Wo Jaques die Austern schlürft und Olivier am Rotwein nippt, ist der Citroën E-Mehari zuhause. Jetzt sogar mit Airbags, festem Dach und Großserien-Zulassung. Erste Fahrt.
Pyla sur Mer – Was Citroën getan hat, würde kein französischer Bäcker seinem Croissant antun. War das elektrisch angetriebene Spaßmobil E-Mehari bisher einfach leicht, luftig, lustig und ein bisschen unvernünftig, wird es zum neuen Modelljahr seriös. Kann das funktionieren? Wir sind den Neuen in der Nähe von Bordeaux gefahren. Ursprünglich wurde der E-Mehari vom Zigarettenpapier-Entrepreneur Bolloré („OCB“) entwickelt. Citroën baut das Modell seit zwei Jahren und hat den freundlichen Plastik-Klops nun näher ans übrige Portfolio gerückt. Entfernt ihn das von seinem Urahn, dem klassischen Freizeitmobil Méhari von 1968? Geschmacksache. Die Auffrischung war auf jeden Fall sinnvoll: Für das Jahr 2017 weisen aggregierte Zulassungszahlen europaweit weniger als 600 Verkäufe des E-Mehari aus. Fit für die GroßserieQuelle: Citroën Da geht mehr, und dafür schuf Citroën eine wichtige Voraussetzung. „Wir haben nun eine Standard-Homologation“, sagt Projektleiter Olivier und nippt an seinem Rotwein. Wenn sie wollen, dürfen die Franzosen nun mehr als 1.000 Exemplare pro Jahr bauen. Mehr erlaubte die bisherige Kleinserienzulassung nicht. Vor allem, weil obligatorische Sicherheitsfeatures fehlten, etwa Airbags, Gurtwarner und ein Reifendruck-Kontrollsystem. Das alles gibt es nun, ebenso wie ABS, ESP, einen Fußgänger-Warnton, Lichtsensor, eine Zentralverriegelung und ein Türschloss. Ist der E-Mehari damit so sicher, wie man es von einem großen europäischen Autohersteller erwarten darf? Drei Sterne im Euro-NCAP-Crashtest sind in jedem Fall ein ordentliches Ergebnis. Zumindest angesichts des Fehlens von Assistenzprogrammen, die für mehr Sterne erforderlich wären. Amtliches Citroën-CockpitWer die Plastiktür der unempfindlichen Kunststoffkarosse öffnet und den wasserfesten, abwaschbaren Innenraum mit Wasserablauf erklimmt, staunt: Der kleine Franzose hat ein richtiges Pkw-Cockpit bekommen, das der groben Zwecklandschaft des bisherigen E-Mehari kaum noch ähnelt. Man erkennt Lüftungsdüsen und Bedienelemente aus C3 oder Cactus und greift in ein amtliches Citroën-Lenkrad – in Höhe und Tiefe verstellbar. Das kann nicht einmal der neue Nissan Leaf. Die Vordersitze sind nun in der Höhe verstellbar. Was sich nicht geändert hat: Die Schaltkulisse besteht weiterhin aus drei Knöpfen für vorwärts, rückwärts und Leerlauf. Die Außenspiegel verstellt man manuell, aber immerhin aus dem Fahrzeuginneren. Quelle: Citroën Die extremste Veränderung jedoch ist die Abwesenheit von Frischluft. Dafür verantwortlich ist das neue, siebenteilige Hardtop. Es macht das Wägelchen zum wetterfesten Mini-SUV, zum Landaulet, zum Pick-up oder zu allem dazwischen. Abnehmbar sind neben dem zweiteiligen Dach etwa die Seitenscheiben, die Heckscheibe oder die C-Säule. Das Demontieren der soliden Dachkonstruktion erfolgt etwas unpraktisch mittels eines Ikea-ähnlichen Inbusschlüssels. Mit einem Akkuschrauber geht es deutlich schneller. In den Kofferraum passt das Dach nur bei umgelegter Rückbank, man sollte sich also vor der Abfahrt entscheiden: offen oder geschlossen? Sind alle Dachteile demontiert, ist der Mehari-Innenraum dem Himmel ausgeliefert wie bislang schon. Im Zubehör will Citroën für solche Fälle ein Zeltdach anbieten. Cruisen statt rasenFährt der E-Mehari geschlossen, lassen die kleinen Rechteck-Schiebefenster nur wenig Frischluft in den Innenraum. Das wird an schönen Frühlingstagen schnell warm. Zum Glück steht eine Klimaanlage für 1.700 Euro in der Aufpreisliste. Einzige weitere Option ist eine Metalliclackierung für 790 Euro. Auf den dicken Kunstlederpolstern sitzt es sich bequem, allerdings schwitzt der Rücken etwas. Auf hohen Beinen ein wenig schaukelnd, lässt sich der elektrische Mehari mit der leichtgängigen Servolenkung locker-flockig durch die Stadt manövrieren. Citroën empfiehlt den E-Mehari ausdrücklich für den „Einsatz auf Nebenstraßen“. Dem Geräuschkomfort hilft der geschlossene Aufbau deutlich. Erst oberhalb der 80 km/h wird es im Innenraum lauter. Dann ist der Citroën ohnehin nicht mehr in seinem Element: die Akku-Ladeanzeige verliert zügig Balken, das kleine, hohe Auto fährt etwas zickig geradeaus. Quelle: MOTOR-TALK Nicht schlimm, gebaut wurde er schließlich als cooles Carsharing-Vehikel für den Ausflug zum Strandcafé. Wer will da schon rasen. Bei 110 km/h ist ohnehin Schluss. Untenrum geht dagegen nun mehr: Das Drehmoment des E-Motors stieg von 140 auf 166 Newtonmeter. Die Leistung des Elektromotors (50 kW/68 PS) und die Kapazität des Lithium-Polymer-Akkus (30 kWh) bleiben gleich. Ist der E-Mehari nun also ein richtiges Auto? Wer das fragt, fragt auch in der Croissanterie nach „richtigem“ Brot. Natürlich ist er das nicht, soll er auch nicht sein. Immerhin ist er nun ein sicheres, seriöses Spaßmobil. Ein Widerspruch? Ist der E-Mehari damit noch lustig genug? Von der Strandpromenade kommen uns johlende Twens entgegen, in einen „Nosmoke“ - dem elektrischen Remake des Mini Moke. Ebenfalls ein französisches Produkt, bestehend aus nicht viel mehr als einem Gitterrahmen, einem Elektromotor und vier Rädern. Dagegen wirkt der E-Mehari plötzlich fast spießig. Citroën E-Mehari 2018: Technische Daten
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