Im Summer of Love eroberten Renault 4 Plein Air und Citroën Méhari nicht nur Hippie-Herzen. Der Méhari kam auch bei Feuerwehr, Armee und Polizei zum Einsatz.
Quelle: Citroën Communication/Georges Guyot Köln - Mai 1968. In Paris brannten Barrikaden und umgestürzte Autos. Kein adäquater Premierenort für ein vollkommen neues Freizeitfahrzeug wie den Citroën Méhari. Der fuhr in poppigen und psychedelisch inspirierten Farben vor und passte damit eher zur friedlichen Komponente der 68er-Bewegung. Alternativ fiel die Wahl auf einen teuren Golfplatz im mondänen Seebad Deauville. So richtig passte das minimalistische Strandauto mit Planen, Vorhängeketten statt Türen und Stoffverdeck dort auch nicht hin. Die anwesenden Pressevertreter waren jedenfalls sprachlos ob der kühnen Karosserie aus Kunststoff, die Citroën über die technische Basis von Dyane und 2 CV gestülpt hatte. Quelle: Renault Die Frontscheibe des 3,53 Meter kurzen Freizeitautos konnte wie bei klassischen Jagdwagen auf die Motorhaube abgeklappt werden. So hatten die Premierengäste freie Sicht auf die Passagiere des Zweizylinder-Modells: Nicht Golfer, sondern Hippies, hippe Models in roter Plastikmode und Feuerwehrleute saßen in dem Citroën „Dyane 6 Méhari“. Es war der skurrile Auftakt zu einer 20-jährigen Erfolgsgeschichte dieses 145.000 Mal verkauften Kunststofflitzers. Dagegen genügten dem zeitgleich vorgestellten fröhlichen Frischluftfahrzeug Renault 4 Plein Air gerade einmal 563 Käufer, um Kult zu werden. Zu großer Auflage und einem ernsthaften Méhari-Rivalen avancierte erst der 1970 lancierte Renault 4 Rodeo. Der schnatternde Zweizylinder-Boxer im Citroën 2 CV und der frugale Vierzylinder im Renault 4 bewegten vor 50 Jahren die rebellische Jugend. Denn die bevorzugte die günstigen PS-Verweigerer, die dadurch zu Lifestyle-Ikonen wurden. Diese Rolle fiel der Ente und dem R4 in Deutschland sogar noch stärker zu als in Frankreich, wo das Duo zu den Volksautos wie hierzulande der Käfer zählte. Schwierigkeiten mit der BetriebserlaubnisAllerdings brachte es der Méhari, der in Modularität und minimalistischer Technik die Philosophie des 2 CV verfolgte, nicht zu einer allgemeinen Betriebserlaubnis in Deutschland. Grund dafür war seine nicht feuerfeste Karosserie aus ABS-Kunststoff (Acrylnitril-Butadien-Styrol), die hierzulande nur mühevoll per Einzelzulassung akkreditiert werden konnte. Quelle: Renault Auch die offene Renault-4-Mutation Plein Air, vom französischen Karosseriespezialisten Sinpar in Handarbeit und dadurch limitierter Stückzahl realisiert, kam nur in wenigen Exemplaren nach Deutschland. Zum Glück für alle neureichen Selbstdarsteller in Lamborghini und Ferrari. Denn als die ersten Plein Air auf der Insel Sylt auftauchten, stellten sie dort alle anderen Strand- und Sonnenautos in den Schatten. Auf der Weltausstellung 1967 Montreal präsentierte Renault den 3,56 Meter langen Plein Air zwischen gigantischen Straßenkreuzern als verführerischen Hingucker. So ganz ohne festes Dach, Fenster und Türen. Ein scheinbar perfektes Strandspielzeug für Badegänge, Bistrobesuche oder den Surfurlaub. Weshalb Renault sein gerade einmal 26 PS starkes, vierrädriges Sonnensegel – das Verdeck bestand aus simplem, flatterfreudigen Tuch – ab 1969 auch nach Nordamerika exportierte. Im Gegensatz zu den dort populären Buggies vertraute der Plein Air wie alle Renault 4 auf den Vorderradantrieb, um die feinsandigen Strände und schwierigen Waldwege zu bewältigen. Das gilt auch für den nachfolgenden Renault 4 Rodeo, der speziell als Jagdwagen große Popularität genoss. Ein Dromedar bei der Rallye Paris-DakarDer Citroën Méhari, der seinen Namen einer nordafrikanischen Bezeichnung für Dromedare verdankt, gab es auch mit Allradantrieb. Zumindest, seit er sich ab 1979 auf den Einsatz bei der Rallye Paris-Dakar vorbereitete und neue Aufgaben bei Armee und Polizei bekam. Quelle: Citroën Communication Lamanda Georges Guyot EricVivier Vorher genügte dem 525 Kilogramm leichten Plastikgefährt der aus dem 2CV adaptierte Vorderradantrieb. Damit absolvierte der 28 PS "starke" und maximal 97 km/h erreichende Méhari bereits die Rallye Paris-Kabul-Paris, ganz nach dem Motto „In der Ruhe liegt die Kraft“. Später diente der Méhari bei den französischen Fallschirmjägern. Verpackt als handliches Paket, schwebte das Kunststoffauto in robuster Wellblechoptik aus großen Höhen zu Boden. Seine Belastbarkeit wussten auch französische Bauern zu schätzen, denn wie schon der 2CV war der Méhari explizit für den Transport landwirtschaftlicher Produkte vorgesehen. Mit vier Antriebsrädern, Differenzialsperre an den Hinterrädern und sieben Vorwärtsgängen durften es auch einmal Steigungen von über 60 Prozent sein, die das „Dromedar“ bei der Fahrt zum Bergbauernhof absolvierte. R4, Méhari und der Flirt mit Französisch-HollywoodBelastbar und flott sollte auch der Plein Air sein. Deshalb nutzte Renault die Gunst der Stunde und setzte seinen Imageträger als Prominentenshuttle zur Eröffnung neuer Safariparks ein, die damals in Mode kamen. Filmstars wie Eddie Constantine im R4 vor Dromedaren – ein Stich gegen Citroën. Die Marke im Zeichen des Doppelwinkels konterte mit dem Méhari als Hauptdarsteller gleich in mehreren Kino-Erfolgen. Ob mit Louis de Funés und seinen Abenteuern als Gendarm von Saint Tropez oder mit Charlton Heston in „Omega Man“: Der kleine, bunte Plastikbomber wusste sich in Szene zu setzen. Dies sogar bei der Reinigung des Fahrgast- und Laderaums, der mit Wasserabläufen versehen war. So genügte nach Offroadtouren oder Tier- und Strohballentransporten der Einsatz eines Wasserschlauchs. Während Renault den Plein Air nach wenigen Jahren durch den Rodeo ersetzte und dieser sich vom Rodeo 4 über den Rodeo 6 zum Rodeo 5 entwickelte - ja tatsächlich kam erst der Rodeo 6, dann der Rodeo 5 - begnügte sich Citroën bei seiner Kunststoff-Ikone mit kleinen Pflegemaßnahmen. So gab es mit Einführung des Zweizylinders aus dem Citroën Visa eine Leistungsspritze auf 34 PS. Hinzu kamen im Sommer 1983 zwei Sonderserien, der weiß-blau glänzende Méhari Azur für die französischen, italienischen und portugiesischen Surf-Fans sowie der Méhari Plage als spanisches Strandauto. Anfang der 1980er Jahre fand der Méhari auch in Argentinien eine zweite Heimat. Dort starteten Fertigung und Vertrieb des IES Safari, einer Méhari-Adaption, die auf Karosserieteile aus kostengünstigem Fiberglas statt ABS-Kunststoff vertraute. Nach Deutschland kam der Citroën Méhari offiziell erst in Form seines Nachfolgers, der Ende 2016 als E-Mehari mit Elektromotor und Lithium-Polymer-Akkus startete. Immerhin bewahrte der E-Mehari den Esprit des Originals, denn Scheu vor Salzwasser und Sand hat auch er nicht. Motorisierungen:
Produktionszahlen:
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Quelle: SP-X |