Der Traum jedes Schraubers: Eine unbenutzte Rohkarosserie, Zugriff auf Originalteile und viel Zeit. Porsche hat sich das erfüllt und einen luftgekühlten 911 Turbo gebaut.
Von Fabian Hoberg und Constantin Bergander Stuttgart – Wo 911 draufsteht, ist in der Regel auch ein Elfer drin. Aber Porschisti sind Nostalgiker. Sie lieben das, was früher war. Wenn es um den 911 geht, stehen sie also auf Luftkühlung. „Echte“ Elfer temperieren ihre Motoren nicht mit Wasser, sondern mit dem Fahrtwind. Diese Zeiten sind aber seit spätestens 1998 vorbei. Eigentlich. Denn zum 70. Geburtstag macht Porsche eine Ausnahme. Porsche Classic fertigte anlässlich des Firmenjubiläums einen Elfer, wie es ihn bis vor 20 Jahren gab: einen 911 Turbo S der Baureihe 993. Die Abteilung baute das Auto nicht auf oder nach, sondern komplett neu. Mit einer Rohkarosserie ohne Fahrgestellnummer und Neuteilen aus dem Bestand. Neuwagen nach 20 Jahren: 993 Turbo S "Project Gold"Quelle: Porsche Eine Gelegenheit, von der wohl jeder Schrauber träumt: unbegrenzten Zugriff auf Originalteile, eine Lackiererei, einen Sattler und ganz viel Zeit. Eineinhalb Jahre lang schraubte das Team um Uwe Makrutzki am Retro-Elfer. Insgesamt steckten der Leiter der Werksrestaurierung und seine Angestellten etwa 1.300 Arbeitsstunden in das Auto. Über Geld möchte man lieber nicht reden. Allein deshalb, weil sich nicht jeder Wert beziffern lässt. Eine unbenutzte, komplett originale Rohkarosserie für einen 993 ist heute wohl unbezahlbar – erst recht, wenn es sich um die breite Variante der Turbo-Modelle handelt. Zur Perfektion fehlten nur die Lufteinlässe an den hinteren Radläufen der Turbo-S-Variante. Die kamen nachträglich ins Blech. Die Karosserie lagerte bei Porsche in Zuffenhausen. „Wir diskutierten intern, ob wir anlässlich des Jubiläums ‚70 Jahre Porsche Sportwagen‘ etwas daraus machen sollten. Verkaufen oder verschrotten kam jedenfalls nie in Frage“, sagt Makrutzki. Der Plan: Aus dem nackten Blech sollte ein neuer 993 entstehen, gestaltet im Stil der aktuellen 911 Turbo S Exclusive Series – ein limitiertes Sondermodell mit viel Gold und Carbon. Neuer Motor mit "WLS 2"Quelle: Porsche Porsche konservierte und lackierte die 993-Karosserie so, wie man es heute mit neuen 991-Blechen macht. Allradantrieb, Schaltgetriebe und der luftgekühlte Boxermotor sind neue Originalteile aus dem Bestand. 6.500 verschiedene Teile bietet Porsche Classic für den 993 an. Die meisten von ihnen werden den Weg in das Projekt Neuwagen gefunden haben. Die Karosserie bekam den stärksten damals verfügbaren Motor: einen 3,6-Liter-Biturbo-Benziner mit der „Werksleistungssteigerung 2“. Damit steigt die Leistung des Sechszylinder-Boxers von ursprünglich 408 auf 450 PS. Die Restaurateure setzten die niedrigsten Toleranzwerte um und optimierten die Serienteile so gut wie möglich. Wie sein Vorbild aus aktueller Produktion bekam der 993 goldenen Lack, dunkle Kontrastelemente und eine Menge Sichtcarbon. Die Innenausstattung wurde von einem Sattler für das Projekt angefertigt und mit goldenen Nähten versehen. Eine Plakette auf dem Armaturenbrett weist darauf hin, dass es sich um ein Einzelstück handelt. Einzelstück ohne StraßenzulassungQuelle: Porsche Von 1997 bis 1998 entstanden in Zuffenhausen nur 345 Exemplare des 911 Turbo S. Jetzt gibt es einen mehr. Als besonderes Detail schlug Porsche eine Fahrgestellnummer in das Chassis des Einzelstücks, die auf jene des letzten produzierten 993 gefolgt wäre. Bisher fuhr nur Makrutzki den Elfer. Knapp 50 Kilometer lang testete er das Auto auf der Porsche-Teststrecke in Weissach. Zwei Tage lang parkte er ihn im Regen, um die Karosserie auf Undichtigkeiten zu prüfen. Einen besseren 993 gibt es nicht, findet er. Schade, dass sich sein Kilometerzähler in den kommenden Jahren wohl kaum weiterdrehen wird. Am 27. September 2018 zeigt Porsche das Auto erstmals öffentlich an der Rennstrecke Laguna Seca. Genau einen Monat später wird er auf einer Auktion von RM Sotheby’s in Atlanta versteigert. Alle Erlöse gehen an die Ferry-Porsche-Stiftung. Vermutlich mutiert der Elfer dann zum Standzeug. „Dafür ist der Wagen aber eigentlich zu schade, denn er ist perfekt und fährt sich fantastisch“, sagt Makrutzki. Eine Zulassung des goldenen Einzelstücks ist allerdings nicht möglich. Der Porsche erfüllt nicht die dafür nötigen Abgas- und Sicherheitsvorschriften. Eine Homologation nach aktuellen Normen würde sich für ein einziges Fahrzeug nicht lohnen. Er darf also nur auf Privatgelände und bei Motorsportveranstaltungen fahren. Vielleicht kauft ihn der neue Besitzer ja genau für solche Zwecke.
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