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Ford beendet "One Ford"-Strategie, neue Plattformen - Fünf Plattformen und ein strenger Rotstift

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Neue Plattformstrategie, Fokus auf margenstarke Modelle und das Ende des „One Ford“ Mantras: Der neue CEO baut Ford um. Das werden auch die Europäer spüren.

Moderne Ford-Ikonen unter sich: Ex-CEO Alan Mulally küsst einen Downsizing-Turbobenziner. Mulallys "One Ford"-Strategie soll durch eine stärkere Modularisierung ersetzt werden Moderne Ford-Ikonen unter sich: Ex-CEO Alan Mulally küsst einen Downsizing-Turbobenziner. Mulallys "One Ford"-Strategie soll durch eine stärkere Modularisierung ersetzt werden Quelle: Ford

Dearborn – Bei Ford trat der neue Geschäftsführer Jim Hackett an, den Konzern umzukrempeln. Dem Umbau zum Opfer fallen nicht nur etliche Fahrzeugmodelle, sondern auch das Mantra einer Ford-Ikone der Neuzeit. Als Alan Mulally 2006 von Boeing zu Ford wechselte, um den Konzern zu retten, war einer seiner zentralen Leitsätze: „One Ford“.

Mulally ordnete an, weltweit die Produkte zu vereinheitlichen, anstatt für jeden Kontinent separate Modelle zu entwickeln. Das reduzierte die Anzahl der bei Ford verwendeten Plattformen von 30 auf 9 und erlaubte einen deutlich kostengünstigeren Einkauf. In der Folge bietet Ford heute in Europa den amerikanischen Fusion als Mondeo an und den in Europa entwickelten Fiesta in den USA. Erstmals kamen Modelle wie Mustang und Edge nach Europa. Nur wenige Modelle wie der US-Pick-up F-Series sind auf lokale Märkte beschränkt.

Diese Strategie steht zur Disposition, denn sie hat für Ford nicht nur Vorteile. „'One Ford' war nicht falsch. Wir bauen darauf auf und entwickeln uns weiter“, sagte Hau Thai-Tang, Entwicklungsvorstand und Chef-Einkäufer bei Ford, in New York auf einer Pressekonferenz. Global habe die Strategie die erwünschten Skaleneffekte erzielt. In den Regionen seien die Ergebnisse aber weniger überzeugend.

Modulare Plattform-Strategie

Ford-CEO Jim Hackett (m.) beim Besuch der Kölner Ford-Werke mit Deutschland-Chef Gunnar Herrmann (l.) und Betriebsrat Martin Hennig (r.): Zieht Dearborn im Herbst die Daumenschrauben an? Ford-CEO Jim Hackett (m.) beim Besuch der Kölner Ford-Werke mit Deutschland-Chef Gunnar Herrmann (l.) und Betriebsrat Martin Hennig (r.): Zieht Dearborn im Herbst die Daumenschrauben an? Quelle: Ford Die Herausforderung lautet also: Die Produktlinien besser auf die Märkte zuschneiden und gleichzeitig sparen. Ford will in den nächsten 5 Jahren die Kosten um 25 Milliarden US-Dollar senken. Eine der geplanten Maßnahmen wird von anderen Herstellern bereits praktiziert: Die Anzahl der Plattformen senken, und zwar auf fünf. Die verbleibenden Fahrzeugplattformen sollen außerdem deutlich modularer werden.

Mit der Modularisierung von Fahrzeugarchitekturen ist Ford eher spät dran. Volkswagen verwendet moderne modulare Plattformen seit 2012, PSA seit 2013, Toyota seit 2015. Die fünf Plattformen, auf die Ford künftig setzen will, skizziert Fords Entwicklungschef Hau Thai-Tang so:

  1. Hinterrad- oder Allradantrieb auf Leiterrahmen
  2. Frontantrieb selbsttragend mit Allrad-Option
  3. Selbsttragender Rahmen für leichte Nutzfahrzeuge
  4. Hinterradantrieb oder Allrad selbsttragend
  5. Selbsttragendes Chassis für Elektrofahrzeuge

Diese Vereinfachung soll Ford rund sieben Milliarden US-Dollar an Entwicklungskosten sparen und außerdem die Entwicklungszeit für neue Modelle um ein Fünftel reduzieren. Dabei will sich Ford, vorrangig in Nordamerika, auf SUVs und Pick-ups konzentrieren. Aus den klassischen Segmenten sollen dort nur der Focus und der Mustang überleben.

Europa: Mehr SUV, weniger Van

Was die Abkehr von den klassischen Segmenten für Europa bedeutet, ist offen. Es zeichnet sich ab, dass die Amerikaner hierzulande künftig genauer hinschauen wollen. Er sei „extrem unzufrieden“ mit der Leistung von Ford in Europa, ließ sich Konzernchef Jim Hackett zitieren. Ford erziele dort zwar hohe Verkaufszahlen, aber beinahe nur mit margenschwachen Modellen. Mit anderen Worten: Der Modellmix stimmt aus Sicht der Betriebswirte vorn und hinten nicht.

Auf der Streichliste: Kompaktvan Ford C-Max Auf der Streichliste: Kompaktvan Ford C-Max Quelle: Ford Erfolgreich sind Fiesta, Focus und Kuga. Die SUV-Modelle Ecosport und Edge beurteilen die Sparkommissare ähnlich negativ wie die Vans C-Max, S-Max und Galaxy. Kurzfristig will Ford dies mit margenstarken Nutzfahrzeugen ausgleichen. Hier sind die Volumina aber generell deutlich kleiner.

Ford of Europe erwirtschaftete im ersten Halbjahr 2018 einen Verlust von 72 Millionen US-Dollar. Finanzchef James Farley, zuvor selbst Ford-of-Europe-Chef, begründet das mit dem Absturz des britischen Pfund und dem Nachlassen des britischen Marktes. Auf der möglichen Streichliste steht nach einer Bemerkung von Farley gegenüber Investoren der in Saarlouis gebaute C-Max. Aus dem Van-Duo S-Max und Galaxy dürfte ebenfalls nur ein Modell überleben.

Zudem produzierten die deutschen Werke zu teuer, zitiert das „Manager Magazin“ den deutschen Ford-Gesamtbetriebsratschef Martin Hennig. Trotz steigender Marktanteile und besserer erzielter Preise blieben die Gewinne im Keller. Henning kritisiert außerdem: Ford habe sich in Deutschland nicht zu Investitionen über die neuen Fiesta und Focus hinaus verpflichtet.

Mildhybrid und Elektro-Strategie

Kurzfristig muss Ford in Europa den CO2-Flottenwert deutlich senken. Derzeit liegt man bei knapp unter 130 g/km, das individuelle Konzernziel sind bis Ende 2020 94 g/km - auch wegen der vielen leichten Modelle, die Ford in Europa verkauft. Bisher setzte Ford auf Downsizing: Der 1,0-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner, intern „Fox“ genannt, steckt nahezu in jedem Modell unter der Haube. Neu ist ein 1,5-Liter-Dreizylinder, Codename „Dragon“. Er kommt bisher im Fiesta ST und in der vierten Generation des Focus zum Einsatz. Beide Motoren erhalten ab 2019 Varianten mit 48-Volt-Riemen-Starter-Generator (RSG). Präsentieren will man die Mildhybrid-Technik im Herbst.

Parallel arbeitet Ford an der Elektrifizierung. Schon in zwei Jahren will man weltweit 24 Hybridfahrzeuge und mehr als ein halbes Dutzend reine Stromer anbieten. In China, dem größten Elektroautomarkt der Welt, hat Ford dafür ein Joint Venture mit dem einheimischen Hersteller Anhui Zotye gegründet.

Elektro-SUV "Mach 1"

Der erste rein elektrische Ford der neuen Generation wird ein SUV im C-Segment sein, also im Format des erfolgreichen Kuga. Der unter dem Kürzel CX430 entwickelte Stromer steht auf der neuen Plattform C2 und soll deutlich mehr als 400 Kilometer Reichweite bieten. Angeblich plant Ford, im Grill den Mustang galoppieren zu lassen. Es halten sich zudem Gerüchte, dass das Modell „Mach 1“ heißen könnte. Die Markteinführung ist auf 2020 terminiert.

Der erste europäische Plug-in-Hybrid wird ein Nutzfahrzeug. Vorgesehen ist die Elektrifizierung des Transit Custom. Der Kastenwagen fährt bereits in London und Valencia im Test. Kurze Zeit später folgt der erneuerte Kuga, das nach dem Focus nächste Modell auf der C2-Architektur.

Für den in Europa wenig erfolgreichen Ecosport steht voraussichtlich schon 2019 ein Ersatz bereit. Ford plant ein Mini-SUV, das deutlich sportlicher und schnittiger gezeichnet sein soll. Ebenfalls für 2019 steht beim wichtigen Focus die sportliche ST-Variante auf dem Plan. Einen neuen RS wird es frühestens 2020 geben.

 

Quelle: SP-X, Manager-Magazin, Automotive News, MOTOR-TALK

 

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