Bisher dauert es 30 Jahre, neue Straßenbau-Technik "auf die Straße" zu bringen. Zu langsam. Klimawandel, mehr Verkehr und alternde Infrastruktur erfordern mehr Tempo.
Köln - Bastian Wacker hat eine für einen Bauingenieur untypische Gefühlsregung: Er freut sich über eine kaputte Straße. "Weil wir so die Straße besser verstehen können", erklärt Wacker. Der Boden auf dem Wacker steht, ist ein neues, riesiges Testgelände der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). Ein Areal entkoppelt vom normalen Auto- und Lastwagenverkehr, auf dem Ingenieure nach der Straße der Zukunft forschen. Ein Traum für Verkehrsplaner. Wie oft in Deutschland, hat dieser Techniker-Traum einen bürokratischen Namen: "Demonstrations-, Untersuchungs- und Referenzareal der BASt". Kurz heißt es "duraBASt". Dahinter verbirgt sich ein rund 25.000 Quadratmeter großes und etwa einen Kilometer langes Gelände unter freiem Himmel, auf dem neue Baustoffe, Bauweisen und Bauverfahren erprobt werden. Vieles davon klingt spektakulär: Selbstheilende und stromerzeugende Straßen, intelligente Brücken mit Sensoren, superschneller Straßenbau mit Beton-Fertigteilen wie beim Ikea-Regal. Mitte Oktober wurde eröffnet. Nun laufen die Projekte. Neue Herausforderungen für den StraßenbauQuelle: Picture AllianceWozu braucht man das? Projektleiter Stefan Höller verweist auf das steigende Verkehrsaufkommen, die alternde Infrastruktur und den Klimawandel: "Zum Beispiel wird es zukünftig längere und extreme Wettersituationen geben. Also nicht nur drei bis vier Tage 40 Grad - sondern womöglich vier bis sechs Wochen." Darauf müsse man schnell reagieren. Mit Entwicklungszyklen von 30 Jahren komme man nicht weiter. "Dann muss innerhalb von wenigen Jahren etwas da sein." 30 Jahre kann es derzeit dauern, bis eine Neuerung aus dem Labor den Weg in die Praxis schafft. Straßenbau ist konservativ. Vor allem ein Schritt frisst viel Zeit: Der Beginn einer ersten Erprobung unter realen Witterungsbedingungen. Das gibt es bisher zum Beispiel auf einem Parkplatz, einem Betriebshof oder einer Anliegerstraße. Von dem neuen Gelände erhofft man sich, genau diesen Schritt deutlich verkürzen zu können - nun gibt es ein eigenes Testareal mit realen und beherrschbaren Bedingungen für die Tests neuer Straßenbau-Technologien. Die selbstheilende StraßeBei Bastian Wackers Projekt malträtiert ein riesiges Fahrzeug eine Asphaltstraße. In dem Baugemisch ist aber ein neues Wundermittel enthalten: magnetische Partikel. Die Idee dahinter ist dieselbe wie bei einem Induktionskochfeld, das magnetische Töpfe erhitzen kann. Induktionsenergie lässt die magnetischen Teilchen im Asphalt schlagartig warm werden. Das Bitumen um sie herum dehnt sich aus, verändert seine Zähigkeit - und das verschließt kleine Risse. Man könne die Straße also von außen "heilen" und langlebiger machen, indem man sie mit einer Induktionsmaschine abfährt. "Der Topf ist die Straße und die Herdplatte ist das Induktionsgerät", erklärt Wacker. Aus heißem Asphalt wird Strom gewonnenEin weitere Idee: Straßen, die Strom erzeugen. Asphalt heizt sich im Sommer stark auf. Diese Energie kann genutzt werden. Das funktioniert über Rohrregister in der oberen Schicht der Straße. Mit einer Flüssigkeit - etwa Wasser oder einem Kühlmittel - wird die Energie abgeführt und später in Strom umgewandelt. Als Nebeneffekt sinkt die Temperatur in der Straße und im Sommer entstehen weniger Spurrinnen. Außerdem könnte man die Rohrregister im Winter auch mit wärmeren Wasser aus der Geothermie füllen - und so bei Frost weniger oder gar kein Salz mehr brauchen. Das "duraBASt"-Areal ist ein neues Gelände am Autobahnkreuz Köln-Ost, auf dem neuartige Baustoffe, Bauweisen und Bauverfahren erprobt werden. Es eröffnete Mitte Oktober. Die Verantwortlichen erhoffen sich, dass Innovationen dort schneller getestet und in die Praxis überführt werden können. Quelle: dpa |