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Interview mit VW-Entwicklungschef Frank Welsch - Die Zukunft von VW: Von Mild-Hybrid bis Elektroauto

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VW setzt auf Elektroautos, vergisst aber die Verbrenner nicht: Autos und Plattformen wird es parallel geben. Marken-Entwicklungschef Frank Welsch nannte uns Details.

  • Erster Elektro-VW mit MEB-Basis: Ab 2020 beim Händler
  • VW Lavida: Als Elektroauto ab 2018 in China
  • VW Phaeton 2: Elektrische Oberklasse, aber keine klassische Limousine
  • Plug-in-Hybride mit 70 Kilometern NEFZ-Reichweite
  • Diesel bleibt wichtig
  • Ottopartikelfilter: Ende 2018 für alle Benziner

Frankfurt – IAA, Halle 3, VW-Messestand. Am zweiten Pressetag wird es ruhiger auf der wichtigsten deutschen Automesse, aber nicht leise. Aus Lautsprechern dröhnt sporadisch Präsentationsmusik, Journalisten wuseln durch die Autos. VW-Technikchef Frank Welsch lädt MOTOR-TALK zum Gespräch in die Studie I.D. Buzz. Dort ist es ruhiger.

Viele Hersteller zeigen bei der IAA 2017 elektrische und autonome, nahe und ferne Zukunft. Allein bei VW parken drei Elektro-Konzepte. Und die Gegenwart? Das Elektro-Angebot bei VW ist überschaubar. Bisher gibt es nur E-Golf und E-Up. Der Konzern kündigt eine Offensive an. Sie soll zum Ende des Jahrzehnts starten. Wir fragten Welsch nach den Details.

VW: Doppeltes Angebot bei Volumenmodellen

Der Ingenieur erläutert den Zeitplan, beginnend mit dem ersten Termin für Journalisten: „Sie können vielleicht schon 2019 fahren, alle Kunden (…) ab 2020.“ In etwa zwei Jahren sehen wir also das erste Serienelektroauto von VW, das nur als solches entwickelt wurde. Die aktuellen Modelle sind umgebaute Verbrenner.

VW beginnt mit den Serienversionen der Messestudien. Den Anfang macht der I.D., später folgen I.D. Crozz und Buzz. Ein Van und mehrere SUV seien ebenfalls geplant. „Und wir haben noch keine Limousinen oder Kombis gezeigt. Die werden wir ganz sicher auch haben“, kündigt Welsch an. Diese Elektroautos basieren auf dem rein elektrischen Baukasten MEB*. Der stellt das Volumen dar. Zum Beispiel: „Golf-Segment, Tiguan-Segment, Passat-Segment.“

Elektro-Offensive bedeute aber nicht, dass die Verbrenner bei VW auslaufen. In acht Jahren machen sie noch mindestens drei Viertel des Gesamtumsatzes aus. Trotzdem will der Konzern bis dahin 15 reine Elektro-Modelle unter fünf Marken verkaufen. Die Konsequenz: Volumenmodelle gibt es dann doppelt. Klassisch und elektrisch. Der I.D. läuft parallel zum Golf, der I.D. Buzz neben Sharan oder Multivan.

Langfristig wird VW ein Elektro-Flaggschiff anbieten. Der Phaeton 2 ist derzeit aber depriorisiert. „Das Buch ist nicht zugeklappt. Aber das ist Abteilung Kür. Wir sind noch an der Pflicht.“ Wenn das Modell kommt, wird es anders aussehen als die erste Generation des Oberklasse-VW: „Es wird keine ganz klassische Limousine sein“, verrät Welsch und verspricht einen Loungecharakter im Innenraum. Um diese Klasse darstellen zu können, muss der Elektro-Baukasten aber noch überarbeitet werden.

Elektroautos auf MQB-Basis für China

Bis die Elektro-Plattform überhaupt einsatzbereit ist, setzt VW das Verbrennerchassis unter Strom. „Der MQB* ist elektrifizierbar. Das haben wir am E-Golf bewiesen.“ Weitere Autos nach diesem Prinzip könnten folgen: „Ich als Techniker kann sagen: Wir können liefern. Plug and Play.“ In Europa fehle dafür bisher aber die Nachfrage.

Weltweit sieht es anders aus. „Der meistverkaufte chinesische VW ist der Lavida. Der fährt ab 2018 elektrisch.“ Elektrische SUV auf MQB-Plattform seien dort ebenfalls geplant. Im Heimatmarkt setzt VW bei Elektroautos auf den MEB. Der sei günstiger und biete eine höhere Reichweite.

Plug-in-Hybride lassen sich jedoch nur auf dem Verbrennerchassis umsetzen. Welsch will sie weiter ausbauen: „Wir werden die Reichweite vergrößern.“ Aktuell fahren sie laut NEFZ 50 Kilometer weit rein elektrisch. Welsch stellt 70 Norm-Kilometer in Aussicht, also etwa 50 Kilometer im Realbetrieb.

Der Golf 8 bekommt ein 48-Volt-Bordnetz

Vollhybride wie der Toyota Prius stehen nicht auf dem Programm. VW setzt auf Mildhybride mit 48-Volt-Bordnetz und Riemenstarter-Generatoren. Audi elektrifiziert auf diese Weise alle Antriebe im neuen A8. VW startet damit 2019: „Bei uns finden Sie ihn ab dem Golf 8.“ Dann wird diese Technik Teil des MQB. „Ab 2019 gibt es eine Schublade im MQB, auf der steht: ‚Mild-HEV, hier bitte ziehen‘“, scherzt Welsch. Und deutet damit an: Das zweite Bordnetz startet in der Großserie.

Die Mildhybridisierung soll bei Benzinern und Dieseln zum Einsatz kommen. Welsch zählt weitere Optionen auf, die das 48-Volt-Netz erlaubt. Zum Beispiel einen zweiten Motor mit 15 bis 20 kW Leistung im Getriebe oder an der Hinterachse. Mit dem könnten die Autos anfahren oder segeln. „Weil das weitaus weniger Mehrkosten erfordert als ein Hochvolt-Hybrid, kommen wir damit in eine größere Verbreitung.“

Der verantwortliche Techniker der Marke VW wirkt zufrieden. Er wirkt locker, aber bestimmt. Noch kündigt er an. Aber die Serieneinführung der vielen Elektroautos rückt näher. Seine Studien sind keine leeren Hüllen, sondern konkrete Ausblicke in die nahe Zukunft.

Der Diesel bleibt wichtig

Diese Zukunft besteht nicht nur aus Elektroautos. „Wir stehen uneingeschränkt zum Diesel. (…) Er wird seinen Platz haben, auch aus Umwelt- und Emissionsgründen.“ Seine Vorteile spiele er vor allem bei schweren Autos aus, die auf Langstrecken gefahren werden. Im Umkehrschluss bedeutet das: Einen VW Polo wird es nicht dauerhaft mit Dieselmotoren geben.

Welsch prognostiziert, dass Diesel zum Wechsel auf die Abgasnorm Euro 7 im Kleinwagen auslaufen könnten. Die Abgasreinigung wird dann zu teuer für diese Klasse. Markenschwester Skoda streicht den Diesel im Fabia ab 2018. Benziner sind dort ohnehin viel interessanter.

Die Benziner müssen beim Abgas allerdings ebenfalls besser werden. Rußpartikelfilter für Ottomotoren bietet VW derzeit für den Tiguan 1,4 TSI (150 PS) und bald den Up GTI an. Weitere Motoren und Modelle folgen. Der Zeitplan: „Wenn wir uns in einem Jahr wiedertreffen, werde ich Ihnen sagen: Wir sind fertig, es haben alle einen Otto-Partikelfilter.“

Video: Interview mit VW-Entwicklungsvorstand Frank Welsch

Das Interview führten Heiko Dilk und Constantin Bergander. Im Video seht Ihr das vollständige Gespräch:

* Erklärungen:

MEB steht für Modularer Elektrifizierungsbaukasten. VW plant eine gemeinsame Plattform für viele Großserienmodelle. Der Akku sitzt in der Bodenplatte, ein Elektromotor an der Hinterachse. Radstand und Raddurchmesser sind skalierbar. Ein zweiter Elektromotor ermöglicht Allradantrieb.

MQB steht für Modularer Querbaukasten. Er stellt die Basis für viele Fahrzeuge im VW-Konzern. Seat Leon, Audi A3 und VW Golf waren die ersten. Mittlerweile streckt sich die Plattform von VW Polo (Kleinwagen) bis VW Atlas (SUV, etwa fünf Meter Länge). Benziner, Diesel, Erdgasmotoren, Plug-in-Hybride und Elektroautos lassen sich realisieren. Letzte allerdings mit eingeschränkter Bauform für den Akku, daraus resultierend mit eingeschränkter Reichweite.

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