Die große Freiheit braucht nicht viele Kilometer. MOTOR-TALK-Mitarbeiterin Marlene ging im gemieteten VW T3 Campervan auf die Suche nach der Langsamkeit. War leicht zu finden.
Quelle: ausblenden.de I Marlene Gawrisch Aufgezeichnet von Heiko Dilk Berlin – Langsam kommt man auch ans Ziel. Vor allem, wenn das Ziel aus ganz vielen Zielen besteht. Also: aus dem Weg. Wir wollten ganz bewusst anders Urlaub machen. „Entschleunigt“, wie man so sagt. Ohne Zeitplan wollten wir die Küste entlang fahren, durch Deutschland bis hoch nach Dänemark. Und ich wollte schon immer mal mit einem Campingbus verreisen. Zum Glück kann man Bullis mieten. Vom T6 bis zum T2, mit Klapp- oder Hochdach. Wir entschieden uns für „Rent a Bulli“ – vor allem, weil die in Berlin ansässig sind. VW-Bus-Vermietungen gibt es an allen Enden der Republik (siehe unten). Rent a Bulli hat neben aktuellen VW T6 California auch elf T3 im Angebot. Das sind California oder Atlantic, überwiegend mit Hochdach. Das passt. Der VW T3 ist das perfekte Auto für die Entschleunigung. Wenn die geballte Leistung eines 1,6-Liter-Diesels an der Hinterachse reißt, misst man Beschleunigung nicht in Sekunden, sondern eher in Epochen. Aber darum ging es ja: Viel sehen, ohne viel zu fahren. 60 Liter Frischwasser im TankQuelle: ausblenden.de I Marlene Gawrisch Unser T3 Atlantic hörte auf den Namen „Whity Whiteman“ und kam mit allem, was man für die Reise braucht. Besteck, Geschirr, Kocher und Kühlschrank mit genügend Gas für zwei Wochen, 60-Liter-Frischwasser-Tank, 30-Liter-Abwassertank, reichlich Stauraum und bis zu vier Betten. Von denen wir aber nur zwei brauchten. Nicht schneller als 100 km/h sollten wir fahren, gab uns der Vermieter mit auf den Weg. Aber weder der 69 PS starke Vierzylinder noch das Fahrverhalten des T3 animieren dazu. Mit viel Spiel im Lenkrad und mit ohne Hast durchgeführten Schaltvorgängen ging es von Berlin Richtung Norden. Zunächst nach Prerow an die Ostsee. Dann führte der Weg die Küste entlang gen Poel. Der Stopp dort sollte nur einen Tag dauern, doch wir verdoppelten, weil wir direkt nach der Ankunft Tilo kennenlernten. Auch T3-Fahrer, genau wie wir mit Elch-Aufkleber am Hochdach. Er bot uns Strom und tolle Gesellschaft. Sein Bulli war allerdings weniger fancy als Whity. Für 10.000 Euro hatte er den bereits zum Camper umgebauten Transporter gekauft und dann selbst noch Arbeit reingesteckt, um ihn auf seine Bedürfnisse anzupassen. VW T3 bei mobile.de finden Der Atlantic als edler CaliforniaQuelle: ausblenden.de I Marlene Gawrisch Beim Atlantic war das früher nicht notwendig. Der war damals so etwas wie die Nobelversion des California. Mit Außenspiegeln in Wagenfarbe, Kunststoff-Isolierfenster hinten und rundum ein bisschen mehr schwarzem Kunststoff. Innen fanden wir unseren T3 richtig wohnlich und für seine immerhin 27 Jahre und 355.000 Kilometer noch gut beisammen. Der Motor hat allerdings weniger auf der Uhr. Rent a Bulli baut überholte Motoren ein und ergänzt sie um einen Ölkühler. Das Hochdach gab es nicht auf allen Varianten. Wie beim California baute VW auch Versionen mit Klappdach. Das mag etwas unpraktischer sein, weil lichte Höhe fehlt, aber auf unserem Weg Richtung Nordsee hätte es Vorteile gehabt. Bei frischem Wind wird der Atlantic seinem Namen erst richtig gerecht: Er beginnt wie auf Wellen zu tanzen. Als aus Wind Orkanböen wurden, blieb schließlich nur: Tempo reduzieren und Warnblinkanlage an. Mit 60 km/h krochen wir zum Teil die Küste entlang. So viel Entschleunigung hätte es dann doch nicht unbedingt sein müssen. Fast 1.800 Kilometer in zwei WochenQuelle: ausblenden.de I Marlene Gawrisch Unser Zwischenziel, die dänische Insel Rømø, erreichten wir trotzdem ohne Zwischenfälle. Einmal mit dem Camper auf den Strand, das sollte schon sein. Auch, wenn man dort leider nicht häuslich werden darf. Die Insel ist Naturschutzgebiet, ihre einzigen beiden Campingplätze liegen nicht am Strand. Aber wir fanden einen Stellplatz gegenüber auf dem Festland. Campingplätze haben wir ohnehin gemieden. Unser Miet-Bulli kam mit der Lizenz zum Bauernhof-Camping. Das nennt sich „Landvergnügen“, mit der Mitgliedschaft darf man bei 585 Höfen in Deutschland auf Privatgrund sein Lager aufschlagen. Mal inklusive Toilettenbenutzung, mal ohne. Und oft ganz weit ab vom Schuss. Insgesamt kamen auf unserer Reise an Ostsee und Nordsee, durch Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und die brandenburgische Uckermark 1.796 Kilometer zusammen. Nicht viel für 14 Tage, aber das war ja der Plan: bloß nicht stressen. Bulli mieten: Was es gibt und was es kostetZahlreiche Vermietungen in Deutschland haben sich auf Campingbusse spezialisiert, meist von von VW. Vor allem in größeren Städten gibt es oft sogar mehrere, die um Kundschaft konkurrieren. Allein in Berlin gibt es mit "Rent a Bulli", Bulli 4 Rent, "Bulli Holiday" und "Vanarama" mehrere Anbieter zur Auswahl. Wobei Vanarama nur T5 und T6 im Angebot hat. „Main Bulli“ unterhält zwei Standorte in der Mitte Deutschlands. Indievans vermietet hauptsächlich Fahrzeuge in Dresden und Bremen. Wer mit einem neueren California zufrieden ist, findet deutlich mehr Angebote. In Hamburg etwa vermietet Ahoi Bullis neue T6 California, Cali-Camper ist an mehreren Standorten vertreten. In München gibt es „Camperboys“. Außerdem lassen sich über Vermittler wie Campanda oder Paul Camper alle möglichen Wohnmobile von privat leihen. Die Preise variieren je nach Saison und Anspruch. Ein T3 kostet in der Hauptsaison üblicherweise zwischen 70 und 90 Euro pro Tag. In der Nebensaison wird es günstiger. Ein Blick auf die Mietbedingungen gibt Aufschluss darüber, was alles an Bord ist. Für ein Vorzelt oder einen Fahrradträger verlangen die Vermieter Aufpreis, Kochgeschirr und Besteck sollte an Bord sein. Versicherung ist oft, aber nicht überall inklusive. Die Kilometerzahl wird vor allem bei den T3 gerne begrenzt. Hier dürften 200 Kilometer pro Tag allerdings für die meisten Nutzer völlig ausreichend sein. Gerade in der Hauptsaison gilt es zu bedenken, dass man die Bullis oft für längere Zeiträume am Stück ausleihen muss.
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