Es läuft für den X-Trail, er ist das weltweit erfolgreichste SUV. Entsprechend wenig riskierte Nissan bei der Modellpflege. Erste Fahrt mit dem gelifteten Bestseller.
Wien – Es ist kein Naturgesetz, geht nicht einmal als Bauernregel durch. Maximal als alte Binsenweisheit unter Car-Guys: Je erfolgreicher ein Modell, desto verhaltener fallen die Änderungen beim Facelift aus. Erfolgreich ist der Nissan X-Trail allemal: Mit 766.000 verkauften Exemplaren war er 2016 Nissans wichtigstes Modell, weltweit verkaufte sich kein SUV besser. Der X-Trail startete einst vor 17 Jahren als kantiger Geselle und wurde in seinen ersten 13 Jahren mit jedem Modellwechsel und jeder Auffrischung etwas runder. Und veränderte sich 2014 grundlegend. Nun kommt die überarbeitete Variante des mittlerweile drei Jahre alten X-Trail "T32". Und bestätigt die aufgestellte Hypothese: Bestenfalls Markenfans und Insider werden Facelift und Original zweifelsfrei auseinanderhalten können. Der X-Trail trägt das neue MarkengesichtQuelle: Nissan Anhaltspunkt Nummer eins ist der Kühlergrill. Am überarbeiteten X-Trail wuchs das für Nissan typische V in alle Richtungen. In seiner Mitte sitzt nun ein etwas größeres Markenemblem. Die Radhäuser sind geringfügig höher, in der überarbeiteten vorderen Stoßstange sitzen anstelle runder nun eckige Nebelscheinwerfer. Nissan wollte mit dem Facelift die optionalen LED-Scheinwerfer (ab 950 Euro im Komfort-Paket) optisch stärker von der simplen Halogenvariante unterscheiden. Auch funktional: Sie leuchten nun die Innenseite der Kurve aus. Wegen der neuen Schürzen ändern sich die Abmessungen geringfügig: In der Länge legt der X-Trail um 50 Millimeter auf 4,69 Meter zu. Bei der Breite von 1,83 Metern und der Höhe von 1,74 Metern bleibt es. Den Radstand von 2,705 Metern rührte man ohnehin nicht an. In den USA ist der X-Trail ein Rogue. Und beliebter.Warum auch viel ändern, wenn es gut läuft? Es sind vor allem die Amerikaner, die diesem Mittelklasse-SUV zum Spitzenplatz verhelfen. Und die kaufen genau genommen gar keinen X-Trail. In den Staaten steht das Modell als Rogue beim Händler. In Deutschland und dem Rest Europas ist der Qashqai beliebter. Hierzulande verkaufte Nissan im ersten Halbjahr 2017 beinahe dreimal so viele Exemplare des Kompakt-SUV. Und das, obwohl es den Unaussprechlichen mittlerweile ausschließlich mit fünf Sitzplätzen gibt. Bis 2013 war eine siebensitzige Variante im Programm, seither ist die dritte Sitzreihe das Alleinstellungsmerkmal des X-Trail. Rund 40 Prozent der Käufer entscheiden sich hierfür. Im Innenraum bietet der Nissan viel Platz. Bis zu 1.996 Liter passen in einen X-Trail mit umgeklappter Rückbank. Ansonsten ist im Kofferraum des Fünfsitzers für 565 Liter Platz, 15 mehr als bisher. Beim Siebensitzer lässt sich die dritte Sitzreihe im Boden versenken, dann haben immer noch 445 Liter Platz. Stuhl Nummer sechs und sieben sind Erwachsenen nur über kurze Distanzen zumutbar. In der Praxis werden diese Plätze dem Nachwuchs gehören. Klettern mit der FamilieQuelle: Nissan Nissan sieht vordergründig abenteuerlustige Familien im X-Trail sitzen. Das SUV soll ausreichend offroadtauglich für Wochenendausflüge abseits gepflasterter Straßen sein. Wir steuerten einen 2,0-Liter-Diesel mit 177 PS und Allradantrieb auf einer holprigen Schotterstraße in den österreichischen Bergen. Wie beim Plattformbruder Renault Koleos kennt der Allradantrieb drei Stufen: Den 4WD-Modus, bei dem die Hinterachse leicht mithilft und ihr Engagement erhöht, falls die Vorderräder überfordert sind. Den Lock-Modus, bei dem die Kraft stets im Verhältnis 50:50 zwischen den Achsen verteilt wird. Und die reguläre Einstellung, in der ein X-Trail die meiste Zeit als reiner Fronttriebler unterwegs ist. 4WD und Lock brachten uns ohne Zwischenfälle durch tiefe Rillen und ausgehobene Gruben. Was dem X-Trail zum echten Kletterer fehlt, ist eine Bergabfahrhilfe. Und eine etwas kürzere Getriebeübersetzung. So muss der Fahrer bei Steigungen recht bald in den ersten Gang wechseln, um den Diesel im optimalen Bereich zu halten. Bei 2.000 Umdrehungen liefert das Aggregat die vollen 380 Newtonmeter. Motoren: Zwei Diesel, ein Benziner. EndeMehr Leistung und höheres Drehmoment stehen beim X-Trail nicht zur Verfügung. Der 2,0-Liter-Selbstzünder (ab 34.950 Euro als Frontantrieb) markiert die Spitze, daneben steht noch ein weiteres Diesel-Aggregat mit 130 PS aus einem 1,6-Liter-Motor (ab 27.890 Euro) zur Verfügung. Beide Motoren können mit Front- oder Allradantrieb kombiniert werden. Die Kraft leitet wahlweise ein manuelles Sechsgang-Getriebe oder ein stufenloses CVT-Automatikgetriebe weiter. Daneben ist nur ein einziger Ottomotor im Programm: Der aufgeladene 1,6-Liter leistet 163 PS. Wir fuhren den Einstiegsmotor (ab 25.440 Euro) durch die Stadt, über die Autobahn und hinaus aufs Land. Da wie dort kam das Aggregat mit den bis zu 1,78 Tonnen des X-Trail einigermaßen gut zurecht. Doch: Für einen Turbo ist dieses Aggregat erstaunlich hungrig nach Drehzahl. Aus dem Keller geht hier wenig. FazitQuelle: Nissan Im leicht überarbeiteten Innenraum gibt es nun ein handlicheres Lenkrad, ein schickeres Multimediasystem. Und Piepsen. Jede Menge lautes Piepsen. Auf vieles macht der X-Trail mit durchdringenden Tönen aufmerksam. Selten ist auf Anhieb klar, was den Nissan bedrückt. Warnton-Konzerte kennt man von Fahrzeugen mit umfangreichen Assistenzpaketen. Doch beim X-Trail steht die große Offensive noch aus. Ab Mitte 2018 will Nissan teilautonomes Fahren in Staus oder Kolonnen ermöglichen. Anstelle des Fahrers übernimmt ein adaptiver Tempomat in Verbindung mit dem Spurhalteassistenten. Ähnliche Systeme haben andere Hersteller schon länger im Programm. Was Nissans Pro-Pilot-System stautauglich macht? Er funktioniert ab dem ersten km/h. Die meisten Spurhalteassistenten werden erst bei Geschwindigkeiten von mehr als 60 km/h aktiv. Richtig außergewöhnlich macht das System den X-Trail noch nicht. Aber welcher Hersteller will schon was riskieren, beim Facelift eines erfolgreichen Modells? Technische Daten Nissan X-Trail
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