Neue Richtung im VW-Konzern: Getriebe werden kompakter, leichter und bekommen weniger Gänge. Der erste Prototyp könnte bald in Plug-in-Hybriden arbeiten.
Wolfsburg – Zehn Gänge waren das Ziel. VW stellte 2014 das Doppelkupplungsgetriebe „DQ511“ vor, eine automatische Schaltbox mit zehn Last- und zwei Zusatzgängen. Der Plan: Durch besonders enge Gangstufen Sprit sparen. Der Motor sollte stets in seinem optimalen Drehzahlbereich gehalten werden. Daraus wurde nichts. Der Zehngang-Prototyp ist verschrottet, die Testergebnisse liegen im Archiv. VW verfolgt eine neue Taktik: Strom statt Gänge. Getriebe werden leichter, kleiner und einfacher. Elektromotoren überbrücken Bereiche, die für Verbrenner unwirtschaftlich wären. Voraussetzung dafür ist ein 48-Volt-Bordnetz und ein (Riemen-)Startergenerator oder ein Elektro-Turbo. Vario.Drive: Hybrid-Getriebe für den LängsbaukastenEine weitere Option heißt Vario.Drive. So nennt der VW-Konzern das Getriebe für zukünftige Plug-in-Hybride. Die groben Daten: ein Planeten-Radsatz, vier Vorwärtsgänge, keine Hydraulik, dafür Klauenkupplungen. Hinzu kommen zwei variable Gänge und fünf elektrische Schaltstufen. Halb Wandlerautomatik, halb CVT also. Der Konzern spricht von einem besseren Wirkungsgrad – aber noch nicht über die Funktionsweise. Der Prototyp passt in den Längsbaukasten des VW-Konzerns. Möglicher Einsatzort: Audi-Modelle ab der Baureihe A4. Die Antriebswellenflansche sitzen vorn an der Getriebeglocke, noch vor dem Wandler. Den Elektromotor (bis 150 kW) baut VW ganz hinten im Getriebe ein. Diese Bauform verlagert Gewicht zum Fahrzeugheck. Eine solche Auslegung ist nur für den VW-Konzern interessant. Kein anderer Hersteller kombiniert Längsmotoren und Frontantrieb. Allradantrieb im klassischen Sinne lässt sich mit dem Vario.Drive nicht realisieren, Hinterradantrieb schon gar nicht. Der Elektromotor sitzt dort, wo normalerweise die Kardanwelle andockt. Ein weiterer E-Motor könnte sich um die Hinterachse kümmern. Ein Getriebe ausschließlich für Plug-in-HybrideViel sagt VW nicht zu diesem Getriebe. Ein Absatz in der Pressemappe, dazu ein dreiminütiges Gespräch. Bei Audi kennt man es noch gar nicht. Aber der Prototyp zeigt zwei wichtige Dinge. Zum einen: Der Trend zu mehr Gängen ist zumindest konzernintern beendet. Aktuell liegt das Maximum bei acht. Mit zunehmender Hybridisierung wird diese Zahl sinken. Zum anderen, und noch viel wichtiger: Hybrid wird endlich ein relevantes Thema im Konzern. Bisher war der Aufwand möglichst gering. Die Elektromotoren von Plug-in-Hybriden steckten in überarbeiteten Getriebeglocken von Seriengetrieben. Quasi überarbeitete Stangenware. Das Vario.Drive wird das erste Hybrid-Getriebe ohne Verbrenner-Verwandtschaft im Konzern. Ob und wann es kommt, ist allerdings nicht bekannt. |