Unsere Dauertester fahren wir nicht allein, wir lassen sie von Euch testen. MOTOR-TALKer Robert tauschte seinen Fiesta ST zehn Tage lang gegen unseren Skoda Karoq.
MOTOR-TALKer Robert liebt kleine und schnelle Autos. Bald wird er Vater – Zeit, sich in einem anderen Segment umzusehen. Zehn Tage lang tauschte er seinen getunten Ford Fiesta ST gegen unseren Dauertester, einen Skoda Karoq 1.5 TSI mit 150 PS. Was er bei seinem ersten Kontakt mit einem SUV erlebt hat, lest Ihr hier. Berlin – Es gibt auf dem Automarkt eine Mode, die ich nicht verstehe: Warum kaufen so viele Menschen Crossover-Modelle? Wo man hinblickt, sieht man Autos, die so gar nicht aussehen wie die krakelig, mit Buntstiften auf Endlospapier gemalten Autos meiner Kindheit: keilförmige Sportwagen und kantige Limousinen mit rechtwinklig abfallendem Kofferraum (Raketen waren natürlich optional). Auf mich wirken Crossover auf den ersten Blick ununterscheidbar. Auf den zweiten Blick auch? Als werdender Vater und Freund übermotorisierter Kleinwagen fragte ich mich, ob mir nur durch meine eigene Ignoranz verschlossen blieb, was für viele der Schlüssel zum automobilen Glück zu sein scheint. Umso gespannter war ich auf das Fahrzeug, das mich in den nächsten eineinhalb Wochen durch meinen Alltag begleiten sollte. Eine gewaltige Last lag auf dem grauen Skoda Karoq. Ich legte also all meine Vorurteile ab und griff nach der Fahrertür, die sich automatisch entriegelte: Hexerei! Ich war beeindruckt, aber man sagte mir, dass heutzutage fast alle Hersteller derartige Features anböten. Ich fühlte mich alt und unwissend. Skoda Karoq: Erster Kontakt mit einem SUVQuelle: mobile.de Nun gut. Ich nahm auf den sehr bequemen Stoffsitzen des Tschechen hoch über dem Asphalt Platz. Die Übersichtlichkeit ist sehr gut, was weniger an der erhöhten Sitzposition als vielmehr an den großen Glasflächen liegt. Ohnehin überzeugt der Innenraum sofort. Er versprüht keine besonders aufregende Atmosphäre durch mutige Designelemente. Aber er wartet mit schönen Materialien, solider Verarbeitung und einer übersichtlichen Bedienung auf. Als Fan sportlichen Fahrens freute ich mich über das Sechsgang-Schaltgetriebe, startete den 1,5-Liter-Vierzylinder und fuhr erwartungsvoll von dannen. Doch schon nach wenigen hundert Metern realisierte ich, dass es mit der Sportlichkeit nicht allzu weit her sein würde: Das Getriebe schaltet sich hakelig und die Schaltwege sind lang im Vergleich zu meinem Fiesta. Der Druckpunkt der Kupplung ist so vage wie die Aussagen eines chinesischen Glückskeks. Mit dem 150-PS-Verbrenner scheint der Karoq akzeptabel motorisiert, aber er dreht nicht gerne und klingt in den oberen Drehzahlregionen unangenehm. Und so richtig spontan reagiert er auch nicht. Nicht schlimm: Dann schieben wir eben die ruhige Kugel. Die komfortable Abstimmung des Fahrwerks und die Ruhe im Innenraum verleiten eh eher zum gemütlichen Dahingleiten – eine Eigenschaft, die durch eine Wandlerautomatik ideal unterstrichen worden wäre. Aber die gibt es nicht im Angebot. Dank unmerklich arbeitender Zylinderabschaltung fuhr sich der Karoq dann doch recht ordentlich und sparsam (etwa 7 l/100 km) und mauserte sich als echter Langstreckengleiter auf der Autobahn. Viel Unterstützung, die man eigentlich nicht brauchen sollteQuelle: mobile.de Hier konnte ich mich mit den technischen Annehmlichkeiten vertraut machen, die meinen Aufenthalt im 1,6-Tonner so viel leichter machen sollten: Sitz- und Lenkradheizung - tolle Sache, jetzt, wo die kalten Tage kommen. Einparkhilfe und Rückfahrkamera. Das musste sofort ausprobiert werden. Blinker rechts und auf den nächsten Parkplatz. An dieser Stelle sei erwähnt, dass der Lenkstockschalter des Karoq (und anderer Skodas) ein ergonomisches Meisterwerk ist und sich perfekt an die Fingerkontur des Piloten anschmiegt. Mir machte das Blinkersetzen mehr Spaß als das Schalten. Nach kurzem Schweißbad ob der schwarzen Magie der vollautomatischen Einpark-Technologie wurde dieses Feature für sehr sinnvoll und ausgereift befunden. In Stausituationen hingegen schienen sich die akustische Einparkhilfe zuweilen unterfordert zu fühlen und warnte öfter ungefragt, ich solle doch unbedingt den Fahrweg kontrollieren - Ja, ich weiß: Ich stehe im Stau und vor mir stehen Hunderte von Hindernissen in Form von anderen Autos! Überhaupt sind die auf den zwei Displays und oft akustisch untermalten Vorschläge, meinen Fahrstil doch bitte zu ändern, störend. Ich ertappte mich häufig dabei, den Blick von der Fahrbahn zu nehmen, um herauszufinden, was dem Computer denn diesmal nicht passte. Aha, ich soll also bei 1.600 Umdrehungen in den nächsten Gang schalten, um effizienter zu fahren. Eine solch hoffnungslose Überschätzung des Drehmoments stört nicht nur den Verkehrsfluss, die Anzeige lenkt auch ab – was prompt zur nächsten Anzeige führt: „Abstand zum Vordermann zu gering“. Der Sinn eines Spurassistenten erschließt sich mir ebenfalls nicht, da ich mir keine Situation ausmalen kann, in der ich die Hände am Lenkrad habe und die Unterstützung des Autos bräuchte, um die Spur zu halten. Ist das etwa ein Freibrief noch schnell mit einer Hand den Facebook-Status zu ändern oder die Instagram-Story zu aktualisieren? Geräumiger Innenraum und praktische LösungenQuelle: mobile.de Nach anfänglicher Faszination über all diese modernen Fahrhilfen fragte ich mich, ob das ein konsequenter Schritt zum Verlernen des Autofahrens ist. Nicht einmal den Schulterblick muss man mehr machen, ein kleines Lämpchen informiert über Totwinkel-Anschleicher. Naja, das ist vielleicht eine gute Sache. Ich beschloss dennoch nach einigen Tagen, den ganzen Kram soweit es ging zu deaktivieren und mich größtenteils auf meine eigenen Fähigkeiten zu verlassen. Die große Geduld und zahllosen Nahtoderfahrungen meines Fahrlehrers sollen ja nicht ganz umsonst gewesen sein. Und ohne Helfer wird ein Auto deutlich günstiger – gut für mich. Als Lastentier macht der Karoq eine sehr gute Figur: Im geräumigen Innenraum lässt sich mit wenigen Handgriffen die Rücksitzbank umklappen und gestattet, selbst sperrige Schwedenmöbel ohne Mühe zu transportieren. Beim Einkaufen hilft die per Fußsensor auslösbare Heckklappe, den Bandscheibenvorfall durch das Abstellen der Bierkiste zu vermeiden. Volle Punktzahl für den Skoda in diesem Segment. Dass ein Kinderwagen samt aller dazugehörigen Utensilien zur Kleinkindversorgung bequem Platz findet, versteht sich von selbst. Auto gut, Segment diskussionswürdigQuelle: mobile.de Nach zehn Tagen intensivem Alltagseinsatz galt es, dem Skoda Karoq Lebewohl zu sagen. Als erster Botschafter seiner Art lastete ein gewisser Leistungsdruck auf ihm. Ich kann guten Gewissens sagen, dass ich nicht enttäuscht wurde: Der Tscheche macht alles, wie er soll. Er ist ein praktischer, bequemer und ruhiger Zeitgenosse, der durch gute Verarbeitung und einige technische Details einen positiven Eindruck hinterlässt. Er kann jedoch wenig besser als klassische Kombis. In vielen Belangen ist er sogar unterlegen: Der hohe Schwerpunkt, die überschaubare Leistung und sein unauffälliges Äußeres würden mich auf Dauer stören. Gerade weil er so auffällig unauffällig daherkommt und keine polarisierenden und dadurch charismatischen Eigenheiten hat, wird er nur eine Randnotiz in der Automobilgeschichte sein. Und das ist sicherlich auch nicht schlimm, haben doch die wenigsten Leute den Anspruch ein Auto mit Persönlichkeit zu besitzen. Die Zeiten ändern sich. Aber ich bleibe bei Fahrzeugen, nach denen ich mich nach dem Aussteigen gerne noch einmal umdrehe und die ein wenig meiner eigenen Persönlichkeit nach außen tragen. Wenn man schon so viel Zeit in einem Auto verbringen muss… Skoda Karoq 1.5 TSI: Technische Daten
|