Lärm und Luftverschmutzung belasten die großen Städte. Um dort das Verkehrsaufkommen zu verringern, sind attraktive Angebote im ÖPNV notwendig. Das Ausland macht es vor.
Berlin - Deutschland tut sich schwer damit, den Verkehr umweltfreundlicher zu gestalten. Dafür sind unter anderem attraktivere Angebote beim öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) notwendig. Der Bund und fünf deutsche "Modellstädte" wollen am Dienstag (14. August) in Berlin entsprechende Maßnahmen vorstellen. Es lohnt sich durchaus, einmal links und rechts der deutschen Grenzen nach Anregungen zu schauen. Denn manche Städte im Ausland sind bereits recht weit. Estland: Nahverkehr zum NulltarifAnfang 2018 wurde das Thema "Nulltarif" in Deutschland heiß diskutiert. Heraus kam am Ende nichts. Estlands Hauptstadt Tallinn gilt als europäischer Vorreiter in Sachen kostenloser Nahverkehr. Im Kampf gegen tägliche Staus und Autoabgase hat die Stadtverwaltung 2013 einen Nulltarif in der ganzen Stadt eingeführt. Seither können die rund 450.000 gemeldeten Einwohner der Großstadt an der Ostsee Busse und Bahnen kostenlos nutzen. Dazu brauchen sie eine Chipkarte, mit der sie sich nach dem Einsteigen an Lesegeräten identifizieren müssen. Quelle: Picture-Alliance Nach Angaben von Tallinns Bürgermeister Taavi Aas haben sich die Fahrgastzahlen auf den innerstädtischen Zugverbindungen vervielfacht, während Busse und Straßenbahnen nur etwa 10 Prozent mehr Passagiere beförderten. Finanziell sei das Ganze für die Stadt tragfähig. Die wegfallenden Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf seien kompensiert worden durch die zusätzlichen Steuereinnahmen von Bürgern, die sich wegen des Nulltarifs in Tallinn registrierten. Nach dem erfolgreichen Pilotversuch in der Hauptstadt ist der Gratis-Nahverkehr auch auf den Rest des Landes ausgeweitet worden. Seit dem 1. Juli ist in 11 von 15 Regionen das Busfahren gratis. Mit den Freifahrten soll die Umwelt geschützt, die Mobilität der ärmeren Teile der Bevölkerung erhöht und die Landflucht gestoppt werden. Litauen: Eine App für alle VerkehrsmittelIn der litauischen Hauptstadt Vilnius will ein Start-up mit einer App die urbane Mobilität verbessern. Über die gleichnamige Anwendung des Anbieters Trafi kann man in Echtzeit Informationen zu allen in der Stadt verfügbaren Verkehrsmitteln abrufen, diese über die App buchen und automatisch bezahlen. Nebenbei liefert die App Daten, die die Stadtverwaltung als Grundlage für ihre Verkehrsplanung nutzen kann. Quelle: Picture-Alliance Trafi bündelt die verschiedenen Verkehrsmittel in einer App. Tippt der Nutzer seine Zieladresse ein, zeigt das Smartphone mehrere Vorschläge mit verschiedenen Verkehrsmitteln an. Eine Stadtkarte zeigt außerdem die Positionen der Busse samt Wartezeiten. Und auch die aktuellen Standorte der verfügbaren Citybikes und Carsharing-Autos sieht man auf dem Display. "Im Prinzip ist es wie eine Suchmaschine für meine aktuell zur Verfügung stehenden Mobilitätsmöglichkeiten", sagt Martynas Gudonavicius, Mitgründer und Chef von Trafi. Dabei fließen auch Echtzeitdaten zu Staus, Baustellen oder zum Wetter in die Suche ein. Nach Angaben von Gudonavicius nutzen schon mehr als 100.000 der gut 540.000 Bewohner von Vilnius die App. Österreich: Alternativangebote zum AutoWien macht das Autofahren durch viele Einbahnstraßen und wenige kostenlose Parkplätze immer unattraktiver. Zugleich bezuschusst die von einer rot-grünen Koalition regierte Millionenmetropole die Nutzung von Bussen und Bahnen mit rund 500 Millionen Euro im Jahr - das sind 40 Prozent der anfallenden Kosten. Die Folge: Inzwischen haben 760.000 Menschen eine im europäischen Vergleich günstige Jahreskarte für 365 Euro. Damit gibt es mehr Jahreskarten als zugelassene Autos. Die meisten Wege werden mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt. Tagsüber fahren in Wien die U-Bahnen in einer Taktung von drei bis fünf Minuten. Großbritannien: Förderprogramme für mehr grüne VerkehrsmittelDie britische Regierung fördert den Kauf von Bussen mit Elektroantrieb und Hybridmotoren durch öffentliche Verkehrsbetriebe mit millionenschweren Förderprogrammen. Seit 2009 wurden dadurch insgesamt bereits 1.600 Busse mit umweltfreundlichem Antrieb auf die Straßen gebracht. In Schottland und Nordirland gibt es ähnliche Programme. Seit Anfang März wird auch in Deutschland der Kauf von Elektrobussen gefördert. Verkehrsbetriebe können beim Kauf von sechs oder mehr Elektrobussen bis zu 80 Prozent der Mehrkosten von der Bundesregierung bezahlen lassen. Der Bund hat hierfür zunächst 35 Millionen Euro bereitgestellt. Quelle: dpa
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