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Cayu: Opels neues Shopsystem in Stuttgart - Opel zwischen Angorapullis und Franchise-Food

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In einer Stuttgarter Mall testet Opel eine Art Apple-Store für Autos: Cayu soll On- und Offline verbinden und den Autokauf modernisieren, ohne den Handel zu verprellen.

Cayu Store in der Shopping Mall Milaneo in der Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs: Opel versucht, beim Autohandel Onlineshopping und Offlineshopping zu verbinden Cayu Store in der Shopping Mall Milaneo in der Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs: Opel versucht, beim Autohandel Onlineshopping und Offlineshopping zu verbinden Quelle: Opel

Stuttgart – Tina Müller mag offenkundig Katzen. Karl Lagerfelds Choupette gab sie einst einen gut dotierten Werbevertrag. Bei der Eröffnung des ersten Cayu-Stores in der Stuttgarter Shopping Mall Milaneo spielen Katzen erneut eine Rolle: „Der Kunde ist eine Katze und kein Hund“, sagt die Opel-Marketingchefin. Meint wohl: Wo Hunde treuherzig mit der Rute wedeln, muss die Hauskatze von ihrem Glück überzeugt werden.

Opels neuer Cayu-Store soll das leisten, als Autohaus neuen Stils. Es befindet sich nicht in einem Industriegebiet, sondern in einer Shopping Mall mitten in Stuttgart, zwischen Kaffeekette, Zeitungskiosk und einer C&A-Filiale. Da also, wo Menschen zum Einkaufen hingehen.

Das Ambiente ist reduziert und modern, ein bisschen Applestore, etwas Ikea und viel Amazon. Die Verkäufer sind keine Autohändler sondern „Insider“. Von Autos müssen sie im Zweifel nicht mehr verstehen als der Kunde, denn Gespräche auf Augenhöhe sind das Ziel. Die Augenhöhe beim Autokauf ist, das ergab eine Studie von mobile.de, für viele Kunden ein Problem.

Vereinfachtes Angebot

Die Ansprechpartner im Shop sind keine Autohändler, sondern heißen "Insider" - und sollen dem Kunden auf Augenhöhe begegnen Die Ansprechpartner im Shop sind keine Autohändler, sondern heißen "Insider" - und sollen dem Kunden auf Augenhöhe begegnen Quelle: Opel

Der Ansatz, Autos direkt im Internet zu verkaufen, ist nicht neu. Durchgesetzt hat er sich bisher nicht: Ohne den Händler geht es offenbar nicht, bei einem so komplexen und teuren Produkt wie dem Auto. Mit Cayu, abgeleitet von „CAr for YoU“, versucht Opel nun die Verbindung von Onlinekauf und Offlinekauf. Autos aus dem Cayu-Programm gibt es im Cayu-Store wie auch beim Internetportal www.cayu.com. Die Homepage wird auch im Shop für die Kaufabwicklung benutzt.

Ohne Händler geht es auch bei Cayu nicht. Den Shop in der Mall betreibt Opel Staiger, der älteste Opel-Händler in Deutschland und der größte Opel-Händler in Stuttgart. Die Idee stamme aus dem Opel-Marketing, das Ladenkonzept habe man aber gemeinsam entwickelt, erzählt Marcus Stein vom Autohaus Staiger.

Wo es keine hochqualifizierten Autohändler gibt und Shopping einfach sein soll, darf auch das Produkt nicht kompliziert sein. Lange Aufpreislisten wie bei Opel Adam oder Astra sind im Cayu-Konzept ein No-go: Zu kompliziert für Augenhöhe-Gespräche zwischen Shopper und „Insider“. Und: zu individuell für das Lieferversprechen binnen 14 Tagen, inklusive Zulassung. Das funktioniert nur mit vorkonfigurierten Fahrzeugen, die sich bereits im Bestand oder im Zulauf des Händlers befinden.

Rechtlich ein Kauf im Internet

Deshalb bietet Opel Staiger im Cayu-Store je nach Modell vier Ausstattungspakete, 3-4 Farben, 1-2 Motoren – fertig. Wer mehr will, muss über den klassischen Handel kaufen. Und dort auch, wie gewohnt, den Endpreis verhandeln. Das geht im Cayu-Store nicht. Der Rabatt sei eingepreist, sagt Marcus Stein: „Im Autohaus würden wir die Autos zu einem höheren Preis verkaufen“. Cayu gibt obendrauf sechs Jahre Garantie und drei Inspektionen gratis. Und 30 Tage Rückgaberecht – zwei Wochen wären vorgeschrieben, da es sich rechtlich um einen Onlinekauf handelt.

Das Rückgrat des neuen Vertriebswegs ist die auf Opel registrierte Webseite Cayu.com, die aussieht, wie ein moderner Onlineshop eben aussieht. Tablet-optimiert, viel Scrollen, wenig Menü. Darin: Fragen nach Budget, Leasing oder Kauf. Und fünf Modelle zur Auswahl: Corsa, Adam, Astra, Mokka, Crossland. Der Insignia habe als klassischer Firmenwagen einen zu geringen Privatkundenanteil für die Shopping Mall, sagt Opels Marketing Direktor Christian Löer.

Der komplette Kaufprozess dauert laut Löer rund 15 Minuten. Darin enthalten sind eine Identitätsfeststellung per Kamera und eine Unterschrift per TAN – einfach so auf Rechnung liefert Cayu dann doch keinen Neuwagen. Wem das zu nervig ist, sagt Löer, der könne online bestellen und dann im Store den Kauf abschließen. Oder beim Einkaufsbummel eine Probefahrt machen und dann zuhause kaufen.

Stuttgarter sind Neuwagen-affin

Egal, ob im Shop oder im Internet: Die Verkaufsplattform bleibt gleich. Das soll nahtlose Übergänge zwischen Onlineshopping und Offline-Autokauf ermöglichen Egal, ob im Shop oder im Internet: Die Verkaufsplattform bleibt gleich. Das soll nahtlose Übergänge zwischen Onlineshopping und Offline-Autokauf ermöglichen Quelle: Opel Der nahtlose Übergang zwischen Online und Offline unterscheidet Opels Ansatz von Versuchen anderer Hersteller im Online-Autohandel. Auch das uneingeschränkte Bekenntnis zum Autohändler unterscheidet Opel von manchem Konkurrenten, der online seine Autos am Handel vorbei verkaufen wollte. Cayu funktioniert bundesweit, aber man kauft bisher immer bei Staiger in Stuttgart. Der liefert für 200 Euro Aufpreis in die ganze Republik. Rund um Stuttgart wird es natürlich billiger.

Von einem bundesweiten Franchise-Cayu-Netz wird der Opel-Verantwortliche Löer wohl träumen, reden mag er darüber noch nicht. Man wolle Erfahrungen sammeln und das Konzept im Betrieb verbessern, sagt er. Und das nicht zufällig in der Autostadt Stuttgart. Hier sitze eben der Partner. Hier habe man eine geeignete Shopfläche mit Stellplätzen für Probefahrzeuge gefunden. Und nicht zuletzt seien Autokäufer hier eben Neuwagen-affiner als beispielsweise in Berlin.

Wie man in einer Shopping Mall den Laden voll bekommt, weiß Opel: mit offenem WLAN. Gratiskaffee bietet man aus Rücksicht auf Kaffee verkaufende Mitmieter nicht an. Weitere Ideen? Über Opel-Merchandising wie Modellautos und Schirmmützen habe man nachgedacht. Und beim Autohaus Staiger kann man sich durchaus vorstellen, irgendwann auch den Gebrauchtwagenbestand digital in den Store zu holen.

Schöne neue Shoppingwelt also, nach dem Prinzip: Während Manfred aus Cannstatt im Elektromarkt die Hifi-Anlage konfiguriert, entscheidet sich Gattin Manuela für einen Opel Adam, kostet schließlich nur 139 Euro im Monat. Ob Platzhirsch Daimler im Zigarettenladen gegenüber schon Spione platziert hat, weiß man bei Opel nicht. Aber die Konkurrenz wird sehr genau hinschauen in Stuttgart. Fragt sich nur: Was passiert, wenn Cayu funktioniert? Findet man in einigen Jahren in jedem Einkaufszentrum 20 Auto-Stores und am Ende mangels Mietflächen keine günstigen Pullis mehr?

Avatar von bjoernmg
Renault
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