Harley-Davidson hat Softail und Dyna zu einer Baureihe vereint. Jüngstes Modell: die Sport Glide. Sie soll lässig cruisen können und agil um Kurven gehen. Erste Ausfahrt.
Von Ralf Schütze Teneriffa - „These are the fastest Cruisers, Harley-Davidson ever built!“ – Glen Corbett nimmt den Mund ganz schön voll. Er preist die neue Sport Glide als „schnellsten Cruiser“ an, den Harley je gebaut hat. Sie soll die Tugenden der ehemaligen Softail-Modelle mit der Sportlichkeit der ehemaligen Dynas vereinen. Das Rezept: wenig Gewicht, viel Schräglagenfreiheit, dazu eine Extraportion Vielseitigkeit. Klingt verlockend. Es geht hinauf auf den Teide, mit 3.718 Metern der höchste Berg auf spanischem Staatsgebiet. Kurve folgt auf Kurve, ein selektives Geschlängel, das jedes Motorrad fordert. Die Sport Glide schlägt sich erstaunlich gut. Sie fährt sich überraschend agil für eine Harley. Für eine Softail, wie man sie bisher kannte, fühlt sie sich gar extrem sportlich an. Heraus aus der Linkskurve, umlegen für die nächste Rechts. Die Sport Glide durcheilt die Kehre erstaunlich schnell. Das Ohr wartet aufs metallische Kratzen der Fußraste, das das Ende der Schräglagenfreiheit meldet – nichts. Erst spät nimmt die Fußraste Kontakt mit dem Asphalt auf. Wow, die Sport Glide geht wirklich willig um die Kurve! Die Einzelscheibe vorne beißt kräftig und kontrollierbar zu. Die 317-Kilo-Fuhre wird souverän eingebremst. Harley-Davidson Sport Glide: Sportlich - für eine HarleyDoch Dynamik ist relativ. Ein Sportler wird die Sport Glide nur im Vergleich zu ihren Markenschwestern. Sie bleibt ein Allrounder. Echte Sportbike-Fahrer werden die Jungs aus Milwaukee damit nicht von ihren Mopeds locken. Wollen sie auch nicht, sagt Harleys Produktentwickler Michael Spaett. Es gehe darum, jüngere Biker zur Marke zu holen. Die können sich auf die relative Sportlichkeit der Sport Glide freuen und vor allem auf ihre Vielseitigkeit. Vor Regen und Wind schützt eine etwas verkleinerte, klassisch geformte Batwing-Verkleidung (wie man sie von Harleys Tourenbikes kennt). Gepäck lässt sich in zwei Seitenkoffern unterbringen. Dank Einhandbedienung lassen sich bis zu 50 Liter bequem verstauen. Das genügt für den Wochenend-Trip zu zweit. Harleys Allrounder-Trick: Dank Schnellverschlüssen lassen sich Verkleidung und Koffer in Sekundenschnelle entfernen – aus dem Cruiser wird ein urbaner Roadster. Perfekt für den Trip zum Eiscafé oder den Feierabend-Ausflug über die Landstraßen-Hausstrecke. Das hat Harley tatsächlich gut hinbekommen. Sport Glide mit Upside-Down-Gabel vorneDie Optik passt mit oder ohne Touren-Equipment. Besonders in „Vivid Black“ sieht die hier und da chromglänzende Sport Glide gut aus. Farbtöne wie „Twisted Cherry“ oder „Silver Fortune“ wird man eher selten auf der Straße sehen. Die „Mantis“-Leichtmetallfelgen sind außerdem nichts für Traditionalisten. Ihr Design zielt auf die angepeilte jüngere Kundschaft ab. Sie lassen den Cruiser schon im Stand sportlicher wirken, als man das von einer Harley gewohnt ist. Vorne bringt ein 18-Zoll-Rad mit 130er Michelin-Bereifung Grip. Eine Upside-Down-Gabel mit 43 mm Durchmesser führt das Rad. Auf der hinteren Felge sitzt ein 16 Zoll großer 180er Schlappen. Der „Scorcher 31“ von Michelin harmoniert gut mit der Amerikanerin. Er verlangt allerdings exakte Einhaltung des Luftdrucks, sonst wird die Sport Glide etwas kippelig. Die neu entwickelte Hinterradaufhängung bringt mehr Komfort als bei bisherigen Softails: Statt die Sitzbank entfernen zu müssen, reicht jetzt der Dreh an einem Knauf unter dem rechten Seitendeckel, um die Vorspannung des Zentralfederbeins auf Fahrbahn oder Fahrergewicht einzustellen. Milwaukee Eight 107: Kräftiger Motor, kräftiger SoundQuelle: Harley-Davidson Neu in der Sport Glide ist auch der Motor. „Milwaukee Eight 107“ nennen sie ihn klangvoll. 107 Kubikinch bedeuten knapp 1,75 Liter Hubraum und 84 PS Leistung. Wichtiger: 145 Nm Drehmoment schieben die Sport Glide schon ab 3.000 Umdrehungen kräftig voran. Selbst auf dem Weg zum Teide muss man selten im neu entwickelten, geschmeidig arbeitenden Sechsgang-Getriebe rühren. Die gewünschte Motorpower liegt fast immer an. Und gut klingt der Milwuakee Eight außerdem. Der V2 blubbert Harley-typisch im unregelmäßigen „Potato-Potato“-Rhythmus. Oder er brüllt vorlaut bei höheren Drehzahlen. Doch jüngere Kundschaft lockt man vor allem mit günstigen Preisen. Harley will knapp 18.000 Euro für die neue Sport Glide haben. Das ist viel Geld. Aber neben der gebotenen Technik tröstet eine Vier-Jahres-Garantie ohne Kilometerbegrenzung vielleicht darüber hinweg. Das Versprechen auf Vielseitigkeit hält Harleys neuer Kurven-Cruiser jedenfalls. Ob er sportlich und cool genug ist, muss sich noch zeigen. Technische Daten Harley-Davidson Sport Glide
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