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WLTP: Konsequenzen bei Porsche, VW, Audi, BMW, Renault - Porsche verkauft nur noch Lagerbestand

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Die Hersteller arbeiten an der Umstellung auf die neue Abgasnorm. Einige Modelle und Motoren pausieren. Bei Porsche kann die ganze Palette nicht mehr konfiguriert werden.

Keine selbst konfigurierten Autos, nur noch Lagerware: Porsche schränkt den Verkauf in der Umstellungsphase auf die neue Abgasnorm extrem ein Keine selbst konfigurierten Autos, nur noch Lagerware: Porsche schränkt den Verkauf in der Umstellungsphase auf die neue Abgasnorm extrem ein Quelle: Porsche

Berlin – Ab dem 1. September 2018 gilt innerhalb der EU für alle Pkw-Neuwagen die Abgasnorm Euro 6c. Ein Jahr später tritt die Norm Euro 6d-Temp in Kraft. Für die Hersteller bedeutet das einen hohen Aufwand: Bestehende Fahrzeuge müssen die Grenzwerte in strengeren Prüfzyklen erfüllen.

Eine zeitintensive Aufgabe, denn alle Fahrzeuge müssen neu zertifiziert werden. Die neue Norm fordert konkrete Angaben für jede Motor-, Getriebe-, Rad-, Karosserie- und Ausstattungskombination. Je vielfältiger das Angebot, desto länger dauert die Umstellung. Viele Hersteller werden nicht rechtzeitig fertig und streichen deshalb Modellvarianten.

Ein paar Beispiele: VW verkauft den Golf GTI nur noch in der stärkeren „Performance“-Variante. Bei Audi gibt es vorübergehend keine Erdgas-Fahrzeuge. Renault verzichtet auf den Scenic Mild Hybrid. BMW bietet nur wenige Autos mit V8-Benzinmotoren an. Bei Porsche pausiert sogar die gesamte Angebotspalette.

Porsche: Bestandsfahrzeuge statt neuer Konfigurationen

Der Hersteller produziert vor und bietet die Autos zum Verkauf an. Eigene Konfigurationen sind derzeit nicht möglich Der Hersteller produziert vor und bietet die Autos zum Verkauf an. Eigene Konfigurationen sind derzeit nicht möglich Quelle: Porsche In Zuffenhausen lassen sich derzeit gar keine selbst konfigurierten Neuwagen bestellen. Ein Sprecher bestätigte auf Nachfrage von MOTOR-TALK: „Bis zum Ende der Produktion der Fahrzeuge ohne OPF [Anm. d. Red: Otto-Partikelfilter] werden derzeit die Fahrzeuge aus bestehenden Kundenaufträgen produziert und ausgeliefert.“ Wer jetzt einen neuen Porsche kaufen möchte, muss also auf Lagerbestand ausweichen.

Das gelte auch für den kürzlich eingeführten Cayenne. Obwohl der erst im vergangenen Jahr vorgestellt wurde, ist er abgastechnisch schon fast veraltet, denn „er ist noch nicht mit OPF ausgestattet“. In der aktuellen Form lässt er sich also nur noch bis zum 31. August 2018 neu zulassen.

Bei den Änderungen priorisiert der Hersteller. „Porsche konzentriert sich zunächst auf die Umstellung der am stärksten nachgefragten Modelle und Derivate, um die nur begrenzt vorhandenen Kapazitäten unter anderem bei Prüfständen möglichst effizient zu nutzen. So starten noch im September ausgewählte Modelle der Sportwagen-Baureihen 911 und 718 mit Ottopartikelfilter.“

Kurios: Die Volumenmodelle von Porsche heißen Macan und Cayenne. Der 911 folgt erst auf Rang drei. Aber: „Die Markteinführung weiterer Modelle und Derivate erfolgt schrittweise, wie bei Neuanläufen üblich.“

Der 911 steht kurz vor seinem Modellwechsel. Den aktuellen Elfer wird es trotzdem noch mit einem OPF geben. Das Nachfolgemodell (Baureihe 992, Start zum Jahresende) bekommt den Filter ohnehin serienmäßig. Bei der Umstellung der Sportwagen haben Automatikmodelle Vorrang. Sie machen etwa 90 Prozent der Verkäufe aus.

Neue Abgasnormen: Darum geht es

Abgasnormen bestimmen, welche Schadstoffmengen Autos ausstoßen dürfen. Bei den neuen Normen Euro 6c und Euro 6d-Temp geht es vor allem um saubere Abgase im realen Fahrbetrieb. Hier hatten die alten Normen einen blinden Fleck.

Diesel müssen künftig zwar die gleichen Werte erfüllen wie bisher (Euro 6b). Allerdings wird dann im realitätsnahen WLTP-Zyklus geprüft, nicht im zahmen und praxisfernen NEFZ-Prüflauf. Bei Euro 6d-Temp kommen zusätzlich Messfahrten auf der Straße („RDE“) hinzu. Hier gelten allerdings höhere Grenzwerte – Stichwort: Konformitätsfaktor.

Für Benziner gelten die gleichen Messverfahren. Sie bekommen allerdings eine strengere Grenze bei Rußpartikeln. In den neuen Normen dürfen sie nur noch ein Zehntel der aktuellen Menge ausstoßen.

Technisch kein Problem

Auf der Homepage lassen sich die Autos noch zusammenstellen - aber nicht mehr bestellen Auf der Homepage lassen sich die Autos noch zusammenstellen - aber nicht mehr bestellen Quelle: Screenshot porsche.de Die technische Umsetzung der neuen Grenzwerte sei prinzipiell kein Problem, sagen die Hersteller. Die meisten Diesel reinigen ihre Abgase nun mit der wässrigen Harnstofflösung „AdBlue“. Fahrzeuge mit Benzinmotoren bekommen in der Regel einen Otto-Partikelfilter (OPF). Wenigen Hersteller, darunter Mazda und Honda, genügen innermotorische Maßnahmen zur Erreichung der Normen.

Die Autobauer stehen der Umstellung unterschiedlich gegenüber. Peugeot-Chef Jean-Philippe Imparato sagte dem britischen Magazin „Autocar“, dass der WLTP-Zyklus das Geschäft nicht beeinflusse. Honda sieht sich ebenfalls gut gerüstet, muss aber vor dem September noch viele Kleinwagen des Typs Jazz verkaufen, die ab dem 1. September 2018 nicht mehr erstzulassungsfähig sind.

Mercedes-Chef Dieter Zetsche sieht im Zulassungsprozedere einen Flaschenhals. Man könne nur eine gewisse Anzahl Fahrzeuge prüfen lassen, sagte er „Autocar“. VW-Technikchef Frank Welsch veranschlagt gegenüber dem Magazin für die Prüfung aller Markenmodelle mehr als ein Jahr, es blieben aber nur noch wenige Monate Zeit. Manche Motoren würden deshalb für eine gewisse Zeit nicht verfügbar sein.

Suzuki stellt laut „Autocar“ im Vereinigten Königreich zunächst auf Einzelzulassung für Kleinserienhersteller um. Die Marke sei nicht flexibel genug, um rechtzeitig die neuen Normen zu erfüllen. Zum Jahresende wolle man wieder regulär verkaufen. Auf Nachfrage von MOTOR-TALK sagte eine Sprecherin, dass es in Deutschland keine Planungen in diese Richtung gebe.

Lagerware bei vielen Herstellern

Die Lösung für den drohenden Engpass sieht bei vielen Herstellern ähnlich aus wie bei Porsche: Sie produzieren Autos vor und verkaufen diesen Bestand. Die „Automobilwoche“ berichtet von „einer Fülle vorproduzierter Fahrzeuge, die auf Stellflächen im süddeutschen Raum zwischengelagert werden“. Die Zeitung bezieht sich auf Insider bei den Marken VW und Audi.

VW habe seine Händler bereits darüber informiert, dass man für Bestandsfahrzeuge eine Ausnahmegenehmigung für eine spätere Erstzulassung beim KBA beantragen werde, schreibt die Zeitung weiter. Bedeutet: Der Hersteller verkauft so lange wie möglich Fahrzeuge mit der alten Abgasnorm.

Quelle: Autocar, Automobilwoche

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