Lang, praktisch, gut: Volvo Kombis gelten seit Jahrzehnten als zuverlässige und robuste Alleskönner – so wie der V70 Typ B. Nur ein paar Mängel stören beim großen V.
Berlin – Eine freie Assoziation zu Volvo ergibt: Schweden, Elche und Kombi. Mit dem V70 verkaufte Volvo ab 1996 einen großen Mittelklassekombi. Vorher hießen die kastenförmigen Alleskönner 850 Kombi, davor 740. Was alle eint: Sie bieten sehr viel Platz, zuverlässige Technik und ein eigenständiges Design. Ganz gleich, ob Diesel, Benziner oder Gasantrieb: So robust der V70 auch sein mag, Autokäufer sollten bei dem praktischen Schweden genau hinschauen. Denn auch er kommt ohne ein paar Mängel nicht aus. Es gibt zwar keine typischen großen Schäden, dafür aber einige kleine Macken. Einen guten Überblick gibt das Volvo-V70-Forum und die FAQ für einige Volvo-Modelle. In der Gebrauchtwagen-Kaufberatung gehen wir auf die häufigsten Mängel und Schäden ein. Historie | ModellwechselAls viele Hersteller wie VW entweder Kleinwagen wie den Käfer oder gleich Transporter wie den Bulli bauten, mischte Volvo schon früh beide Konzepte. Mit dem PV445 Duett zeigten die Schweden 1949 eine Kombiversion des PV444, besser bekannt als Buckel-Volvo. 1952 kamen die ersten PV445 DH zu den Kunden, für Volvo gleich zwei (Duett-)Autos in einem: ein Transporter für wochentags und ein Familienauto fürs Wochenende. Bis 1969 lief der Duett in verschiedenen Versionen von den Bändern, es folgte der kleinere P145. Aus diesem Box-Design entwickelte sich ab 1974 der 245, jahrelang ein Referenzmodell in Sachen Fahrzeugsicherheit. Die Nachfolger 740 und 850 hielten an dem Design fest, der V70 in den Grundzügen auch. Ganze 11 Zentimeter wuchs der Kombi nun auf 4,82 Meter. Mitte 2011 erneuerte Volvo den V70 mit ein paar optischen Retuschen im Innenraum leicht, zwei Jahre später folgte ein etwas größeres Facelift. Erkennbar sind die letzten Modelle unter anderem an geändertem Kühlergrill mit vier verchromten Lamellen, Seitenspiegel inklusive LED-Blinker sowie Chromleisten unter den Rückleuchten. Unter der Haube überarbeitete Volvo unter anderem die Fünfzylinder-Diesel. Ein paar Rückrufe zwangen den V70 in die Werkstätten. Bei Fahrzeugen, gebaut zwischen August 2007 und Juni 2013, kann der Scheibenwischer seine Arbeit plötzlich aufgeben. Fahrzeuge mit 2,0-Liter-Diesel des gleichen Bauzeitraumes haben unter Umständen Probleme wegen eines defekten Rückschlagventils, wobei dann der Bremskraftverstärker ausfallen kann. Modelle mit manuellem Sechsgang-Getriebe können Schaltprobleme wegen gelöstem Kugelbolzen bekommen. Dieselmotoren mit Partikelfilter plagen hohe Motorölverdünnungen, die zu Motorschäden führen können. Beim 1,6-Liter-Dieselmotor kann unter Umständen die elektrische Servolenkungspumpe ausfallen, beim Fünfzylinder-Diesel gleich der Riemenspanner für alle Nebenaggregate. Laut ADAC hat Volvo aber alle Rückrufe durchgeführt und abgeschlossen. Wichtig bei einer Besichtigung ist es dennoch, dass der Rückruf und die Reparatur des betroffenen Fahrzeugs vermerkt sind, am besten durch eine Bestätigung der Werkstatt. KarosserieEin Volvo-Kombi ist immer noch der Inbegriff des praktischen, großen, aber auch schicken Kombis. Im Vergleich zu Audi A6 Avant und BMW 5er Touring bietet der Volvo vor allem eine eckige Karosserie und reichlich Stauraum. Auf 4,82 Meter finden fünf Passagiere locker Platz, dazu kommt ein Kofferraumvolumen von mindestens 575 Liter, Audi kommt auf 565 Liter, BMW nur auf 500 Liter. Praktisch: Die Beifahrerrücklehne lässt sich nach vorne umklappen und die Rücksitzlehne im Verhältnis 40/20/40 umlegen. Im Vergleich zu den Vorgängern änderten die Designer beim V70 III vor allem den Innenraum. Statt kantiger Ikea-Hütte schwebt in der Mitte eine stylische Mittelkonsole. Die Sitze sind angenehm straff, bieten ausreichend Seitenhalt und Komfort, sodass auch lange Strecken über mehrere Stunden ermüdungsfrei abgerissen werden können. Rost knabbert am Schwedenstahl ganz gerne, man sollte es nicht meinen. Ein MOTOR-TALKer schreibt: „Mein V70 ist gerade fünf Jahre alt geworden und hat gerade im vorderen Bereich Rost. Ich war etwas geschockt, als ich das zum ersten Mal sah und dachte eigentlich, das Rost bei einem jungen V70 eigentlich kein Thema sein sollte.“ Laut einem anderen MOTOR-TALKer liegt das an "mangelhafter oder fehlender Beschichtung der Bauteile". Der vordere Motorträger sei ein typisches Bauteil, genau wie die Deckel der Einspritzpumpe. "Sieht nicht schön aus, aber wird auch für die nächsten 5 Jahre sicher keine Funktionsbeeinträchtigung mit sich bringen." Bei den regelmäßigen Kontrollen des TÜV fällt der Volvo nicht wegen übermäßigem Rost an der Karosserie auf. Nur die Auspuffanlagen machen beim Vorgänger ab dem elften Jahr Ärger. Ein Blick in die Radkästen, der Heckklappe und dem Unterboden bei der Besichtigung kann jedenfalls nicht schaden. Motor | GetriebeFür einen eher kleinen Hersteller bot Volvo für den V70 im Laufe seiner Bauzeit zahlreiche Motorvarianten an. Bei den Ottomotoren mit vier, fünf und sechs Zylindern reicht die Leistung beim 2.0 von 107 kW/145 PS bis zu 224 kW/305 PS beim T6 AWD, insgesamt standen 15 Varianten zwischen 2007 und 2016 zur Wahl. Auch bei den Dieseln bot Volvo eine große Auswahl: Gleich 17 Varianten wurden in dem Zeitraum gebaut, vom kleinen 1,6-Liter-Vierzylinder mit 80 kW/109 PS bis zum D5-AWD-Fünfzylinder mit 158 kW/215 PS und einem Drehmoment von 440 Newtonmeter. „Grundsätzlich gilt der V70 auch bei hohen Laufleistungen als solide“, schreibt ein Motor-Talker. Ein anderer meint, „180.000 km sind sicher kein Problem, der Motor ist kraftvoll und muss nicht an der Drehzahlgrenze gefahren werden.“ Eine sehr ausführliche Kaufberatung gibt es hier auf MOTOR-TALK. Demnach seien die Motoren "sehr solide" und könnten hohe bis sehr hohe Laufleistungen erreichen. Es gibt wenige Motorschäden, ausgenommen das Problem mit der Motorölverdünnung bei einigen Dieseln. Die meisten Probleme beziehen sich auf die Nebenaggregate des Triebwerks. Grundsätzlich kann der Volvo-Kenner alle Motoren empfehlen. „Bei den Dieseln, besonders bei Laufleistungen über 130.000-140.000 km immer einen Blick auf die Injektoren werfen, diese werden bei modernen Common Rail Dieseln gerne undicht“, schreibt er. Auch die Getriebe, ganz gleich ob manuell oder automatisch, gelten in der Regel als zuverlässig und haltbar. Sogar die Haldex-3-Kupplung bei den Allradmodellen AWD macht kaum Kummer. Wenn doch, dann ist es am Brummgeräusch schnell zu hören. Meist liegt die Ursache an einem defekten Lager am Eingang des Differenzials. Ob Handschalter oder Automatik ist meist Geschmackssache, ein MOTOR-TALKer schreibt dazu: „Pflicht ist für mich persönlich Automatik. Harmoniert gut mit den kräftigen Dieseln und passt gut zum komfortablen Grundcharakter des V70.“ FahrwerkLaut TÜV Report schlägt sich der Volvo gut, aber nicht super. Bei der Bremse, der Beleuchtung und den Achsfedern sowie den Dämpfern schneidet der V70 im Schnitt besser ab als vergleichbare Fahrzeuge. Bei noch jungen Modellen halten auch Auspuffanlage und Achsaufhängung. Kommen die Fahrzeuge jedoch ins Alter, machen dem Kombi vor allem Lenkanlage und Lenkgelenke zu schaffen. An den Achsen knabbert der Rost ebenso wie an den Bremsschläuchen bei Autos, die älter sind als fünf Jahre. Hier monieren die Prüfer außerdem häufig verschlissene Bremsscheiben. Interessenten können aber auf einer schlechten Straße oder Kopfsteinpflaster ausgeschlagene Buchsen erkennen. Klappert und scheppert es unterm Auto, sind die Lager meist hin. Eine ausgeschlagene Lenkung können selbst Laien feststellen: Knarzt und knackt die Lenkung beim Drehen im Stand, kann sie kaputt sein. Die Reparatur kostet über 1.500 Euro und macht das Auto dann oft uninteressant. Wer sparen will, achtet noch auf das Reifenprofil, vor allem an der Vorderachse. Durch die starken Motoren frisst der Volvo gerne Profil. Sitzen neue Gummis auf den Rädern, hat der Käufer erstmal Ruhe. Je nach Motor und Getriebe zieht der V70 mit Anhängerkupplung bis zu zwei Tonnen, 1.600 bis 1.800 Kilogramm sind auch bei schwächeren Antrieben drin. Wer oft viele Lasten zieht, sollte einen starken Motor wählen. Ausstattung | SicherheitDer Volvo V70 kam in den Ausstattungen Kinetic, Momentum und Summum, außerdem gab es diverse Sondermodelle und Designpakete. Schon in der Basis gibt es Fahrer-, Beifahrer-, Seiten- und Kopfairbags, ESP und aktive Kopfstützen. Mit der Ausstattung Summum kommen Bi-Xenon-Scheinwerfer und Lederpolster hinzu. Ein MOTOR-TALKer empfiehlt „Sonnendach und belüftete Sitze und ein ordentliches Soundsystem (Dynaudio oder Premium Sound). Nicht nötig: Niveauregulierung (bei mir zumindest) und E-Sitze. Aber auch das ist Geschmackssache. Die E-Heckklappe ist super, aber sowieso Serie“, schreibt er. Marktsituation | PreiseBei den schicken und komfortablen Kombis der oberen Mittelklasse hält der Volvo V70 zwischen Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse eine besondere Stellung. Der Schwede wurde seltener, wenn auch nicht wenig, verkauft. Das macht sich auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt bemerkbar: Das Angebot an V70-Fahrzeugen in Deutschland ist überschaubar. Derzeit werden bei mobile.de 700 Fahrzeuge angeboten, zu Preisen ab 8.000 Euro. Gepflegte Modelle mit zwölfmonatiger HU, weniger als 150.000 Kilometer Laufleistung und einem ausgefüllten Scheckheft kosten mindestens 10.000 Euro – nur 240 Fahrzeuge finden sich derzeit auf mobile.de. Fazit | EmpfehlungGroßer Kombi, kleine Auswahl. Sucht man sich einen passenden V70 in der Ausstattung Momentum, ab dem Facelift 2013, schrumpft das Angebot auf rund 40 Fahrzeuge zusammen, die Preise beginnen bei etwa 15.000 Euro. Trotz der aktuellen Diesel-Situation würden wir zu einem der bärenstarken Fünfzylinder-Diesel wie dem D4 (181 PS) greifen. Wenn es ein Benziner sein sollte, dann einen T4 (ab 180 PS). Dann kommt zu der Volvo-Assoziation von Schweden, Elche und Kombi noch Leistung hinzu. ***** In eigener Sache: Du willst regelmäßig die besten Auto-News lesen? Dann abonniere unseren wöchentlichen E-Mail-Newsletter oder täglichen Whatsapp-Newsletter (Mo-Fr). Es dauert nur 1 Minute. |
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