Von 1947 bis 1981 wurde der Typ H gebaut. Fast 500.000 Exemplare rollten in dieser Zeit vom Band. Mittlerweile ist die sympathische Wellblechhütte vom Aussterben bedroht.
Köln/Düsseldorf - Wir schreiben den Herbst 1947, der Krieg ist seit zwei Jahren vorbei. Auch in Frankreich geht es wieder aufwärts. Citroën trägt dem Aufschwung auf dem Pariser Auto-Salon mit einer besonderen Premiere Rechnung. Denn der hier vor 70 Jahren präsentierte Typ H sollte, so die Idee, als wandlungsfähiger Kleintransporter die Bauern mobil machen, den Handel ankurbeln und die Wirtschaft in Schwung bringen. Das schaffte der Wellblech-Transporter. Sehr schnell eroberte der unverwechselbare Typ H das Straßenbild und wurde für Frankreich so typisch wie die dreirädrige Ape für Italien oder der VW-Bus für das Deutschland der Wirtschaftswunderjahre. Das für damalige Verhältnisse revolutionäre Konstruktionsprinzip ging auf den Citroën TUB zurück, den die Franzosen bereits 1939 eingeführt hatten. Doch weil der Krieg dem TUB in die Quere kam und dessen Produktion schon nach nicht einmal 2.000 Exemplaren wieder eingestellt werden musste, gilt heute der Typ H als Urvater des modernen Kastenwagens. Ein darüber hinaus angedachter kleinerer "Typ G" schaffte es nicht bis zur Marktreife. Auf der IAA 2011 schwelgte Citroën noch einmal in Erinnerung und stellte ein modernes TUB-Konzept-Fahrzeug vor. Eine Wellblechhütte mit 17 Kubikmeter StauraumCitroën nennt als größten Vorteil der Konstruktion ihre Vielseitigkeit zu kleinen Kosten: Weil keine Kardanwelle nach hinten benötigt wurde, konnten die Ingenieure nicht nur einen flachen Ladeboden verwirklichen, sondern auch bei allen Versionen denselben Antriebsstrang verwenden. Wer dann auch noch ein Hochdach dazu bestellt hatte, kam auf 17 statt 7 Kubikmeter Stauraum, der durch eine Schiebetür und die dreigeteilte Heckklappe leicht zu beladen war. Und weil der Typ H häufig als Kaufladen oder Imbissbude unterwegs war, gab es nicht nur eine ausklappbare Theke mit Vordach, sondern im Handschuhfach sogar eine eingebaute Kasse, wie man im Citroën-Archiv nachlesen kann. Der Citroën HY ist das häufigste Modell des Citroën Typ H und wurde meist als Typbezeichnung für alle Varianten (H, HY, HX, HW, HZ und 1600) verwendet. Den HY gab es auch in einer Variante mit Ambulanz-Aufbau des Karrosseriebauers Currus und hydropneumatischer Hinterachse. Die Vielseitigkeit des Fahrzeugs erkannte auch die französische Gendarmerie und setzte den Typ H als Einsatzfahrzeug ein. Eine eigenwillige alte DameWährend Experten den technischen Weitblick der Franzosen loben, schwelgen die Fans in der Erinnerung. Denn der Anblick des Typ H ist verbunden mit romantischen Bildern von provenzalischen Wochenmärkten, bretonischen Campingplätzen und atlantischen Strandpromenaden. Bei Passfahrten in den Alpen etwa wird den nachfolgenden Fahrern einiges an Geduld abverlangt - meist bleibt man im ersten Gang und unter 30 km/h. Und zu allem Übel dringt aus dem Kasten zwischen den Sitzen, unter denen sich der Vierzylinder redlich Mühe gibt, schon nach wenigen Minuten eine unerträgliche Hitze und der muffige Geruch von heißem Öl. Auch das ist ein Grund, weshalb der Typ H mittlerweile selten geworden ist, sagt Citroën-Experte Joest. Obwohl in einer ungewöhnlich langen Bauzeit von 33 Jahren bis 1981 immerhin knapp 500.000 Exemplare vom Band liefen, spielt der Kastenwagen in der Oldtimer-Szene nur eine Nebenrolle, heißt es in der deutschen Citroën-Zentrale in Köln. Die schätzt den deutschen Bestand auf gerade einmal 200 Fahrzeuge. Und dass der Typ H mit seinem hohen Aufbau in keine Normgarage passt, sondern nur in Gewerbehallen vor dem Zahn der Zeit geschützt werden kann, mache die Sache auch nicht leichter. Vom Aussterben bedrohtDabei hält der Experte zumindest die Antriebstechnik für ziemlich unverwüstlich und für leicht zu reparieren. Selbst die Ersatzteilversorgung sei nicht schlecht. Spezialisten beispielsweise in Holland sei Dank. Aber auch wenn der Typ H als Oldtimer eine Rarität ist, hat er sich aus dem Alltag noch nicht völlig verabschiedet. Gelegentlich sieht man modernisierte Umbauten der rollenden Wellblechgarage als Foodtruck auf Festivals und Märkten. Ein italienisches Karosserie-Unternehmen bietet seit etwa zwei Jahren einen GFK-Anbausatz an, mit dem man den Typ-H-Nachfolger Jumper zumindest optisch zur Wellblechgarage ummodeln kann. Allerdings hat diese Zeitreise auch ihren Preis: Denn schon ohne das Grundfahrzeug kostet das Bodykit für über 10.000 Euro deutlich mehr als das Original. Quelle: dpa |
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