Der Nissan X-Trail bietet weniger Schick als der kleinere Qashqai. Das SUV gleicht dies mit einer Menge Platz zum fairen Preis aus. Alltagstest mit dem X-Trail 1.6 dCi.
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de Berlin – Keine Kinderfüße, die gegen Vordersitzlehne trommeln. Das kann sonst ganz schön nerven, aber nicht im Nissan X-Trail. Er kann etwas serienmäßig, was viele andere Modelle nicht können, nämlich Kinderfüße von Fahrerlehnen fernhalten. Der Nissan X-Trail ist weder auffällig noch besonders prestigeträchtig. Dafür aber solide gebaut, komfortabel, groß und durchaus unterschätzt. Ein SUV ohne viel Schnörkel. Bis April 2018 verkaufte sich der X-Trail in Deutschland 3.580 Mal, der kleinere Qashqai gut dreimal so häufig (9.766). Nach zwei Wochen Alltagstest schätzen wir die Stärken des Nissan. Und lernten ein paar Schwächen kennen. Abmessungen | Platzangebot | KarosserieQuelle: Fabian Hoberg für mobile.de Zu den großen Stärken des X-Trail zählt das Platzangebot. In dem 4,69 Meter langen SUV haben nicht nur die vorne sitzenden Passagiere viel Platz zu allen Seiten, das gleiche gilt für die Passagiere auf der serienmäßig verschiebbaren Rückbank. In hinterster Position verlängert sich der Fußraum fast auf Stretchlimousinen-Niveau. Nur sehr lange Kinderbeine kämen da noch an die Lehnen von Fahrer- und Beifahrersitz. Dennoch bleibt der Kofferraum auch bei hinten angeschlagener Bank 550 Liter groß. Rastet die Sitzreihe ganz vorne ein, schrumpft zwar die Beinfreiheit auf Kleinstwagen-Niveau. Um große Gegenstände einzuladen, müssen Besitzer aber nicht die Sitze umklappen oder ausbauen. Praktisch: Der Boden des Kofferraums lässt sich in der Höhe verstellen – oder die modularen Teile bleiben direkt zu Hause in der Garage. So entsteht entweder eine Abtrennung, eine ebene Ladefläche oder mehr Stauvolumen. Das Flexi-Board genannte modulare Verstausystem im Kofferraum ist keine Hightech-Lösung, aber eine sehr praktische. Alle Sitze bieten die gefragte hohe Sitzposition und einen unkomplizierten Einstieg durch weit öffnende Türen. Clever: Das Armaturenbrett wird zum Einstieg hin schmaler. Für ein nicht besonders sportlich ausgelegtes SUV bieten die breitwangigen Sitze einen guten Seitenhalt. Zwischen den Vordersitzen befindet sich eine breite Mittelarmlehne. Die stützt komfortabel den rechten Arm des Fahrers ab. Mit seiner Gesamthöhe von 1,70 Meter bietet der X-Trail ausreichend Kopffreiheit. Eine dritte Sitzreihe kostet mindestens 800 Euro Aufpreis für die Ausstattung Visia. In der von uns gefahrenen Variante Acenta kostet sie mit Glasschiebedach 1.450 Euro. Innenraum | Verarbeitung | MaterialienRobust wirkt der Innenraum des X-Trail, und im Vergleich zu manchen Wettbewerbern inzwischen etwas altbacken. Zwischen den beiden klassischen Rundinstrumenten für Drehzahl und Geschwindigkeit steckt ein kleines Infodisplay für Fahrdaten. In der Mittelkonsole sitzt ein Entertainmentsystem mit Tasten und Drehreglern, unter ihnen die Bedienung für die Klimaanlage, darunter USB-Anschluss und Aux-in. Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de Die meiste Zeit bleiben die Hände am Lenkrad, das Radio wird über die dort platzierten Tasten bedient. Das klappt schon nach wenigen Fahrstunden prima: kein kompliziertes Manövrieren per Dreh-Drück-Regler oder Touchpad. Einfach klassische Tasten mit haptischer Rückmeldung. Nein, das ist nicht innovativ. Aber es funktioniert, und das deutlich intuitiver als viele „innovative“ Lösungen. Das dicke Lederlenkrad liegt auch sonst gut in der Hand und wirkt wertig. Die Doppelnähte am Armaturenbrett ziehen einen geraden Strich. Weniger stimmig ist dafür die Carbon-Applikation an der Türinnenseite in einem eher pragmatischen Modell. Der aufgeschäumte Kunststoff des unteren Armaturenträgers hätte hier gereicht. Harter Kunststoff findet sich vor allem im unteren Bereich des Trägers. Infotainment | Radio | KonnektivitätZur Basisausstattung Visia gehört ein schlichtes CD-Radio im Doppel-Din-Schacht mit DAB+ und vier Lautsprechern. Im Acenta kommen zwei zusätzliche Lautsprecher hinzu. Für 1.380 Euro verkauft Nissan zusätzlich das Connect-Navisystem mit 360-Grad-Rundumsicht, 7-Zoll-Monitor und Smartphone-Integration. Die Bedienung des Systems ist problemlos, Reaktionszeit und Rechentempo des Navis könnte aber besser sein. Ein aktuelles Smartphone ist hier schneller. Assistenzsysteme | SicherheitBei der Assistenztechnik merkt man das Bemühen des Herstellers um zeitgemäße Features im seit 2014 produzierten X-Trail. Zur Basis zählen immerhin Notbrems-Assistent mit Fußgängererkennung, Tempomat, Spurhalte-Assistent und Verkehrszeichenerkennung. In der Ausstattung Acenta kommen ein Fernlichtassistent und ein Regensensor hinzu. Voll-LED-Scheinwerfer kosten im Komfortpaket 950 Euro. Angenehm: Die elektronische Parkbremse arbeitet schnell, zuverlässig und idiotensicher. Das gelingt leider nicht jedem Hersteller. Nach dem Start des Fahrzeugs muss sie nicht extra deaktiviert werden, sondern löst sich beim Anfahren von selbst. Mit der 360-Grad-Umsicht lässt sich der X-Trail selbst in engen Parklücken kratzfrei einparken. Wer braucht da noch eine automatische Einparkhilfe? Antrieb | Motor | GetriebeQuelle: Fabian Hoberg für mobile.de Nissan bietet für den X-Trail nur drei Motoren an, darunter den Basisbenziner 1.6 DIG-T mit 163 PS (ab 25.590 Euro) und den Basisdiesel 1.6 dCi mit 130 PS (ab 28.040 Euro) und Frontantrieb. Als Allrad kostet der Diesel mindestens 33.300 Euro, mit CVT-Automatikgetriebe und Frontantrieb 33.200 Euro. Darüber rangiert der 2.0 dCi mit 177 PS (35.150 Euro), mit Allrad kostet der Motor mindestens 35.150 Euro. Für den Alltag reicht der kleine Diesel allemal, solange der X-Trail nicht als Zugfahrzeug dient. Aus dem Stand spurtet der Nissan in 10,5 Sekunden auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 188 km/h. Die 320 Newtonmeter maximales Drehmoment liegen schon bei 1.750 Umdrehungen an, also direkt, nachdem das kleine Turboloch unterhalb 1.500 Umdrehungen überwunden ist. Danach zieht der Diesel schnell hoch. Selbst bei höheren Drehzahlen bleibt dann der Motor ruhig mit freundlichem Brummen. Lediglich im kalten Zustand nerven die Vibrationen des Diesels. Eine bessere Abschirmung oder weichere Motorlager würden dem X-Trail gut tun. In der Stadt und auf der Autobahn schwimmt der X-Trail locker in einem komfortablen Drehzahlbereich mit. Ab etwa 150 km/h wird es etwas mühsamer und anstrengender. Zurückhaltend zeigt sich der Nissan beim Verbrauch: Zwar verpassten wir den NEFZ-Schnitt von 4,9 Liter auf 100 Kilometer, aber mehr als 6,2 Liter auf 100 Kilometer genehmigte sich der Motor nicht. Für ein gut 1,6 Tonnen schweres SUV und viel Stadtverkehr geht das in Ordnung. Stand jetzt (Mai 2018) fährt der Nissan X-Trail mit der Abgasnorm Euro 6b. Bis spätestens September muss Nissan auf den neuen Zyklus WLTP umstellen. Für seine aktuellen Diesel-SUV garantiert der japanische Hersteller (vorerst bis 30. Juni), dass Kunden das Auto zurückgeben können, wenn in der Nähe ein Fahrverbot erlassen wird, das für das entsprechende Modell die Einfahrt verbietet. Fahrverhalten | Fahrwerk | LenkungQuelle: Fabian Hoberg für mobile.de Das Fahrverhalten des 2017 gelifteten Nissan X-Trail erinnert mehr an Geländewagen als an SUV: In schnell gefahrenen und engen Kurven kippt die Karosserie merklich zur Seite. Vordere Passagiere werden in die Seitenwangen der Sitze gedrückt. Schnelle Lastwechsel beantwortet der Nissan mit starkem Schaukeln. Nach den ersten zwei, drei Versuchen fährt man automatisch langsamer und flüssiger, sprich: entspannter. Dann nervt nur noch die leicht quietschende Lenkung, die auch nicht besonders präzise arbeitet. Auf der Autobahn bietet das SUV zum Ausgleich einen sehr stabilen Geradeauslauf und einen komfortable Fahrwerksabstimmung. Serienmäßig bügelt die Fahrkomfortregelung die übelsten Schläge aus. Gut: Mit dem kleinen Diesel und manuellem Getriebe darf der Nissan immerhin einen zwei Tonnen schweren Anhänger ziehen. Ausstattung | Preis | FazitVier Ausstattungsvarianten bietet Nissan an, Visia, Acenta, N-Connecta und Tekna. Unser Testwagen kam im Acenta-Trimm. Die Variante bietet zusätzlich zur Basis unter anderem Chassis-Control, ein Fahrassistenz-Paket, eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik und 17-Zoll-Leichtmetallfelgen. Auf das Panoramadach für 950 Euro hätten wir verzichten können, das Komfortpaket mit LED-Scheinwerfern und beheizbaren Sitze sowie Lenkrad für 950 Euro fanden wir gut. Insgesamt kostet der Testwagen laut Liste 34.970 Euro – für ein so großes und praktisches Auto durchaus akzeptabel. Wie akzeptabel, das fiel uns nur einen Tag nach der Abgabe auf. Beim Umstieg auf die private Limousine fragte die Fünfjährige: „Papa, warum ist dein Sitz so weit hinten, warum ist dein Auto so klein?“ Kein Respekt vor einer schönen 140er Mercedes S-Klasse, der Nachwuchs. Technische Daten Nissan X-Trail 1.6 dCi 4x2 Acenta
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