Der neue Testzyklus "WLTP" wird zum ersten September für alle Neuwagen Pflicht. Zu kurzfristig für die Industrie. Lieferengpässe drohen, denn es fehlen noch mehr als 500 Typengenehmigungen.
Berlin - Die deutsche Autoindustrie rechnet mit größeren Lieferschwierigkeiten im Zuge der Einführung des neuen WLTP-Testverfahrens, welches zum 1. September für alle Neuwagen verbindlich wird (MOTOR-TALK berichtete). Derzeit fehlten noch mehr als 500 Genehmigungen für Fahrzeugtypen, so der Verband der Automobilindustrie (VDA). Das liegt nach Ansicht der Industrie daran, dass die neuen Vorschriften im Detail mit sehr wenig Vorlauf bekannt wurden. "Erst zum 27. Juli 2017 wurden die Ausführungsbestimmungen und, damit verbunden, die vorzeitige Einführung eines Partikelfilters bei direkteinspritzenden Benzinern von der EU beschlossen. Dieser Einbau benötigt normalerweise einen Entwicklungs- und Produktionsvorlauf von drei Jahren", heißt es in der Mitteilung. Die EU hatte festgelegt, dass künftig für Verbrauchs- und Emissionsmessungen die "Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure" (WLTP) verbindlich wird. Damit müssen alle neu zugelassenen Pkw die Abgasnorm Euro 6c erfüllen. Zusätzlich wird ein Jahr später zum 1. September 2019 mit der Einführung von Euro 6d-Temp noch ein Realtest verbindlich, bei dem im Fahrbetrieb auf der Straße gemessen wird ("Real Driving Emissions", RDE). Zu kurzfristig für die IndustrieDer VDA hätte sich eine längere Frist gewünscht. „Wenn die EU den WLTP-Einführungszeitpunkt für alle Neuzulassungen auf den 1. September 2019 gelegt hätte, also ein Jahr später, würde sich die Lage wesentlich entspannter darstellen. Es wäre nicht zu diesen Engpässen gekommen. Produktionsausfälle kann niemand wollen, sie schaden besonders dem Automobilstandort Deutschland." Bereits Ende 2016 hatte der europäische Verband der Automobilindustrie (ACEA) auf das aus Sicht der Industrie zu knappe Zeitfenster für die Umsetzung der Normen hingewiesen. „Wir stehen vor einem sehr praktischen Problem", erklärte ACEA-Generalsekretär Erik Jonnaert. „Die Unsicherheit bei neuen Vorgaben lässt den Herstellern einfach zu wenig Zeit, um die notwendigen Änderungen bei der Gestaltung der Fahrzeuge, Motoren, Auspuffanlagen und Montagebänder vorzunehmen." Das "certified in Germany"-SiegelDie EU-Kommission wies den Wunsch nach Aufschub seinerzeit zurück. „Die öffentliche Gesundheit steht auf dem Spiel, und wir haben keine Zeit zu verlieren“, sagte eine Sprecherin. Quelle: Picture Alliance Eine neue Idee kommt aus dem Bundesverkehrsministerium. Minister Andreas Scheuer will die Arbeit des Kraftfahrt-Bundesamtes in der öffentlichen Wahrnehmung stärken und fordert von den Autokonzernen ein einheitliches Gütesiegel "certified in Germany" für Pkw-Typengenehmigungen und Abgastests. "Ich will, dass in Zukunft alle Autos in Deutschland sauberer unterwegs sind - deutsche wie ausländische Modelle", sagte Scheuer der "Bild am Sonnag". Deutschland wolle erreichen, "dass dieser unsägliche Typgenehmigungstourismus ein Ende hat". Bislang können Autobauer selbst entscheiden, in welchem Land sie ihre Abgaswerte zertifizieren lassen, um so die allgemeine Betriebserlaubnis für ihre Modelle zu erhalten. Quelle: m. Material v. dpa |