Ein Corsa GSI und mehr Ampera-e, aber deutlich weniger Vordertüren und Frontscheiben: Gegenüber "Auto, Motor und Sport" präzisiert die Opel-Führung ihre Zukunftspläne.
Rüsselsheim – Gab es zum Jahreswechsel im hessischen Rüsselsheim Champagner oder Evian? Kein Zweifel, in der mehr als einhunderfünfzigjährigen Geschichte von Opel war das Jahr 2017 ein ganz wichtiges. Nach fast 90 Jahren hatte der amerikanische Konzern General Motors seine verlustreiche deutsche Tochter Opel sowie die britische Marke Vauxhall an den französischen PSA-Konzern verkauft. Sehr schnell wurde klar: Es muss einiges anders werden. Kosten runter, Elektro-Strategie neu. Und natürlich: die Technik der alten Mutter durch die der neuen Mutter ersetzen. Wie das gehen soll, skizzierte die Opel-Führung im November bei der Vorstellung des Zukunftsplans „Pace“. Quelle: Opel Michael Lohscheller dürfte statt Schampus eher Rieslingsekt und Selters servieren. Denn Opel soll nicht nur deutsch bleiben, sondern sogar deutscher werden: „Das ist der Groupe PSA auch wichtig, schließlich hat der Konzern ja bereits drei französische Marken“, sagte der Opel-Chef der „Auto, Motor und Sport“. Im Interview mit der Fachzeitschrift präzisierte Lohscheller gemeinsam mit seinem Chefentwickler Christian Müller die Aussichten für die nahe Zukunft. Corsa GSI und Combo 2018Opel-Modelle sollen sich auch künftig deutlich von den französischen Schwestermodellen abgrenzen. Lohscheller nennt konkret „Design, Sitzen, Beleuchtung, Schalt- und Fahrverhalten“. Opel muss Tempo machen. Neun neue Modelle bis 2020 kündigt Lohscheller an, also im Schnitt drei pro Jahr. Welche das 2018 sein sollen, verrät er bereits: Im Frühjahr bringt Opel den Insignia GSI in die Autohäuser. In der zweiten Jahreshälfte präsentiert Opel einen Corsa GSI. Was das für die bisherigen sportlichen Topmodelle mit dem Kürzel OPC heißt? Man wolle „OPC neu und intelligent denken“, sagen die Opel-Manager – was heißen dürfte, dass es sie in aktueller Form bald nicht mehr geben wird. Dazwischen schiebt sich der komplett neue Opel Combo, gemeinsam entwickelt mit dem Citroen Berlingo. Aus heutiger Sicht eine glückliche Fügung: Aufgrund einer 2012 verabredeten Kooperation zwischen Opel und PSA wird Opel dann bereits drei Modelle im Programm haben, die auf der Technik der neuen Mutter basieren. Neben dem Combo sind das die neuen SUV Crossland X und Grandland X. Das erste Auto der neuen Opel-Ära folgt 2019 mit dem neuen Kleinwagen Corsa. Die Entwicklung des nächsten Corsa auf einer GM-Plattform zu stoppen, war eine der ersten Amtshandlungen der neuen Opel-Eigner. Schnell programmierte Rüsselsheim das Projekt auf eine PSA-Plattform um - ein Kraftakt. Elektro: Ampera bleibtDer Opel Corsa soll optional als reines Elektroauto erhältlich sein - und wird das zweite E-Modell im Programm, wie die Opel-Chefs betonen. Denn es gibt bereits den Ampera-e, zumindest in der Theorie. Das bei GM in Amerika gebaute Auto ist hierzulande praktisch nicht käuflich. Hat PSA das Projekt heimlich gestrichen? Nein, sagt Michael Lohscheller. Der Ampera-e werde ab Januar 2018 wieder bestellbar sein. „Wir versuchen, so viele Fahrzeuge wie möglich von GM zu bekommen“, sagt Lohscheller. Die Preisliste des bisher kaum verfügbaren Elektroautos umfasst neben dem voll ausgestatteten Ampera-e „Ultimate“ (48.385 Euro) das Modell „Plus“ für 42.990 Euro. Es soll in der zweiten Jahreshälfte verfügbar sein. Bis 2020 will Opel vier elektrische Autos anbieten, neben Corsa und Ampera den Grandland X Plug-in-Hybrid sowie ein „weiteres Modell“. 2024 soll es von jeder Europa-Baureihe einen E-Ableger geben. Lohscheller hatte im November klargestellt: die bisherige GM-Strategie hätte Opel nicht erlaubt, die gesetzlichen CO2-Ziele bis 2020 zu erreichen. Nun soll die Elektro-Offensive Opel „sogar in die Lage versetzen, eine Führungsrolle bei den CO2-Werten einzunehmen.“ Opelaner entwickeln in ParisDiese Führungsrolle soll nach Vorstellung der Opel-Chefs das Rüsselsheimer Entwicklungszentrum entscheidend gestalten: „Jeder Opel wird künftig in Rüsselsheim entwickelt“, sagt Entwicklungschef Christian Müller. Daneben sei Opel innerhalb der PSA-Gruppe zuständig für alternative und synthetische Kraftstoffe sowie für Wasserstoffantriebe und die Anpassung von PSA-Modellen an US-Standards. Quelle: Opel Opel werde künftig voll in die Konzernentwicklung integriert, ergänzt Müller. Opels Ingenieure sollen sich nicht auf die Adaption vorhandener Technik aus Frankreich beschränken. So habe Opel gerade seine besten Elektroantriebs-Spezialisten nach Paris entsendet, damit es beim Elektro-Corsa schneller geht. Aktuelle Baureihen auf GM-Basis wie Astra und Insignia werden wohl während ihrer Laufzeit keine PSA-Motoren bekommen: „Wir stellen nach und nach auf Konzerntechnologie der Groupe PSA um“, sagt Lohscheller. 2024 soll dies abgeschlossen sein. Von Frontscheiben und AutotürenBleibt die Kostenseite: Opel produziert zu ineffizient und zu teuer. Das lag zum Teil an Vorgaben aus den USA, die nun hinfällig sind. Aber nicht nur: „unsere Werke sind aktuell noch nicht ausreichend ausgelastet, die Produkte sind zu komplex, damit sind die Stückkosten zu hoch“, sagt Lohscheller der „Auto, Motor und Sport“. Am „Individualisierungs-Champion“ Adam will Opel zwar festhalten, trotz dessen Komplexität. Doch die Zahl der Varianten muss sinken, macht Entwicklungschef Müller deutlich. Konkret: Opel will bei jedem Modell diejenigen Optionen streichen, die von weniger als einem Prozent der Käufer gewählt werden. Dies spare deutlich, auch ohne Modellwechsel. Die Kürzungswelle wird ganze Ausstattungsvarianten betreffen, aber auch Details wie Farben oder Lenkräder. In manche Modelle baue Opel 24 verschiedene Lenkräder ein, sagt Müller. Damit nicht genug: Allein für den Corsa verwende Opel 16 unterschiedliche Frontscheiben, beim Insignia seien theoretisch 400 verschiedene Vordertüren möglich. 400 Türvarianten, das ist viel. Allerdings hat Opel diese Komplexität zuletzt mit der vielseitig konfigurierbaren „Exclusive“-Ausstattung selbst forciert. Das Individualisierungsprogramm für den Insignia wurde erst im März 2017 vorgestellt. Keine Frage: Hier und da muss Opel im Kopf noch umparken. Quelle: Auto, Motor und Sport |