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Toyota Century: Fahrbericht - Japans einzige Luxusklasse

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Der Toyota Century ist bei uns völlig unbekannt, in Japan aber Staatskarosse und ein Zeichen von Macht und Geld. Grund genug, die Luxuslimo zu fahren. Natürlich mit V12.

Der Toyota Century - grau, gerade, altbacken - und ein japanisches Statussymbol Der Toyota Century - grau, gerade, altbacken - und ein japanisches Statussymbol Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de

Köln – Großindustrielle, hochrangige Politiker und der Kaiser von Japan - alle haben auf dieser Rückbank gesessen. Naja, nicht auf dieser speziellen. Aber auf der Rückbank eines Toyota Century. Seit 50 Jahren gibt es kein wichtigeres Auto in Japan, aber auch: nur wenig langweiligere. Denn trotz des vielen Chroms fällt der Century im Straßenbild kaum auf. Grau, gerade und von gestern steht er da. Der Kaiser und seine Entourage besitzen 20 Exemplare. Nicht gerade eine Traumgarage für Petrolheads.

Normalerweise sitzt man in einem Century hinten links (die meisten Exemplare sind Rechtslenker), Autor Fabian Hoberg hat vorne links Platz genommen Normalerweise sitzt man in einem Century hinten links (die meisten Exemplare sind Rechtslenker), Autor Fabian Hoberg hat vorne links Platz genommen Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de

Nur ein Auto pro Tag

Doch der Century ist mehr als ein Auto, er ist ein Symbol. Zumindest für Toyota. Schon der Name ist aufgeladen mit Bedeutung: Die Markteinführung 1967 fiel auf den 100. Geburtstag von Sakichi Toyoda, dem Gründer von Toyota Industries. Und zu Ehren des Firmengründers steckt Toyota noch heute viel Handarbeit in das Luxusauto.

Im Vergleich zum Century ist ein Rolls-Royce Phantom Massenware. Jeden Tag verlässt nur ein Fahrzeug die Hallen von Kanto Auto Works Ltd. in Japan. Vier Mitarbeiter bauen es zusammen. Das Design hat sich in den vergangenen 50 Jahren kaum verändert. Die zweite Generation wurde 20 Jahre lang gebaut, von 1997 bis jetzt. Und schon 1997 sah der Century nicht gerade modern aus.

Der erste Century basierte auf dem Crown Eight und wurde von einem V8 angetrieben. Nach 30 Jahren sah sich Toyota erstmals genötigt, den Century gründlich zu überholen. Statt des V8-Motors kam ein V12 unter die Haube. Chefentwickler Mitsuyuki Noguchi sagte damals voller Stolz, dass er auf „gut etablierter Anmut“ und auf dem Komfort seines Vorgängers aufbaue. Das reichte offenbar bis heute. Auf der Tokio Motorshow 2017 wurde der Nachfolger präsentiert.

Jeden Tag verlässt nur ein Century die Produktionsstätte Jeden Tag verlässt nur ein Century die Produktionsstätte Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de

Eine handgeschnitzte Phoenix-Figur

Der 97er Century misst 5,27 Meter, genau so viel wie die aktuelle Mercedes S-Klasse mit langem Radstand. Leer wiegt der Toyota 2,1 Tonnen. Auf den vorderen Kotflügeln sitzen üppig dimensionierte Rückspiegel. Am Kühlergrill, am Heckdeckel und an den Radkappen prangt beim Toyota eine Phoenix-Figur – handgeschnitzt, versteht sich.

Kleine Änderungen ließ Toyota in den 20 Jahren Bauzeit nur heimlich einfließen. Das Design blieb höflich und zurückhaltend. Ganz nach dem Motto: Bloß nicht auffallen. Vielleicht ist es das, was den Century in Japan so beliebt macht. Der Kaiser von Japan lässt sich übrigens in einer 6,10 Meter langen Spezialversion chauffieren, sie trägt den Namen "Century Royal".

Spitzenvorhang und ausklappbarer Schreibtisch

Selbst fährt den Century niemand, der nicht muss: Der beste Platz ist hinten links (die meisten Century sind Rechtslenker). Fußmatten und Schweller liegen mit einem geringen Unterschied von nur sieben Zentimetern relativ dicht beieinander. Das erleichtert den Einstieg. Hochfloriger Teppich, weiche Sessel und sehr viel Beinfreiheit empfangen einen im Innenraum.

Das Holz im Interieur soll edel wirken - tut es aber nicht Das Holz im Interieur soll edel wirken - tut es aber nicht Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de An der Heckscheibe schützt ein Spitzenvorhang vor Sonnenstrahlen und neugierigen Blicken. Ausklappbare Schreibtische, Leseleuchten und Platz für Teekannen oder Schreibkram sorgen für eine angenehme Arbeitsatmosphäre, auch im Berufsverkehr von Tokio. Nur das verbaute Edelholz wirkt billig, es verströmt den Charme japanischer 80er-Jahre-Autos.

Zwölf Zylinder und fünf Liter Hubraum

Ob der Motor läuft, merkt hinten keiner. Der V12 säuselt still und leise vor sich hin. Die extraweich abgestimmte Luftfederung schluckt jede Bodenwelle, die dicken Reifen auf 16-Zoll-Rädern filtern kurze, scharfe Kanten. Viel Dämmmaterial kümmert sich um den ruhigen Rest. Nicht mal das Ticken der Uhr dringt nach hinten – dank dickem Kristallglas über dem Uhrwerk.

Der schnurrende V12 unter der langen Haube schöpft 280 PS aus fünf Litern Hubraum. Motor und Antrieb werden vor Auslieferung auf Vibrationen kontrolliert. Notfalls wird feingewuchtet. Jede Zylinderbank verfügt über eine eigene Kraftstoffpumpe. Selbst mit leichtem Gasfuß benötigt das Triebwerk 14 Liter Sprit auf 100 Kilometer. Die Schaltvorgänge des Viergang-Automatikgetriebes erahnt man nur.

Sieben Lackschichten

Vor dem Fahrer, in einer handbreiten Höhle, liegt das halbdigitale Cockpit. Man muss schon zweimal hinschauen, um den Drehzahlmesser zu finden. Daneben liegen große Anzeigen für Motortemperatur und Tankvolumen. Das Hightech-Entertainmentsystem mit Kassettenlaufwerk war vor 30 Jahren schon nicht mehr modern. Unzählige Kippschalter säumen Konsole und Türtafeln und erinnern eher an eine DC-10 als an einen Learjet.

Ein flauschiger Teppich sorgt für Wohnzimmer-Feeling Ein flauschiger Teppich sorgt für Wohnzimmer-Feeling Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de Dafür geben sich die Japaner beim Blech größte Mühe: Der Century ist das luxuriöseste japanische Modell mit eigener Farbpalette. Sieben Lackschichten haften auf dem Metall, die obersten drei werden nacheinander aufgetragen, poliert und wieder aufgetragen – nur in Schwarz, Weiß, Grau oder Dunkelblau. Auch an der Chromstoßstange polieren die Arbeiter ein paar Stunden. Beim Glanz kann kein Rolls-Royce mithalten.

Dabei kostet die Limousine weitaus weniger als ein Rolls-Royce, Bentley oder Maybach, nämlich umgerechnet weniger als 100.000 Euro. Dafür bekommt man ein Auto mit unvergleichlich viel Komfort. Ein Auto für die Ewigkeit. Nicht nur für Toyota, sondern auch für die Besitzer: Von den rund 10.000 bisher gebauten Century fahren noch mehr als 80 Prozent auf Japans Straßen, die meisten mit V12.

Die zweite Generation wird noch bis Ende 2018 gebaut, dann folgt eine überarbeitete Version. Diese soll leichter und sparsamer werden. Deshalb verschwindet der V12 aus der Bestellliste, stattdessen zieht ein V8 mit Elektro-Unterstützung ein: Toyotas Hybridtechnik für die Chauffeursklasse. Nur der Kaiser muss sich auch künftig keine Gedanken übers Spritsparen machen. Er darf auch weiterhin mit V12 fahren. Aber - in einem neuen Century - nur er.

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Technische Daten Toyota Century

  • Motor: 5,0-Liter-V12
  • Leistung: 280 PS (206 kW) bei 5.200 U/min
  • max. Drehmoment: 460 Nm bei 4.000 U/min
  • Antrieb: Viergang-Automatik, Hinterräder
  • V-max: 210 km/h
  • 0-100 km/h: k.A.
  • Verbrauch: 13,2 l
  • Länge: 5,27 m
  • Breite: 1,89 m
  • Höhe: 1,48 m
  • Gewicht: 2.100 kg
  • Baujahr: 1997-2017 (2. Generation)
  • Stückzahlen: ca 10.000 Fahrzeuge von 1957 bis heute
  • Preis: ca. 100.000 Euro
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