Die Pflicht hat Skoda hinter sich, jetzt kommt die Kür: Wir haben unseren superb ausgestatteten Superb-Dauertester gegen den BMW 520d antreten lassen. Ein Vergleich.
Berlin – Skoda ist längst nicht mehr die Billigmarke aus Osteuropa. Unser Dauertest-Superb rollte in der Sportline-Ausstattung mit kräftigem Zweiliter-Diesel mit DSG in die MOTOR-TALK-Tiefgarage - und machte einen ganz schön hochwertigen Eindruck. Vor einem VW Passat braucht der Skoda sich jedenfalls nicht zu verstecken. Und vor einem Konkurrenten aus dem sogenannten Premium-Segment? Zwei Wochen parkte der Skoda neben einem BMW 520d. Ebenfalls mit 2,0-Liter-Diesel, mit derselben Leistung (190 PS, 400 Nm) und ähnlichen Abmessungen. Allerdings: Der Einstieg in die BMW-Welt beginnt da, wo die Skoda-Preisliste schon fast wieder endet. Preislich und leistungsmäßig. Kann der Skoda trotzdem gegen die 5er-Limousine bestehen? Wir haben mal verglichen. Kofferraum | Abmessungen | Platzangebot | KarosserieWer Platz braucht, ist beim Superb genau richtig. Skoda bringt rekordverdächtig viel Raum auf 4,86 Metern Länge unter. Die Beinfreiheit für Passagiere auf der Rückbank hat Chauffeurslimousinen-Format. Luft nach oben gibt es ebenfalls. Nur die etwas kurzen Beinauflagen der Superb-Rückbank trüben den Komfort ein wenig. Der BMW kann da nicht mithalten. Das Platzangebot hinten ist mager. Längere Insassen scheuern sich die Knie an den ausladenden Vordersitzen wund. Dabei überragt der 5er den Superb in der Länge um fast acht Zentimeter, im Radstand sogar um rund 13 Zentimeter. Quermotor und Frontantrieb zahlen sich aus beim Skoda. Ähnliches Bild beim Kofferraum: Der Skoda lädt 625 Liter bis zur Hutablage ein. In den 5er passen 530 Liter. Bei umgelegter Rückbank werden es im Superb dank Schrägheck bis zu 1.760 Liter. Auch sperrige Ladung passt gut hinein. Der BMW kann dem als klassisches Stufenheck nichts entgegensetzen. Vorne sitzt man in beiden Autos gut. Der BMW fühlt sich intimer an, vor allem wegen des Mitteltunnels. Aber auch, weil man ein gutes Stück niedriger sitzt als im Superb. Sportlich gegen luftig – uns gefällt die sportliche Sitzposition besser. Manch einem wird das Raumgefühl im Superb mehr liegen. Die Abmessungen im Vergleich
Innenraum | Verarbeitung | MaterialienFür sich genommen fühlt sich der Superb richtig gut an. Die Sportline-Ausstattung bringt nette Sportsitze mit Alacantara-Bezug ins Auto. Dazu gut gemachte Dekorleisten in Carbon-Optik. Die Türtafeln sind mit weichem Alcantara bezogen, das Sport-Lederlenkrad liegt gut in den Händen. Man fühlt sich auf Anhieb wohl im Superb. Und trotzdem: Der BMW spielt eine Liga höher. Hartplastik sucht man fast vergeblich. Nur die Türinnentaschen sind aus steifem Kunststoff, alles andere bezieht BMW entweder mit Leder, Kunstleder (Sensatec), fertigt es aus weichem Kunststoff oder lackiert es hochglänzend. Die Bedieneinheit in der Mittelkonsole und die Lüftungsdüsen zum Beispiel. Klar, man sieht jeden Fingerabdruck auf der Oberfläche. Aber dafür wirkt sie wirklich fast wie Klavierlack. Das „Edelholz“ mit dem Namen „Fineline Cove matt, offenporig“ fühlt sich wegen der Behandlung der Oberfläche leider nicht wirklich holzartig an. Es sieht trotzdem schön aus. Das Problem an dem geballten Luxus: er kostet. Der Testwagen kam in der „Luxury Line“ für 4.300 Euro. Das bezahlt zum Beispiel die Ledersitze, das Armaturenbrett mit Kunstlederbezug oder das Holzdekor. Trotzdem muss man das ein oder andere Extra zusätzlich bezahlen. Die elektrisch verstellbaren Komfortsitze zum Beispiel (2.290 Euro), oder die tollen Bedienknöpfe mit Keramik (550 Euro). Das Oberklasse-Ambiente kostet Oberklasse-Geld. Infotainment | Radio | KonnektivitätBMW hält viel von der Gesten-Steuerung im 5er (250 Euro). Wir nicht. Ob man die Zeigefingerspitze in der Luft rotiert, um die Lautstärk zu verstellen, oder einen Drehknopf in der Mittelkonsole benutzt, macht funktional keinen Unterschied. Statt ein Telefongespräch mit einer Wischgeste anzunehmen, kann man ebensogut einen Lenkradknopf benutzen. Außerdem reagiert das System manchmal verzögert. Für die Lautstärkeregelung ganz unangenehm. Davon abgesehen bietet BMW so ziemlich alles an, was das Infotainment hergibt. Wenn man dafür bezahlt. Bei Skoda sieht es genauso aus. Mit kleinen Unterschieden beim Umfang und beim Preis. Das größte Infotainmentsystem Columbus kostet 2.480 Euro und bringt ein 9,2 Zoll großes Touchdisplay mit. Darin enthalten: Navi, DVD-Laufwerk, WLAN-Hotspot und Smartphone-Anbindung über Apple Carplay und Android Auto. Für 110 Euro mehr gibt es im Paket Business Columbus zusätzlich Online-Entertainment sowie einige praktische Extras wie die 230-V-Steckdose. BMW verlangt 2.200 Euro für das Navi-Paket „Connected Drive“ inklusive Navi, erweiterter Smartphone-Anbindung und WLAN-Hotspot. Wer sein iPhone per Carplay verbinden will, zahlt 300 Euro extra. Wer sein Android-Telefon über Android Auto verbinden will, hat Pech: gibt es nicht. Das DAB-Radio (bei Skoda inklusive) kostet 420 Euro, Online-Entertainment 220 Euro. Concierge-Service gibt es nur bei BMW, bei Skoda immerhin einen Infoservice rund um die Fahrzeugfunktionen. Kurz: Wer bei Skoda 2.600 Euro investiert, wird nichts vermissen. Bei BMW muss man mehr ausgeben und bekommt ein bisschen mehr. Allerdings bekommt man bei BMW auch dann mehr, wenn man nichts extra investiert: Das Navi mit 8,8-Zoll-Bildschirm (ohne Echtzeit-Verkehrsinfos) gibt es serienmäßig. Assistenzsysteme | SicherheitViel mehr als die City-Nobtremse ist bei Skoda und BMW nicht im Serienumfang. Skoda baut eine Multikollisionsbremse ein, die das Auto nach einem Unfall festbremst, um schlimmeres zu verhindern. BMW hat die Müdigkeitserkennung serienmäßig, bei Skoda kostet sie 50 Euro. Viele weitere Assistenten gibt es bei BMW mit dem Driving Assistant für 1.090 Euro. Damit bremst der 5er in der Stadt auch für Fußgänger, warnt per Lenkradvibration vor dem Verlassen der Spur, behält den toten Winkel im Sensorauge, warnt vor Querverkehr beim rückwärts ausparken und versucht, Auffahrunfälle zu vermeiden, indem er die Warnblinkanlage einschaltet. Droht trotzdem ein Zusammenstoß, zieht er präventiv die Gurte straff und schließt die Fenster. Interessant wird es mit dem Driving Assistant Plus für 2.800 Euro. Dann hilft der 5er vom Stau bis zu einer Geschwindigkeit von 210 km/h beim Lenken, Bremsen und Beschleunigen. Außerdem wechselt er per Blinker-Tipp auf zweispurigen Fahrbahnen ohne Hilfe die Spur oder warnt vor querendem Verkehr beim Abbiegen, wenn man sich Kreuzungen oder Stoppschildern nähert. Er hilft auch bei Ausweichmanövern und warnt davor, falsch herum in eine Einbahnstraße zu fahren. Der Superb hält bei diesem Assistenz-Feuerwerk nicht ganz mit. Den automatischen Spurwechsel beherrscht er nicht, Kreuzungen oder Stopp-Schilder kann er nicht erkennen. Dafür bekommt man Spurhalter, ACC, Stau-Assistenten oder Ausparkwarner für rund 2.100 Euro. Aber Vorsicht: die Verkehrszeichenerkennung kostet zwar nur 100 Euro, erfordert aber mindestens das Amundsen-Infotainment für 1.070 Euro. Das wiederum eine Telefonschnittstelle (inkl. induktivem Laden) für 420 Euro erfordert. Ohnehin packt Skoda im Konfigurator zuweilen Zwangsextras ein, die den Preis in die Höhe treiben können. Je nachdem, welche Ausstattung als Basis dient, kann das teuer werden. Unser Versuch, einen Superb in der Ambition-Ausstattung mit dem kompletten Sicherheitspaket auszustatten, ergab einen Aufpreis von insgesamt gut 5.100 Euro. Antrieb | Motor | GetriebeZweimal 2,0 Liter Hubraum, zweimal Diesel, zweimal 190 PS, zweimal 400 Newtonmeter Drehmoment. Skoda und BMW liegen bei den Motoren dicht beieinander. Beim Skoda liegt die volle Leistung zwischen 3.500 und 4.000 Umdrehungen an, beim BMW erst ab 4.000. Das maximale Drehmoment steht bei beiden ab 1.750 U/min zur Verfügung, beim 5er ebbt es bereits bei 2.500 U/min wieder ab. Beim Skoda erst bei 3.250 U/min. Diese Unterschiede lassen sich kaum herausfahren. Laut Datenblatt erreicht der BMW nach 7,5 Sekunden Tempo 100, der Skoda 0,2 Sekunden später. Der BMW hat zwei zusätzliche Gänge und die hintere Antriebsachse auf seiner Seite. Beide fahren maximal 235 km/h schnell. Und ähnlich sparsam: mit viel Langstrecke und moderaten Reisegeschwindigkeiten von maximal um 160 km/h landet der 520d zwischen sechs und sieben Litern, der Skoda ebenfalls. Wegen des geringeren Gewichts dürfte er sich noch etwas genügsamer fahren lassen. So ruhig und geschmeidig wie der 520d fährt kaum ein Vierzylinder-Diesel. Der BMW-Motor dieselt nicht, er schnurrt. Selbst bei Volllast drängt er sich nicht auf, bis in höchste Geschwindigkeiten bleibt es still im 5er. Der Superb grummelt sehr viel deutlicher, wirklich unangenehm wird er aber nicht. Dass man Diesel fährt, vergisst man jedoch nie. Doch auch im BMW ist nicht alles Goldsirup. Wir vermissen Souveränität: im Comfort- oder gar Eco-Modus fährt er unwillig an. Das Gaspedal braucht zu viel Weg, bis der 5er sich bewegt. Im Sportmodus klappt das besser, aber dann fällt das Sparen schwer. Übrigens auch, weil der Eco-Modus die Leistung der Klimaanlage stark drosselt. Ist es draußen schön warm, wird es im Eco-Modus innen nie angenehm kühl. Der Skoda mag das Anfahren auch nicht so gerne. VWs Sechsgang-DSG agiert wie gewohnt manchmal unharmonisch, nicht nur aus dem Stand. Zwischen Schiebebetrieb und leichtem Gas jonglieren die Kupplungen die Gänge oft zu unentschlossen. einmal in Bewegung, ist die 8-Gang-Automatik im 5er eindeutig das geschmeidigere Getriebe. Fahrverhalten | Fahrwerk | LenkungEigentlich gibt es wenig zu meckern am Skoda. Er federt ordentlich, die Lenkung ist direkt und präzise und vermittelt genug Gefühl. Man kann den Superb sogar ein bisschen um die Kurven jagen. Superagil geht anders, aber das ist nicht die Aufgabe des Superb. Alles gut also, solange man nicht direkt vom 520d in den Superb umsteigt. Im Vergleich fühlt sich das Skoda-Fahrwerk dann fast polterig an. Wie der Superb über Kanten und durch Schlaglöcher rollt, wirkt ungelenk und laut. Der BMW gleitet im Vergleich. Gelassen und leise schluckt er scharfe Kanten und tiefe Mulden. Dabei verzichtet BMW beim 5er auf ein Luftfahrwerk. Die adaptiven Dämpfer waren allerdings an Bord. Sie stellen sich automatisch auf Fahrweise und Straßenverhältnisse ein („Dynamische Dämpfer Control“ für 1.190 Euro). Im Sport- oder Sport-Plus-Modus ändert sich der Charakter des BMW spürbar. Das Fahrwerk strafft sich, Gasannahme, Lenkung und Schaltcharakteristik werden schärfer. Der 5er lenkt direkt ein, hält präzise die Linie und dreht sich auf Wunsch (beim Gaslupfen) in die Kurve. Für ein Auto dieser Größe wirkt der 5er sportlich – er lenkt allerdings auch mit allen Vieren. Die Integral-Aktivlenkung für 1.250 Euro war an Bord. Die Agilität und Fahrfreude eines 3ers erreicht der 5er nicht, dafür übertrifft er ihn beim Langstreckenkomfort. Ausstattung | Preis | FazitWo der Skoda aufhört, fängt der BMW erst an. Das gilt für die Motorenpalette wie für den Preis. Unser Dauertester mit dem stärksten Diesel und der Sportline-Ausstattung steht mit DSG für 41.250 Euro in der Preisliste. Mit Allrad geht es noch etwas teurer. Der teuerste Superb ist der 280 PS starke Benziner mit Allrad und DSG: in der L&K-Ausstattung kostet er 45.750 Euro. Der 520d startet mit Handschalter bei 46.100 Euro und ist damit der Basis-5er. Mit 8-Gang-Automatik geht es bei 48.350 Euro los - und ziemlich lange weiter. Unser umfangreich ausgestattetes Testexemplar kostet laut Liste mehr als 76.000 Euro. Der ebenfalls gestopfte Superb erreicht "nur" knapp 49.000 Euro. Vieles, das BMW in den Testwagen gepackt hat, ist verzichtbar, ohne dass der 5er merklich an Reiz verliert. Türen, die sich beim Anlehnen automatisch sanft ins Schloss ziehen, zum Beispiel. Die Integral-Aktiv-Lenkung ist schön, aber nicht nötig. Statt Driving Assistant Plus tut es auch der Driving Assistant, der eher dem Niveau im Skoda entspricht. Ferngesteuertes Einparken muss auch nicht sein. Manches muss bleiben, für die Vergleichbarkeit mit dem Skoda. Außerdem gehört die Luxury Line für 4.300 Euro ins Auto – für das Premium-Gefühl. Mit viel Disziplin konfiguriert, aber ohne Verzicht auf etwa den Driving Assitant Plus, bleibt der 5er bei gut 60.000 Euro. Macht mehr als 10.000 Euro Aufpreis gegenüber einem Skoda Superb mit allem drum und dran. Gute, sachliche Argumente gibt es dafür nur wenige. Der Rest ist Gefühl. Technische Daten
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