. Dadurch könnte künftig viel CO2 eingespart werden. Im Vorserien-Golf koppelt VW den Motor übrigens an eine Wandlerautomatik. Die wird es in Europa aber nicht geben. Nur der amerikanische Markt verlangt solche Getriebe. Das Anfahrverhalten beim Loslassen der Bremse gilt dort als wichtiges Kriterium. Mit einem DSG lässt sich das nicht vergleichbar darstellen. Fazit: Der Golf bleibt konventionellRein elektrisch fahren zukünftig andere Modelle. Der Golf arbeitet langfristig konventionell, unterstützt von kostengünstigen Hybrid-Lösungen. Mit diesen Lösungen sinkt der Realverbrauch – eine vorausschauende Fahrweise vorausgesetzt. Nebenbei drücken innermotorische Änderungen den Verbrauch. Das ist wichtig, denn VW prognostiziert für 2025 einen Verbrenner-Anteil von fast 50 Prozent. Elektroautos machen dann etwa ein Viertel der Produktion aus. Der Rest teilt sich auf Mild- und Plug-in-Hybride auf. Ab sofort verschicken wir unsere besten News einmal am Tag über Whatsapp und Insta. Klingt gut? Dann lies hier, wie Du Dich anmelden kannst. Es dauert nur 2 Minuten. |