Der Volkswagen ID Buzz ist die elektrische Neuauflage des legendären Bulli. Ausfahrt mit einem Concept-Car, das ab 2022 in ähnlicher Form beim Händler stehen soll.
Pebble Beach - Vor dem Hotel ein Dutzend Ferrari, auf der Küstenstraße drei Jahresproduktionen von Koenigsegg und Pagani, dazwischen mehr Bentleys als BMWs – kein Wunder, dass sich VW-Markenchef Herbert Diess hier ein bisschen fremd fühlt. Seine Marke hat beim noblen Concours d’Elegance in Pebble Beach so viel zu suchen, wie Pappteller im Sterne-Restaurant. Dennoch ist es ein Wolfsburger, der die meiste Aufmerksamkeit auf sich zieht: der ID Buzz. Testfahrt mit der elektrischen Neuauflage einer Legende. Das Ende der Tasten und Schalter scheint naheQuelle: sp-x / Volkswagen Die Formensprache erinnert an die berühmte erste Generation des VW Busses, den Bulli. Das Format entspricht mit beinahe fünf Metern Länge eher dem aktuellen T6. Das war es dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten zu bereits existierenden Serienmodellen: Beim ID Buzz öffnen die Türen automatisch, sobald man sich per Smartphone autorisiert oder die Kamera das Gesicht erkannt hat. Im Innenraum eine andere Welt: Selten hat VW ein Auto so weit auf das Wesentliche reduziert wie dieses. Alle Anzeigen werden vom Head-up-Display ersetzt und auch der letzte Schalter macht Platz für eines der vielen Sensorfelder. Die finden sich an den Türen und dem ungewöhnlich eckigen Lenkrad. Designchef Klaus Bischoff integrierte neben dem Blinker und der Steuerung des Infotainments gleich auch noch die Gangauswahl ins Volant. Wie jeder VW Bus bietet auch der ID Buzz viel Platz. Erst recht, wenn hinten nur ein verschiebbarer Klapptisch und ein riesiges Sofa montiert sind. Die Konstrukteure versprechen: Selbst wenn man ihn mit vollen acht Plätzen bestuhlt, sitzt man bequemer als im T6. Leergeräumt wächst der Kofferraum von 660 auf 4. 600 Liter. Hinter die Fronthaube passen weitere 200 Liter. Heck- oder Allradantrieb denkbarQuelle: sp-x / Volkswagen Der ID Buzz fußt auf dem modularen Elektrifizierungsbaukasten. Damit kann er in der Theorie mit einem E-Motor mit 150 kW (204 PS) bestückt werden. Oder als Allrader mit zwei Motoren und bis zu 275 kW (375 PS) vorfahren. Im besten Fall stets mit einem 111 kWh großen Akku, der für mehr als 600 Kilometer reicht. In der Praxis stammt die Technik des Buzz-Prototypen zu weiten Teilen aus einem ausgeschlachteten Golf E. Wäre dieser ID Buzz kein sündhaft teures Unikat, mit fragilen Spezialfelgen und besonders hohen, schmalen Reifen: Man könnte mit ihm bis zu 160 km/h schnell fahren und in weniger als 5 Sekunden von 0 auf 100 beschleunigen. Der Elektro-Prototyp wirkt schon nach ein paar Minuten ungeheuer vertraut. Denn gerade weil VW alles neu macht, ist der Bulli plötzlich wieder ganz der Alte: „Er bietet eine unerreichte Raumeffizienz, er ist variabel wie eh und je. Und er hat sogar wieder einen Heckantrieb “, sagt Dzemal Sjenar, der den Aufbau des Showcars leitete. Der gestreckte Daumen wird zum StandardgrußQuelle: sp-x / Volkswagen In der Theorie braucht der Bulli von Übermorgen keinen Fahrer mehr. Drückt man nur lange genug auf das VW Logo, verschwindet das Lenkrad irgendwo unter dem Armaturenbrett und der Autopilot übernimmt. In der Vision der Techniker kann man sich dann auch während der Fahrt nach hinten drehen, die Beine übereinanderschlagen und sich seinen Mitfahrern zuwenden. Während der Testfahrt reicht es schon, aus dem Fenster zu sehen, um die Reaktionen der anderen Verkehrsteilnehmer zu beobachten. Wo der ID Buzz auftaucht, bleiben selbst die Fahrer von Supersportwagen stehen und zücken die Handys, der gereckte Daumen wird zum Standardgruß. „Es gibt kaum ein VW-Modell, in dem einem so viel Sympathie entgegenschlägt und dass so eine Ikone ist“, sagt Diess. Nach einem halben Dutzend gescheiterter Anläufe scheint VW endlich ein moderner Bulli-Ableger gelungen zu sein. Marktstart: 2022. Preis: Moderat, bitte.Und es soll nicht bei diesem einen Concept-Car bleiben. Der ID Buzz geht in Serie. Vor 2022 findet die Wiedergeburt der Ikone allerding garantiert nicht zum Händler. Dort kommen andere ID-Modelle früher an: Der konventionelle ID im Golf-Formatsowie sein SUV-Ableger ID-Cross machen den Anfang. Auf den Buzz in ziviler und Liefervariante sollen dann noch mindestens zwei weitere ID-Modelle folgen. Nach den Testfahrten machen die die VW-Mannen ihr millionenschweres Einzelstück bereit für den großen Auftritt beim Concours d’Elegance. Einstweilen werden in den nahe gelegen großen Zelten im Akkord kostspielige Oldtimer versteigert. Bedürfte es noch weiterer Beweises für die Beliebtheit des Bullis, dort fände man sie. Denn gut erhaltene Exemplare aus den ersten Jahren wechseln zum Teil für deutlich mehr als 100.000 Euro den Besitzer. Das ist allerdings eine der wenigen Bulli-Eigenschaften, die VW nicht in die Zukunft retten sollte. Ganz so teuer darf der ID Buzz nicht werden, wenn er nicht nur Image- und Sympathieträger, sondern auch Erfolgsmodell werden will. |