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Albert Biermann: Performance-Entwicklungschef bei Hyundai/Kia - Hyundais Mann für den Sport

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Jahrzehntelang brachte Albert Biermann den Sport in BMW-Modelle. Seit drei Jahren arbeitet er bei Hyundai. Was treibt den 61-Jährigen an? Ein Treffen an der Nordschleife.

Seit drei Jahren bei Hyundai: Die sportliche N-Version des Hyundai i30 bezeichnet Biermann als sein bisher spannendstes Projekt Seit drei Jahren bei Hyundai: Die sportliche N-Version des Hyundai i30 bezeichnet Biermann als sein bisher spannendstes Projekt Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de

Nürburgring – Der Vierzylinder des Hyundai-i30-N-TCR-Rennwagens dreht kurz hoch. Aus dem Auspuff knallt es. Albert Biermann kann sich ein Grinsen nicht verkneifen „Genau mein Sound“, sagt der 61-Jährige. Der gebürtige Westfale könnte es ruhig angehen lassen, so viele Autos hat er schon entwickelt. Mehr als 30 Jahre lang arbeitete der studierte Maschinenbauer bei BMW. Zuletzt war er dort der Entwicklungschef der M GmbH.

Mit Ende 50 bereitete er jedoch nicht seinen Ruhestand vor, sondern wechselte noch einmal das Unternehmen. Eine neue Unternehmenskultur, ein neuer Kontinent, eine neue Herausforderung. Seit April 2015 entwickelt Biermann bei Hyundai in Korea, derzeit als „President of Vehicle Performance Development and High Performance Vehicle“. Der Mann für die Fahrdynamik und sportliche Fahrzeuge berichtet direkt an den Entwicklungsvorstand von Hyundai.

Fabian Hoberg sprach am Nürburgring mit Biermann über seine Karriere und seinen Wechsel von BMW zum koreanischen Konzern Fabian Hoberg sprach am Nürburgring mit Biermann über seine Karriere und seinen Wechsel von BMW zum koreanischen Konzern Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de Biermann liebt es schnell und sportlich. Ein Racer, das war er schon, bevor er Ingenieur wurde. „Einmal Motorsport, immer Motorsport, das bekommt man nicht mehr raus“, sagt er. Kaum 18 Jahre alt, kaufte er sich einen VW Käfer 1300er mit 40 PS, frisierte ihn, baute Lampenbatterien an die Front. Mit dem Käfer pflügte er bei Rallyes über Schotter und durch den Wald. Nach einem Jahr sattelte er auf einen Simca Rallye 3 um, startete zuerst bei Slalom- und Bergrennen, später auch auf der Rundstrecke.

Ingenieur rund um die Uhr

Auf dem Hof der elterlichen Spedition gab es genug Platz für Biermann, seine Autos zu verfeinern. „Bis auf den Motor habe ich meine Rennwagen selbst aufgebaut. Zuerst entkernt, dann Käfig eingeschweißt und alles getunt, was es zu tunen gab“, erzählt er. Dabei blitzen die Augen immer noch vor Begeisterung.

Während seines Maschinenbau-Studiums an der RWTH Aachen Ende der Siebzigerjahre blieb nur wenig Zeit zum Schrauben, dafür ein wenig mehr zum Fahren. Seine Rennwagen verkaufte er als Student, konnte aber gelegentlich noch Autos seiner Freunde über die Piste jagen.

Maschinenbau und Motorsport, da war der Berufsweg im Grunde klar. Mit Erreichen seines Diploms begann Biermann 1983 bei BMW. Bis 2015 bekleidete er acht verschiedene Jobs bei den Bayern, in der Fahrwerksentwicklung, im Motorsport und in der Abstimmung. Als Ingenieur entwickelte er den legendären BMW M3 E30 Gruppe A – einen der erfolgreichsten Rennwagen und immer noch sein Traumauto. Am Wochenende schraubte er „nur zum Spaß“ an 323- und 325-Rennwagen, testete und verfeinerte sie. Ein Ingenieur rund um die Uhr.

Albert Biermann mit einem Vorserien-Exemplar des Kia Stinger, Anfang 2017 Albert Biermann mit einem Vorserien-Exemplar des Kia Stinger, Anfang 2017 Quelle: Hyundai Nach Zwischenstationen bei der Entwicklung von Serienfahrzeugen und in den USA wechselte Biermann 1997 zur M GmbH. Dahin, wo bei BMW das dynamische Herz schlägt. Als Abteilungsleiter kümmerte er sich um Fahrwerk, Kühler und Elektrik. Doch es zog ihn ganz fest, und zwar zurück zum Rennsport.

Wieder baute Biermann M3 auf, diesmal den GTR mit Achtzylinder, mit dem BMW anschließend in der American-Le-Mans-Serie und dann in der WTTC startete. Schließlich arbeitete er als Projektleiter des BMW X5 der zweiten Generation (E70), verantwortete kurz danach dessen M-Version - und wechselte anschließend wieder zur M GmbH. „Rückblickend war jeder meiner Jobs bei BMW spannend und aufregend“, sagt Biermann.

Wechsel nach Korea

Die lange Karriere bei BMW endete plötzlich, als dieser Anruf kam. Am anderen Ende der Leitung fragte ihn jemand, ob er sich vorstellen könne, zu Hyundai zu wechseln. „Ich musste mich erst über das Land informieren. Klar wusste ich, wo es war, aber so richtig beschäftigt hatte ich mich damit noch nicht“, sagt er. Biermann besorgte sich Informationen über Korea, die Firma Hyundai und deren Produkte. Und sagte zu.

„Ich war neugierig, so ein Neustart in einem mir damals fremden Land bietet sich nicht häufig, das ist immer noch wie eine Entdeckungsreise“, sagt er. Koreaner arbeiten intensiv, ehrgeizig und wettbewerbsorientiert. Es gebe flache Abstimmungsprozesse, mit denen sich Projekte schneller umsetzen ließen, findet Biermann. Seinen Dreijahresvertrag hat er mittlerweile verlängert. „Die Arbeit macht großen Spaß, ich kann mich gut entfalten und habe ein tolles Team“, sagt er.

Hyundai hatte Biermann mit einer bestimmten Idee geholt: Die Koreaner wollten fahrdynamisch besser werden und emotionalere Autos ihrer Marken Hyundai und Kia bauen. Der erste Aha-Moment: Im letzten Drittel der Entwicklung trainierte Biermann der Sport-Limousine Kia Stinger vieles von dem an, was er in langen BMW-Jahren gelernt hatte. Als sein bisher spannendstes Projekt sieht Biermann dennoch die Entwicklung des Hyundai i30 N, mit dem die Koreaner sich in direkte Konkurrenz zu GTI, ST, RS oder OPC begaben.

„Weil das kein Café Racer ist, sondern ein High-Performance-Auto, das auf der Nordschleife abgestimmt wurde und hier auch mehrere Runden problemlos fahren kann“, sagt er. Dabei habe er als erfahrener Motorsportler nur die charakterliche Prägung vorgegeben. Entwickelt hat das Auto sein Team in Korea und in Rüsselsheim.

Wenn Europa, dann Nürburgring

Die Fastback-Variante des i30 N bei Abstimmungsfahrten auf dem Nürburgring Die Fastback-Variante des i30 N bei Abstimmungsfahrten auf dem Nürburgring Quelle: Hyundai Das Wichtigste bei der Entwicklung eines Autos sei, dass die Ingenieure eine klare Vorstellung vom Ergebnis haben. „Die müssen die Autos intensiv fahren, sich austauschen und das Auto auf einen charakterlichen Nenner bringen“, sagt er. Es sei wie bei einem Orchester. Die Rohkarosse sei wie eine Konzerthalle, die Ingenieure wie Musiker. „Ich bin nur der Dirigent, der die passenden Musiker zusammenbringt und darauf achtet, dass es am Ende gut klingt“, sagt Biermann.

In Seoul wird Biermann meist in einem Genesis EQ900 gefahren, damit er im Dauerstau arbeiten kann. Am Wochenende greift der Ingenieur gern zu einem Entwicklungsauto, um mit seiner Frau die Gegend zu erkunden. Wenn er in Deutschland unterwegs ist, dann natürlich in sportlichen Hyundais und Kias.

Im Schnitt schrubbt er alle zwei Monate für mindestens zwei Tage Kilometer auf der Nordschleife. „Wenn ich in Europa bin, dann auch auf dem Ring. Keine andere Rennstrecke bietet ein so breites Spektrum, dazu kommen die verschiedenen Eifelstraßen rundherum. Hier stimmen wir alle Autos ab, am Ende kommt dann das Häkchen drunter: fertig“, sagt Biermann.

Verbrenner wird es immer geben

Zur Zukunft von Hyundai hält sich Biermann bedeckt und gibt keine Neuigkeiten preis. Als echter Medien-Profi zählt er stattdessen die Vorzüge des Konzerns auf: Hyundai habe alle Antriebe in der Serie, vom Verbrenner über Plug-in-Hybrid und Elektrofahrzeuge bis zum Brennstoffzellenauto. „Welcher Antrieb sich in ein paar Jahren durchsetzen wird, weiß ich nicht genau, aber Hyundai ist gut aufgestellt. Eine steigende Nachfrage erwarten wir bei der Brennstoffzelle, Elektro und Hybrid“, sagt er.

Im Vergleich zur Schwestermarke Kia sei Hyundai die komfortablere Marke, die ein gediegeneres Fahrverhalten biete. Mit dem i30 N bricht Hyundai aus dieser Position etwas aus. Es gebe nichts Besseres als einen hochdrehenden Turbo-Benziner, idealerweise in Kombination mit einem manuellen Getriebe. „Ich mag es, wenn sich eine intensive Beziehung zwischen Auto und Fahrer einstellt, wenn das Auto dem Fahrer mittels Bremse, Lenkung, Motor und Getriebe ein Feedback gibt, etwas erzählt“, sagt er. Das sei im Grunde aber auch bei Elektrofahrzeugen möglich – wenn sie sportlich abgestimmt werden.

Für emotionale Spaßautos wie die der N-Serie ließe sich ein Hochleistungs-Hybrid oder Elektroauto entwickeln. „Das wird auf jeden Fall kommen“, sagt Biermann, und meint damit: schon bald, von Hyundai und Kia. Wann, verrät er nicht. Elektromotoren werden Verbrenner aber nie ganz verdrängen, glaubt er: „Pferde gibt es ja auch noch, die werden zwar weniger als Transportmittel wie vor 100 Jahren eingesetzt, dafür aber im Sport und als Hobby“, sagt er. Und lauscht wieder dem knalligen Vierzylinder des TCR, der gerade nach einer Hot Lap von der Nordschleife zurückkommt. Dieser Sound hat absolut eine Zukunft, und sei es nur als Hobby.

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