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Software-Updates von BMW, Mercedes, Opel, VW - Es dauert bei den Diesel-Updates

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Software-Updates waren 2017 die Antwort der Autoindustrie auf drohende Fahrverbote. Weiterhin liegen die Updates nicht vor. Die Umsetzung bis Ende 2018 scheint unmöglich.

Freiwillige Software-Updates waren das Angebot der Autobauer an die Politik beim "Diesel-Gipfel". Die Umsetzung verläuft bisher schleppend - ein Abschluss der Aktion zum Jahresende ist damit zunehmend unwahrscheinlich Freiwillige Software-Updates waren das Angebot der Autobauer an die Politik beim "Diesel-Gipfel". Die Umsetzung verläuft bisher schleppend - ein Abschluss der Aktion zum Jahresende ist damit zunehmend unwahrscheinlich Quelle: dpa / Picture Alliance

München – Man stelle sich das mal beim Handy vor. Millionen Telefonkunden warten auf ein neues Sicherheits-Update, weil sie sonst ihre Smartphones nicht mehr in bestimmten Netzwerken benutzen dürfen. Das Update kommt aber nicht. Die Freigabe fehlt.

Gibt’s nicht? Beim Thema Diesel-Updates offenbar schon. Rund 5,3 Millionen Diesel-Pkw der Emissionsklassen Euro 5 und Euro 6 wollten die deutschen Autokonzerne BMW, Daimler, Opel und Volkswagen mit einer Software umrüsten und damit die Stickoxid-Emissionen dieser Autos um im Schnitt 25 bis 30 Prozent senken. Damit würde ein „Großteil der Flotten bei den deutschen Herstellern“ abgedeckt, meldete der Verband der Automobilindustrie (VDA) im August 2017.

Viel getan hat sich seitdem nicht. Umgerüstet wurden bisher hauptsächlich Fahrzeuge, bei denen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) dies bereits angeordnet hatte: Bisher erhielten laut Verkehrsministerium rund 2,7 Millionen Diesel eine neue Software. Darunter sind 2,5 Millionen Fahrzeuge des VW-Konzerns, aus denen eine illegale Abgas-Software entfernt werden musste.

Was also ist los bei der großen „freiwilligen Nachrüstung“? Die Politik nimmt die Industrie in die Pflicht. Bis zum 1. September müssten die Hersteller „die Software-Entwicklung für die Updates abgeschlossen haben", sagt der neue Verkehrsminister Andreas Scheuer. Dann könne das KBA die Updates freigeben. Danach müssten die Hersteller die Updates bis Jahresende umsetzen.

Fehlende Freigaben, geringe Beteiligung?

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat gefordert, dass sämtliche Updates bis Anfang September genehmigungsfertig vorliegen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat gefordert, dass sämtliche Updates bis Anfang September genehmigungsfertig vorliegen Quelle: dpa / Picture Alliance Die Hersteller verweisen auf fehlende Freigaben des KBA. „Aktuell haben wir nur die Freigabe für 4.700 Fahrzeuge mit Dreiliter-V6-TDI des Modells A6 der Schadstoffnorm Euro 5“, zitiert die „Automobilwoche“ einen Audi-Sprecher. Bisher habe man jedoch nur jeden dritten Wagen umrüsten können. Weder dürfe Audi die Kunden direkt anschreiben noch sei gesichert, dass die Umrüstung zu einer Ausnahme von möglichen Fahrverboten führe. Daher fehle bei vielen Autofahrern die Bereitschaft zum Werkstattbesuch.

Daimler, BMW und VW befinden sich dem Branchenmagazin zufolge „noch in der Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt“. Es sei noch kein einziges Update genehmigt worden, das freiwillig und nicht angeordnet sei. Daimler teilte in einem Statement mit: Es müsse „sichergestellt werden, dass die Fahrzeuge nach einem Update auch im Betrieb unseren hohen Ansprüchen genügen“. Das setze eine ausführliche Erprobung neuer Software-Versionen im Fahrzeug voraus.

So hat Daimler bislang nur die angeordneten Rückrufe für V-Klasse sowie die Kompaktbaureihen (A-Klasse, B-Klasse, CLA, GLA in den Varianten 160d, 160 CDI, 180d und 180 CDI) umgesetzt. Als nächstes soll der GLC an die Reihe kommen. Es handele sich um eine hohe Zahl von Datenständen. Und: Nicht nur die Entwicklung, auch die Abstimmung mit dem KBA „hinsichtlich der Wirksamkeit und Zulässigkeit der Software-Updates“ benötige Zeit, so Daimler. BMW sieht sich im Zeitplan und will bis zum Jahresende 300.000 Fahrzeuge umrüsten, bei VW spricht man von einer Million - lässt aber offen, ob das bis Ende 2018 zu schaffen ist.

Das Problem ist eines der Komplexität und der Genauigkeit. Pro Hersteller geht es um Freigaben für mehrere Hundert Fahrzeugvarianten. Dabei müssen die Ingenieure einen Mehrverbrauch ausschließen – und zwar ohne Toleranz, da die jeweiligen Modellvarianten mit ihrem Verbrauchswert zertifiziert wurden. Schon ein Mehrverbrauch von weniger als 0,04 Liter Diesel auf 100 Kilometer führt dazu, dass Updates der Motorsoftware erneut in Revision müssen. Diese Menge entspricht einem Gramm CO2 mehr pro Kilometer.

WLTP-Umstellung bindet Ressourcen

Ein weiteres Hindernis sind derzeit akut begrenzte Prüfstandskapazitäten. Parallel zur Entwicklung der Software-Updates für die zum Teil vor Jahren verkauften Autos arbeiten alle Hersteller mit Hochdruck an der Zertifizierung ihrer aktuellen Modellpalette nach dem WLTP-Zyklus. Auch das KBA ist immer dann in die Marktfreigabe dieser Modelle eingebunden, wenn die Zertifizierung in Deutschland beantragt wird.

Bis zum 1. September müssen die Hersteller ihre komplette Flotte neu zertifiziert haben – nach Euro 6c oder direkt nach Euro 6d-Temp. Allein dies bringt das Zertifizierungswesen an seine Grenzen.. Die Folge: Wenig nachgefragte Motor-Getriebe-Kombinationen entfallen vorübergehend. Wie die "Automobilwoche" berichtet, bereitet VW seine Händler bereits darauf vor, nicht rechtzeitig fertig zu werden. Für betroffene Bestandsfahrzeuge werden man eine Ausnahmegenehmigung mit Fristverlängerung für die Erstzulassung beantragen.

Was tut das Update?

Was soll das Software-Update nun bewirken? Im Wesentlichen erhöhen die Hersteller bei Euro-5-Dieselmodellen die Frequenz der Abgasrückführung. Sie leitet Abgase zurück in den Brennraum und kühlt damit die Verbrennung. Stickoxide entstehen bei hohen Verbrennungstemperaturen, niedrigere Temperaturen bedeuten sauberere Abgase.

Die höhere Taktung des AGR-Systems über viele Betriebszustände bringt vor allem dann einen deutlichen Gewinn, wenn das System bislang eher konservativ ausgelegt war. Eine weitere Verbesserung erreichen die Hersteller über eine Verkleinerung der sogenannten „Thermofenster“, in denen die Abgasrückführung bei zu niedrigen oder zu hohen Temperaturen abgeschaltet wird.

AGR-Systeme besitzen eine begrenzte Belastbarkeit. Ruß und Asche können sich am Ventil absetzen (Verkokung), Kondenswasser und Ablagerung zu Verharzung (Versottung) führen. Daher hatten viele Hersteller die Systeme ursprünglich so eingestellt, dass sie auf dem Prüfstand eine Einhaltung der Schadstoffnormen nach Euro 5 (180 mg NOx je Kilometer) sicherstellen - auf der Straße aber nicht.

Versäumnis auf Industrieseite also, oder schleppende Genehmigungsverfahren? Ein Zielkonflikt besteht wohl weniger zwischen Behörden und Herstellern als zwischen öffentlicher Ungeduld in Politik und Medien und der hoch regulierten Gründlichkeit des Zertifizierungswesens. Mit dem Ergebnis, dass der Zieltermin wohl nicht zu halten ist. Schon klar: Diese Gründlichkeit konnte in der Vergangenheit nicht gewährleisten, dass betrügerische Motorsteuerung den Weg auf unsere Straßen fand. Wer aber jetzt die Standards zugunsten schnellerer Ergebnisse aufweichen will, fordert nichts anderes als Schluderei.

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Quelle: Automobilwoche; bmt; cb

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