Wie schnell war der Porsche 911 RS GT2 auf dem Ring? Hat Porsche einen neuen Rekord aufgestellt? Wer keinen Zugang zur Telemetrie hat, dem bleiben Fotografie und Philosophie.
Quelle: EMS Nordschleife TV via YouTube Nürburg – Manchmal wird an den klassischen Fan-Hotspots des Nürburgrings gefeiert wie auf Malle. Und manchmal philosophiert wie im alten Griechenland. Aktuellstes Gedankenexperiment: Wenn ein Porsche GT2 RS nach weniger als sieben Minuten von seiner Runde zurückkehrt, aber niemand war da, um die genaue Zeit zu stoppen: gibt es dann einen neuen Rundenrekord für straßenzugelassene Fahrzeuge? Den Anstoß zur Frage liefert ein Youtube-Video des Kanals EMS Nordschleife TV. Das Video zeigt einen gelben GT2 auf einer durchaus ambitionierten Runde durch die grüne Hölle. Die eigentliche News steckt in der Beschreibung: “Ich schoss ein Foto, als der Porsche die Ziellinie überquerte. Jetzt, weniger als sieben Minuten später… ist der Porsche wieder hier.”
Grundsätzlich ist eine Zeit von weniger als sieben Minuten nicht abwegig. Die Bedingungen an jenem 20. September sollen sich ganz gut für einen Rekordversuch geeignet haben: Warm und trocken genug, um den serienmäßigen Semislicks die Arbeit zu erleichtern. Gleichzeitig kühl genug, um für einen ordentlichen Leistungs-Output des aufgeladenen 3,8-Liter-Boxer zu sorgen – ob der Porsche tatsächlich mit den angegebenen 700 PS über die Geraden fliegt, hängt nicht unwesentlich von der Temperatur der Ansaugluft ab. Jagd auf die Lambo-BestmarkeQuelle: EMS Nordschleife TV via YouTube Freilich weiß Porsche selbst vermutlich sehr genau, wie lange der neue Königs-Elfer tatsächlich für die Nordschleifen-Umrundung brauchte. Sollte die aktuelle Bestzeit nicht mit einer Sechs beginnen, wird man sich jedoch hüten, sie zu kommunizieren. Dafür schürte man einfach zu große Erwartungen: Schon beim Goodwood Festival of Speed Anfang Juli kündigte Porsches Sport- und GT-Chef Frank-Steffen Walliser eine Zeit unterhalb der Sieben-Minuten-Marke an. Doch eigentlich will man keine gute Zeit, sondern die beste. Wie schnell der Porsche dafür sein müsste? Ansichtssache. Der elektrische NextEV Nio benötigte 6:45,9 Minuten, erschien allerdings in ausnehmend kleiner Stückzahl und fuhr auf Slicks. Folglich gilt den Nordschleifen-Jüngern die Zeit des Lamborghini Huracan Performante als Bestwert: 6:52,01 Minuten. Webbers Top-Speed als AnhaltspunktQuelle: EMS Nordschleife TV via YouTube Zurück zur Philosophie: “Eine Wahrheit kann erst wirken, wenn der Empfänger für sie reif ist” sagte einst der Schriftsteller Christian Morgenstern. Und Rennfahrer Marc Webber würde ihm garantiert beipflichten. Denn solange der Porsche den Lambo nicht offiziell abstaubt, wird dem Australier kaum jemand glauben: Nach einer Testfahrt im GT2 RS berichtete der ehemalige Formel 1-Pilot von 336 km/h auf der Döttinger Höhe, der längsten Geraden am Ring. Bei 340 km/h Spitze theoretisch möglich. Doch der Speed des Lambo lag an der selben Stelle nur minimal oberhalb der 300 km/h-Marke. Klar: Die Höchstgeschwindigkeit alleine macht noch nicht die Rundenzeit. Aber ein Näherungswert ist sie bei ähnlich starken Sportlern mit ähnlichem Reifenmaterial allemal. Ein Youtube-Video warf Fragen auf, ein Youtube-Video wird Gewissheit bringen: Irgendwann wird Porsche eine Onboard-Aufnahme online stellen. Garantiert mit mitlaufender Stoppuhr, eventuell mit Jubel-Meldung. Und vielleicht mit einem Zitat wie jenem von Johann Jakob Wilhelm Heise im Abspann: “Alles Leben hat keinen Stillstand. Und das Schönste ist das Schnellste." |