Der "Diesel-Gipfel" zwischen Politik und Automobilindustrie hat zu überschaubaren Resultaten geführt. Software-Updates hatten einige Hersteller bereits angekündigt.
Berlin - Mehr als fünf Millionen Dieselautos in Deutschland sollen eine neue Software erhalten und damit weniger Schadstoffe ausstoßen. In dieser Zahl sind die 2,5 Millionen Fahrzeuge bereits enthalten, die der Volkswagen-Konzern wegen seiner Betrugssoftware umrüsten muss. Das teilte der Verband der Automobilindustrie (VDA) als ein Ergebnis des Dieselgipfels mit Bund und Ländern am Mittwoch in Berlin mit. Es handele sich um Fahrzeuge der Emissionsklasse Euro 5 und teilweise Euro 6. Wie sich die Zahl genau zusammensetzt, blieb zunächst offen. Allein Daimler hatte bereits vor zwei Wochen einen freiwilligen Rückruf für mehr als drei Millionen Dieselautos angekündigt. Werden sie mitgezählt, ergäbe sich aus der vom VDA genannten Zahl kein neuer Stand. Der Volkswagen-Konzern will einschließlich der im Abgas-Skandal angeordneten Rückrufe rund vier Millionen Diesel-Autos in Deutschland per Software-Update nachrüsten. Diese Zahl an Autos könne nachgerüstet werden, sagte ein VW-Sprecher am Mittwoch nach dem Dieselgipfel in Berlin. Volkswagen muss ohnehin über 2,5 Millionen Autos umrüsten - diese sind in den vier Millionen Fahrzeugen enthalten. Bislang ist bei etwa 1,9 Millionen Autos das Update aufgespielt. Die Tochter Audi will europaweit bis zu 850.000 Fahrzeuge nachrüsten lassen, in Deutschland sind es rund eine halbe Million. Sie zählen ebenfalls zu den genannten vier Millionen. Dazu kommen weitere etwa 900.000 Autos, die sich aus den VW-Transportern T5 und T6 überwiegend mit Euro5 sowie mehreren Modellen von Seat oder Skoda zusammensetzen. Die Maßnahmen der Hersteller seien freiwillig, es handelt sich also nicht um einen vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordneten Rückruf. Die Nachrüstung werde unmittelbar nach Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) "auf Basis der erreichbaren Pkw" durchgeführt. Sie decke einen Großteil der Flotten bei den deutschen Herstellern ab, so der VDA: Ungefähr 8,6 Millionen Diesel mit Euro 5 und Euro 6 sind derzeit in Deutschland insgesamt zugelassen. 25 bis 30 Prozent weniger SchadstoffeZiel der Updates sei eine durchschnittliche Stickoxid-Reduzierung von 25 bis 30 Prozent bei den nachgerüsteten Fahrzeugen. Studien zeigten, dass damit die Schadstoffbelastung mindestens genauso stark reduziert werden könne wie durch Fahrverbote, hieß es beim VDA. "Wir begrüßen, dass Bundesregierung und Länder der Vermeidung von generellen Fahrverboten Priorität einräumen." Zu aus der Politik geforderten Hardware-Nachrüstungen äußerte sich der VDA nicht. Angeboten werden die Software-Updates von BMW, Daimler, Opel und Volkswagen. Für die Halter würden keine Kosten entstehen. Die Aktion soll keinen Einfluss auf Motorleistung, Verbrauch oder Lebensdauer haben. Rabatt-Aktionen diverser HerstellerBMW will zum Gesamtvolumen 225.000 Umrüstungen an Euro-5-Diesel-Pkw beisteuern. Das teilte der Autokonzern nach dem Dieselgipfel in Berlin mit. Darüber hinaus bietet BMW europaweit eine Art Abwrackprämie aus eigener Tasche an: Wer bis zum Jahresende einen Euro-4-Diesel oder einen noch älteren Diesel in Zahlung gibt und einen Euro-6-Diesel oder einen elektrifizierten BMW oder Mini kauft, bekommt von BMW bis zu 2.000 Euro Rabatt. Eine ähnliche Rabattaktion hatte Ford Deutschland einen Tag zuvor angekündigt: Wer einen neuen Ford kauft, kann ein Dieselauto der Schadstoffnormen Euro 1, 2 oder 3 zu Preisen zwischen 2.000 und 8.000 Euro in Zahlung geben. Auch Toyota möchte da nicht außen vor bleiben: Wer einen mindestens sechs Monate alten, gebrauchten Diesel in Zahlung für einen neuen Toyota Hybrid gebe, erhalte einen zusätzlichen Rabatt von 2.000 Euro. Weitere Rabatte anderer Hersteller werden wohl folgen, dem Handel kann dies in der traditionell umsatzarmen Sommerzeit durchaus recht sein. Krüger: BMW manipuliert nichtBMW-Vorstandschef Harald Krüger forderte die Rückkehr zu einer sachlichen Debatte über den Diesel. Zum Umweltschutz gehöre auch der Kampf gegen den Klimawandel. Der moderne Diesel stoße weniger CO2 aus als Benziner und sei auch bei Feinstaub, Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid gleich gut oder besser. Scharf wies Krüger Verdächtigungen zurück, BMW hätte bei Dieselabgasen geschummelt. Die BMW-Technik unterscheide sich deutlich von anderen im Markt. "Die Ergebnisse nationaler und internationaler behördlicher Untersuchungen haben bestätigt, dass Fahrzeuge der BMW Group nicht manipuliert werden", betonte Krüger. Hendricks: "Erster Schritt"Vor dem Treffen in Berlin hatte die Politik mehr Bewegung bei den Herstellern gefordert. "Die Automobilindustrie ist sich bewusst, dass sie erheblich an Vertrauen verloren hat", räumte der VDA ein. BMW, Daimler und VW wollen sich an einem geplanten Fonds des Bundes für umweltfreundliche Mobilität in Städten beteiligen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) als Mitgastgeber hatte vor dem Treffen gesagt: Ziel sei es, Ökologie und Mobilität näher zusammen zu bringen. "Dazu muss die Industrie die Umrüstung von Euro-5- und Euro-6-Fahrzeugen umsetzen." Zudem erwarte er ein "akzeptables Angebot" der Branche für eine Reduzierung der Schadstoffbelastung in Städten. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat den Kompromiss bei Software-Updates anstelle von aufwändiger Nachrüstungen verteidigt. Das sei "keine Milde", sagte sie dem Südwestrundfunk (SWR2). Zu den Umrüst-Möglichkeiten der Hardware seien noch technische Fragen offen. Das Software-Update sei ein erster Schritt, dem weitere folgen müssten, betonte die Umweltministerin. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, Aufsichtsrat im VW-Konzern, sprach nach dem Dieselgipfel von "ersten Fortschritten". Weitere müssten folgen - "dessen sind sich alle Beteiligten nach meinem Eindruck auch bewusst", sagte er. "Ob auch Maßnahmen bei der Hardware möglich sind, wird Gegenstand einer weiteren Prüfung sein. Diese Diskussion ist also nicht beendet", betonte Weil.
Quelle: Mit Material von dpa |