Mit Dreipunkt-Sicherheitsgurt und dem legendären "Schwedenstahl" setzte Volvo in puncto Fahrzeugsicherheit neue Maßstäbe. Rückblick auf 60 Jahre Volvo in Deutschland.
Köln - Volvo sah diesen Markteintritt als den ultimativen Härtetest. Im Sommer 1958, vor 60 Jahren also, wagte sich der Göteborger Autobauer in die „Höhle des Löwen“. Damit meinten die Schweden den deutschen Automobilmarkt. In den USA war man bereits aktiv, nun sollte eine Niederlassung in Frankfurt am Main auch deutsche Kunden von Volvo PV444 und Volvo Amazon überzeugen. Quelle: Volvo Zunächst fuhren fast nur in Europa stationierte US-Soldaten die hochpreisigen und, im Falle des buckligen PV444, kurios geformten Schweden. Die Deutschen beeindruckte Volvo erst später - mit dem Versprechen maximaler Sicherheit. Bei Überschlagtests mit Buckel-Volvo und Amazon blieben die Passagiere unverletzt. Einen Volvo P1800 hängte Volvo an seinen serienmäßigen Sicherheitsgurten auf. Das brachte Publicity. Ein Jahrzehnt später brachte Volvo mit den kantig gezeichneten 140er und 240er Kombis begehrte Familienautos auf den Markt. Die großen 700er Volvo gerieten den Deutschen aber etwas zu amerikanisch und sorgten für einen Umsatzeinbruch. Aus dem kam Volvo erst mit neuen Turbos und SUVs wieder heraus. Mit Vollgas auf den deutschen MarktMotorsport als Verkaufsargument: Wie in Nordamerika wollte Volvo am Sonntag Rundstreckensiege erzielen und am Montag damit Autos verkaufen. Eine Strategie, die hierzulande nicht aufging. Dabei hatte die Frankfurter Volvo GmbH sogar eine eigene Motorsportabteilung aufgebaut, die PV444 und PV544 mit Erfolg bei Flugplatzrennen antreten ließ. Trotzdem: Erst ab 1965 wurden die Zulassungszahlen vierstellig. In jenem Jahr hatten die Schweden eine neue Importzentrale im hessischen Dietzenbach eröffnet. Der Amazon kam nun aus dem neuen Werk im belgischen Gent. Für Volvo war dies ein wichtiger Schritt. Da Schweden noch kein Mitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) war, brachte die Produktion in Belgien deutliche Zollvorteile. Vor allem profitierte Volvo nun auch in Deutschland von seiner Vorreiterrolle bei der Fahrzeugsicherheit. Die Modelle PV544 und Amazon waren im Jahr 1959 weltweit die ersten Pkw mit serienmäßigen, patentierten Dreipunkt-Sicherheitsgurten. Zur ganz großen Sensation wurden dann der 1966 vorgestellte Volvo 140 und das 1968 präsentierte Sechszylinder-Flaggschiff Volvo 164. „Sicherheit aus Schwedenstahl“Klare und kantige Linien kennzeichneten die Limousinen und Kombis ebenso wie Sicherheitssysteme, die weltweite Standards setzten. So wurde der Volvo 140 die erste Baureihe aus Göteborg mit Millionenauflage. „Sicherheit aus Schwedenstahl“ lautete der Slogan in Deutschland, schnell wuchsen die jährlichen Verkaufszahlen auf über 10.000 Einheiten. Volvo profitierte dabei auch von einer Sicherheitsdebatte. Damals starben jährlich rund 20.000 Menschen auf deutschen Straßen. Quelle: Volvo Volvo provozierte in seinen Werbemaßnahmen etwa mit einer halbnackten Frau, deren Oberkörper vom Druckstreifen des Sicherheitsgurtes gezeichnet war. Dazu der Text: „Sie lebt. In ein paar Tagen wird nicht einmal mehr der Druckstreifen an den Unfall erinnern“. Oder ein Mensch, der einen Totenschädel auf der Hand trägt und sich fragt: „Sein oder Nichtsein. Das ist die Frage für 2 Millionen Autokäufer in diesem Jahr. Einige entscheiden sich für Volvo. Sie entscheiden sich für das Sein.“ Die Bundesregierung adelte den Volvo 140 schließlich, indem sie ihn zum Vorbild für die Sicherheitsfahrzeuge von morgen erklärte. Das befreite Volvo Deutschland endgültig aus der Nische. Die 1974 vorgestellten Weiterentwicklungen Volvo 240 bis 260 prägten das Image von Volvo als Hersteller fast unzerstörbarer Familienfahrzeuge noch nachhaltiger. Deutschland wurde zum drittgrößten Absatzmarkt hinter Schweden und den USA für die kantigen Limousinen und Kombis. Bis 1993 blieben die 240er mit Erfolg am Markt. Und waren damit eine Ausnahme: In den 1980er Jahren tat sich Volvo auf einmal unerwartet schwer, das Momentum des vorangegangenen Jahrzehnts zu nutzen. Sicherheit gegen FahrleistungKann es zu viel Sicherheit geben? Das fragten deutsche Medien, als 1976 der Volvo 340 viel zu füllig und behäbig ausfiel für einen Kompakten mit Heckklappe. Auch die schwergewichtigen 240er mussten Spott ertragen für ihre mäßigen Fahrleistungen. Deshalb konterte Volvo mit flotten Turbos, zuerst in den 240ern und dann in den 1985 eingeführten, kompakten Frontantriebstypen der 400er Serie. Der Angriff auf das Premium-Segment mit den großen 700er und 900er Modellen misslang aber gründlich. Auch der Start in den neuen Bundesländern fiel den Schweden 1990 schwer. Ausgerechnet die Fahrzeuglieferungen von Volvo an die frühere Staatsführung der DDR belasteten nun das Image der Marke. Umso wichtiger war das Thema Dynamik, das Volvo im 1991 lancierten 850 spielte, der mit neuem Frontantriebslayout und als Turbo schnelle BMW und Audi herausforderte. US-chinesische HilfeVolvo litt als kleiner, unabhängiger Hersteller kontinuierlich unter klammen Kassen. Deswegen strebte der schwedische Autobauer 1994 eine Kooperation mit Renault an, die aber platzte. Besser klappte es erst mit Ford (ab 1999) und seit 2010 mit dem neuen chinesischen Eigentümer Geely. So konnte Volvo sein Renommee als Marke für sichere Familien- und Freizeitfahrzeuge fortentwickeln. Quelle: Volvo Nicht nur klassische Kombis wie der gerade erneuerte V60, auch die Crossover und SUV zählen inzwischen zu den Kernkompetenzen der Schweden. Die frühere Betulichkeit der Skandinavier ist kaum noch spürbar. Mit einer aufregenden Formensprache und fortschrittlichen Antrieben gelingt es Volvo heute, bisherige Käufer der süddeutschen Premiumhersteller zu überzeugen. Volvo, damit verbanden deutsche Autofahrer über Jahrzehnte hinweg kantige Familienschiffe. Langlebig und trocken wie Knäckebrot. Davon ist nicht viel geblieben, außer alten Volvo-Kombis in TV-Serien und manchmal am Straßenrand. Heute sucht Volvo mit der "Vision 2020" zwar immer noch nach der größtmöglichen Sicherheit im Auto. Will aber auch mit neuen Abo-Modellen den Vertrieb revolutionieren und aus der Diesel-Technik aussteigen. Wichtige Volvo-Modelle auf dem deutschen Markt:
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