Selbst Klassiker fürs Grobe müssen ab und zu aufgefrischt werden. Also hat Toyota den Land Cruiser geliftet. Unterwegs in einem der letzten, echten Geländewagen.
Namibia – Er ist ein fahrender Anachronismus. Mit einem Ruf wie Drillich. Bisschen unbequem, hält aber ewig. Seine Verlässlichkeit und Haltbarkeit haben dem Toyota Land Cruiser den Spitznamen Buschtaxi beschert. Vor allem in Afrika, Lateinamerika, Russland und der arabischen Welt fährt er Landwirte, Arbeiter und Safari-Touristen über staubige Pisten. Seit 1951 baut Toyota den Land Cruiser, regelmäßig wird er erneuert. Jetzt auch wieder. Auffälligstes Merkmal: eine neue Front mit schmalen Scheinwerfern und eine Motorhaube mit einer tiefen Mulde. Der Rest bleibt. Dank Leiterrahmen und Starrachse kraxelt der Land Cruiser weiterhin unbeeindruckt durch hartes Gelände – und bietet dabei dank wenigen beweglichen Teilen kaum Angriffsfläche: Was nicht dran ist, geht auch nicht kaputt. Und wenn sich mal wer festfährt? Eine Seilwinde lässt sich direkt am Rahmen befestigen und befreit auch schweres Gerät. Toyota Land Cruiser (2018) im Test: Ab 40.280 EuroQuelle: Toyota | Jens Koch In Deutschland brauchen das nur wenige Toyota-Kunden. 670 Exemplare wurden vergangenes Jahr verkauft. Doch der Land Cruiser ist eine Legende, ein Imageträger und in Deutschland das einzige Luxusprodukt im Portfolio. Mindestens 40.280 Euro kostet der Dreitürer, wer fünf Türen braucht, zahlt ab 43.590 Euro. Teuer? Ja, aber wertstabil. Selbst gebrauchte Land Cruiser mit mehr als 250.000 Kilometer Laufleistung kosten bei mobile.de mehr als 10.000 Euro. „Ein Leiterrahmen ist die beste Lösungen für einen Geländewagen, da er sehr robust ist und fast überall repariert werden kann“, sagt Vincent Dewaersegger von Toyota Motor Europe. Heißt auch: Wo ein VW Tiguan, BMW X4 oder Mercedes GLC längst schlapp macht, wird der Land Cruiser erst richtig warm. Nicht nur wegen des verwindungssteifen Leiterrahmens, sondern weil zwei Torsen-Differenziale die Kraft jeweils dorthin schicken, wo sie gebraucht wird. Eins sitzt an der Hinterachse, eins zwischen Vorder- und Hinterachse. Wasser darf bis zu 70 Zentimeter tief sein, außerdem zieht der Geländewagen drei Tonnen. Toyota Land Cruiser mit 2,8-Liter-Vierzylinder und 177 PSUnter der neu geformten Haube sitzt ein echtes Arbeiterherz. Der 2,8-Liter-Vierzylinder leistet 177 PS – mehr Schiffsdiesel als Pkw-Motor. Ab 1.600 Touren liegen bei der Automatikversion 450 Newtonmeter Drehmoment an und schieben den immerhin 2,5 Tonnen schweren Allrader schnaufend voran. Alternativ gibt es ein manuelles Sechsganggetriebe. Die Sechsstufen-Automatik (2.380 Euro) passt besser zum trägen Motor. 12,7 Sekunden vergehen bis 100 km/h, Schluss ist bei 175 km/h. Doch fürs Schnellfahren ist der Toyota nicht gemacht. Zu störrisch arbeitet die Lenkung, ab 130 km/h reagiert der Geländewagen auf Seitenwind. Er wankt dann wie ein Seemann beim Landgang. Die Hände korrigieren permanent die Richtung. Außerdem zieht gefühlt ein Orkan auf. Den Eindruck erwecken zumindest die Windgeräusche. Dass der große Wagen den NEFZ-Durchschnittsverbrauch von 7,5 Litern im Gelände nicht halten kann, sollte klar sein. Bei unserer Fahrt durch Sand, Schlamm und über steinige Berge waren es im Schnitt 11,4 Liter. Das geht in Ordnung – angesichts des Fahrprofils. Der Land Cruiser wühlt sich überall durchQuelle: Toyota | Jens Koch Ob Schotterpiste oder Sanddüne, in hartem Gelände ist der Land Cruiser in seinem Element. Innenraum-Umluftschalter der Lüftung aktivieren – sonst legt sich der Sand über Polster und Armaturen. Mittel-Differenzial sperren und Geländeuntersetzung rein. Zurücklehnen (in die breiten Sitze) und ab in den Sandkasten. Der Toyota buddelt sich mit seinen gesperrten Achsen mit wenig Gas problemlos durch tiefen Sand eine Düne hinauf. Steinige Abhänge hinauf bleiben die Sperren aktiv. Mit wenig Gas und schmatzenden Dämpfern erklimmt er den Hügel, geht in Schräglage, hebt kurz ein Bein und gräbt sich weiter voran. Der Diesel stapft bei niedrigen Drehzahlen stoisch nach vorne. Offroader-Fahrern, die losen Untergrund nicht deuten können, hilft das Multi-Terrain-Select-System mit fünf verschiedenen Fahrprogrammen. Das Bedienbord für das Untersetzungsgetriebe, die Differenzialsperren, die Fahrwerkshöhe, die Bergabfahrhilfe und die Geländeautomatik Crawl Control liegt nun in der Mittelkonsole. Der neue Land Cruiser wird etwas stadtfeinerQuelle: Toyota | Jens Koch Doch nicht alle Land-Cruiser-Fahrer gehen mit dem Auto in den Wald, in die Grube oder gar in die Wüste. Der Land Cruiser muss auch in der Stadt vorankommen – ohne zu viel Leidensfähigkeit zu fordern. Die 360-Grad-Kamera (für Executiv ab 850 Euro) hilft nicht nur im Gelände, sondern auch beim Einparken. Sie bietet einen neuen Blickwinkel direkt auf den Boden. In der neuen Mittelkonsole steckt ein acht Zoll großer Monitor mit Split-Screen-Funktion, es gibt eine Ambientebeleuchtung und ein neues Lenkrad. Der silberfarben lackierte Kunststoff sieht allerdings weder edel noch modern aus, dafür trifft man die großen Tasten selbst auf einer Rüttelpiste sicher. Wichtiger: Das Toyota Safety-Sense-System mit Kamera und Radar erkennt und warnt vor Fußgängern, der Tempomat kann den Abstand zum Vordermann halten, das Fernlicht funktioniert nun automatisch. LED-Scheinwerfer gibt es optional, die Rückleuchten leuchten nun serienmäßig mit der Technik. Aber interessiert das wirklich, bei einem Auto wie dem Land Cruiser? Die meisten der deutschen Kunden werden sich nach wie vor für den großen Toyota entscheiden, weil er kann, was er immer schon konnte: Gelände. Und nicht, weil er ein paar neue Tricks gelernt hat. Er bleibt ein Auto für die Nische. Das weiß auch Toyota. Deutschland bekommt von der japanischen Zentrale rund 1.000 Autos zugeteilt. Der größte Teil der Produktion geht in Länder, in denen Geländewagen gebraucht werden. Als Buschtaxi. Technische Daten Toyota Land Cruiser Fünftürer
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