Ein abgespeckter 911 für Puristen soll der 911 T sein. Ist der Porsche das, und damit eine ernsthafte Alternative - oder doch nur eine Marketingblase? Erste Fahrt.
Von Peter Ruch Monaco - Es begann vor genau 50 Jahren, 1967, als aus dem vorher singulären Porsche 911 der 911 S, der 911 L und der 911 T hervorgingen. Der L entsprach dem Vorgänger, der S hatte 160 anstatt 130 PS und der T (für Touring) war als Einstiegsmodell gedacht. Ihm mussten daher 110 PS ausreichen. Nun spielt Porsche wieder mit den klassischen Kürzeln. Es gibt erneut einen 911 T, und er soll die Puristen ansprechen. Was sich geändert hat: Als Einstiegsmodell wie einst geht der Porsche 911 T nicht mehr durch. Er kostet immerhin 9.639 Euro mehr als ein „einfacher“ 911 Carrera - und das, obwohl er über weniger Ausstattung verfügt, auf den ersten Blick. Denn ganz so einfach ist es nicht. Was ist anders?Quelle: PorscheDer 911 T verfügt über eine Heckscheibe und Fondseitenscheiben aus Leichtbauglas, die Türen werden über sehr hübsche Schlaufen geöffnet. Weiterhin reduzierte Porsche die Dämmung und entfernte die +2-Rücksitzbank. Das manuelle Siebengang-Getriebe ist kürzer übersetzt und wird über einen verkürzten Schalthebel bedient. Hinzu kommen eine mechanische Hinterachs-Quersperre und ein feines Sportfahrwerk mit 20 Millimeter Tieferlegung. Innovation bei Porsche: Weniger kostet nicht weniger. Man kann, immerhin ohne Aufpreis, auf das gesamte Infotainmentsystem verzichten. Dann also kein Radio, kein Navi, dafür eine zusätzliche Ablage in der Mittelkonsole. An die Flanke zauberte mutmaßlich ein Grafik-Azubi etwas bescheidene Streifen. Auch die Rückspiegel in Anthrazit können je nach Außenfarbe unpassend wirken. Großartig dagegen: die Vollschalensitze, die sind in diesem Elfer ein Muss. Und was bringt das?Zuerst einmal: 20 Kilo weniger. Gut, das sind nicht einmal zwei Prozent des Leergewichts (jetzt: 1.425 kg). Wer behauptet, dass er das beim Fahren spüren kann, der muss über einen höchst sensiblen Hintern verfügen. Da bringen das Sportfahrwerk und die Sperre sicher mehr, die es gegen Aufpreis aber auch im Carrera gibt. Wer ein wahrer Auskenner ist, der mag die kürzere Übersetzung zu schätzen wissen. Sie beschleunigt den 911 T in 4,5 Sekunden anstatt 4,6 Sekunden auf 100 km/h. Bei der Höchstgeschwindigkeit liegt der „profane“ Basis-Carrera dagegen 2 km/h vorn, also bei 295 km/h statt nur 293 km/h. Erstaunlich: Die Werksangabe für den Verbrauch liegt beim 911 T (9,5 Liter/100 km) satte 1,2 Liter über der des Carrera (8,3 Liter/100 km). Eine Erklärung dafür mag ebenfalls in der Getriebeübersetzung zu finden sein. Beide Modelle werden vom gleichen 3,0-Liter-Turbo mit 370 PS angetrieben. Und was bringt das wirklich?Eigentlich: gar nichts. Außer natürlich: mehr Euro in die Porsche-Kasse. Im Fahrbetrieb verhält sich der 911 T genau wie ein Carrera. Vielleicht klingt er etwas besser, heller und bissiger, aber das ist ein subjektiver Eindruck. Ansonsten hat man auch in diesem Modell das Gefühl, nicht komplett übermotorisiert zu sein. Der 3,0-Liter-Turbo hängt feiner am Gas als die meisten anderen zwangsbeatmeten Motoren, ein Loch kennt er eigentlich nicht. Die 450 Newtonmeter maximales Drehmoment liegen zwischen 1.700 und 5.000 U/min an. Und trotzdem: Bei einem Porsche 911 dürfte es ruhig etwas mehr sein. Man erwartet den Knall, das gewisse Quäntchen „zu viel“. Und das hat der T so wenig wie der Carrera. Dies ist, zugegeben, Jammern auf einem sehr, sehr hohen Niveau. Die Fahrfreude, die dieser Elfer bietet, ist und bleibt großartig, der Lärm eine schöne Musik. Es ist immer wieder bewundernswert, wie gnadenlos sich so ein 911 stundenlang über Bergstraßen und Autobahnen treiben lässt und dabei einfach nur Spaß macht. Quelle: Peter Ruch für mobile.de Anders als in früheren Dekaden gelingt die Beherrschung dieser Spaßmaschine heute schmerzfrei. Man muss nicht mehr wie Walter Röhrl fahren können, um ihn quer durch die Kurve zu treiben. Die Gangwechsel mit dem kurzen 911-T-Hebelchen sind ein Genuss und ein kleiner Höhepunkt im neuen Modell. Ob das den Aufpreis rechtfertigt? Zumal: Sechs Gänge statt derer sieben würden vollkommen ausreichen. Sein oder Schein?23 Varianten zählt die 911er-Baureihe mittlerweile. Porsche schafft es, auch noch die kleinste Nische auszuwringen. Daher sind die 23 Varianten sicher nicht das Ende der Fahnenstange: Man darf davon ausgehen, dass es auch vom Carrera S noch eine T-Variante geben wird. Auch beim GT3 ist noch Luft, wie die neue Touring-Version aufzeigt. Der Porsche 911 T wäre ganz prinzipiell eine interessante Alternative, wenn er denn wirklich konsequent und puristisch auf Leichtbau getrimmt worden wäre. Ist er aber nicht. Es verbleiben so manche Gimmicks, die niemand braucht. Den erwähnten siebten Gang muss man nennen. Die Zwischengas-Einblendung beim Herunterschalten ist unnötig. Die Cupholder bleiben unschön, an der Innenverkleidung dürfte durchaus noch mehr gespart werden. Der 911 T macht, liebe Porsche-Fahrer, nur dann Sinn, wenn man ihn wirklich nackt bestellt. Das wird aber nur selten geschehen. Oder würdet Ihr gern auf das PDK und ein Navi verzichten? Dann allerdings seid Ihr wieder dort, wo man mit dem Carrera auch sein kann - für weniger Geld.
Porsche 911 T: Technische Daten
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