Der japanische Zulieferer Kobe Steel hat Aluminium mit gefälschten Spezifikationen an die Autoindustrie geliefert. Die Hersteller prüfen nun, ob sie ein Problem haben.
Tokio – Japan gilt als Land, dem Perfektion heilig ist. Umso erstaunlicher die Pannenserie, der sich die japanische Autoindustrie in den letzten Jahren stellen musste. 2015 wechselte Honda den Konzernchef Ito aus, zum Teil, weil der Qualitätsprobleme beim Jazz Hybrid nicht in den Griff bekam. 2016 musste Mitsubishi Manipulationen bei Verbrauchstests eingestehen. Durch das ganze Jahrzehnt zieht sich die Takata-Affäre: Airbags des seit diesem Sommer insolventen Zulieferers lösten die größte Rückrufwelle der Automobilgeschichte aus. Nun stöhnt Japans Industrie unter dem „Metall-Skandal“. Ausgelöst hat ihn die „Kobe Steel Group“, Japans drittgrößter Stahlproduzent. Bei dem Hersteller kaufen Autobauer aus Japan und den USA genauso wie Flugzeugbauer, berichtet „Automotive News“. Die japanische Regierung hat den Zulieferer aufgefordert, schnell seine Versäumnisse aufzuklären. Denn Kobe Steel musste eingestehen: Rund vier Prozent der Aluminium- und Kupferprodukte, die man zwischen September 2016 und August 2017 ausgeliefert hat, waren falsch deklariert. Anders gesagt: Die Vorgaben der Kunden erfüllten diese Lieferungen nur auf dem Papier. Auch Produkte aus Stahl und Eisenpulver könnten betroffen sein. Die Daten zur Haltbarkeit und Belastbarkeit der Materialien waren von Mitarbeitern des Metallkonzerns gefälscht worden. Und zwar, wie der Konzern zugab, in allen vier japanischen Aluminiumfabriken von Kobe Steel. Das Vorgehen sei systematisch gewesen und reiche für einige Teile bis zu 10 Jahre zurück. Autobauer in AufruhrDie Kunden sind in jedem Fall alarmiert. Sie müssen nun zunächst herausfinden, ob sie ein Problem haben – und falls ja, ob es sicherheitsrelevant ist. Kobe Steel hat die Aluminiumproduktion in den letzten Jahren stark ausgeweitet, weil immer mehr Autos zum Teil aus dem leichten Werkstoff bestehen. Toyota gab an, Metalle von Kobe Steel in Motorhauben, Hecktüren und weiteren Teilen zu nutzen. Die Materialien seien nur in Japan verarbeitet worden. Die falschen Daten stellten einen "schwerwiegenden Vorfall" dar. Honda verwendet Metalle von Kobe Steel nach eigenen Angaben für ähnliche Zwecke. Auch Nissan nutzt die Metalle zum Beispiel für Motorhauben und befürchtet: Sollten die Spezifikationen nicht eingehalten worden sein, könnte der Fußgängerschutz beeinträchtigt sein. Mazda, Mitsubishi, Suzuki und Subaru prüfen dem Bericht zufolge ebenfalls, in welchen Modellen die Rohmaterialien verwendet wurden und ob Auswirkungen auf die Sicherheit oder Qualität der Fahrzeuge möglich sind. Laut Kobe Steel wurden insgesamt bis zu 200 Kunden mit dem falsch deklarierten Metall beliefert. Welche das genau sind, veröffentlichte der Zulieferer nicht. Laut der US-Nachrichtenagentur Bloomberg zählen neben den japanischen Autobauern auch Ford, General Motors oder Boeing zu den Kunden von Kobe Steel.
Quelle: Bloomberg; Reuters; Automotive News |