Carbon, Alu, Magnesium: Das E-Auto kommt auch ohne Leichtbau aus
Beim Stromer darf es ruhig etwas mehr sein
Der Leichtbau spielt bei Verbrennern eine wichtige Rolle. Bei E-Autos hingegen sieht das anders aus. Denn effizienter werden Stromer durch Leichtbau nur im Promillebereich.
Köln - Kaum ein Auto oberhalb der Kompaktklasse kommt heute ganz ohne teure Leichtbaumaterialien aus. Doch der Trend zur Massen-Minimierung hat seinen Höhepunkt überschritten. Künftig wird das Gewicht bei Autos wohl wieder eine geringere Rolle spielen. Denn dem E-Mobil sind ein paar Pfund zu viel relativ egal.
Sogar üppige 300 Kilogramm Ballast steckt ein Elektroauto ziemlich locker weg. Das hat eine Studie des Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen ergeben. Die Wissenschaftler haben den Stromverbrauch eines Tesla ohne Zusatzgewicht sowie mit 100, 200 und 300 Kilogramm miteinander verglichen. Bei der Leerfahrt lag der Verbrauch bei 17,77 kWh auf 100 Kilometern. Mit 300 Kilogramm extra stieg er lediglich auf 17,87 kWh – ein Unterschied von 0,6 Prozent.Das Phänomen ließ sich nicht nur bei der insgesamt recht schweren Limousine Tesla S beobachten, sondern auch beim deutlich leichteren Kleinwagen BMW i3. Dort lag die Verbrauchsdifferenz zwischen Leerfahrt und 300-Kilo-Ballast zwar immerhin bei 4,4 Prozent, umgerechnet in Benzinverbrauch sind das aber auch nur 0,3 Liter. Bei einem konventionell angetriebenen Auto würde der Mehrverbrauch bei gleicher Zuladung wohl rund das Dreifache betragen.
Wer bremst, gewinnt
Den Grund für den geringen Mehrverbrauch durch Mehrgewicht sieht die CAR-Studie in der umfassenden Bremskraftrückgewinnung von Autos mit Elektromotor. So muss zwar wie auch bei konventionellen Autos jedes zu bewegende Kilogramm unter großem Energieeinsatz beschleunigt werden, durch die starke Rekuperation des E-Antriebs wird aber auch ein größerer Anteil davon zurückgewonnen.
Natürlich ist nach wie vor ein leichtes E-Mobil sparsamer als ein schweres. Doch als Dogma bei der Fahrzeugentwicklung eignet sich der Leichtbau nicht mehr. „Die Entwickler müssen umdenken“, so CAR-Leiter Ferdinand Dudenhöffer. Schwer fallen dürfte ihnen das nicht. Denn Leichtbau kostet viel Geld. Spielen Carbon, Alu und Magnesium nicht mehr genug Effizienzvorteile ein, lohnt sich die Investition nicht.E-Mobile sind aufgrund der kostspieligen Akkus teuer genug. Was sich an anderer Stelle sparen lässt, wird also umso schneller gestrichen. Ein Umstand, auf den auch Stahlhersteller wie ThyssenKrupp setzen. Die Essener haben berechnet, dass ein durchschnittliches Elektrofahrzeug bei 100 Kilogramm Gewichtsreduktion nur acht Kilometer an Reichweite gewinnt. Der Konzern rechnet damit, auch in Zukunft noch jede Menge Stahl an die Autohersteller liefern zu können.
Carbon für die Optik, statt für den Leichtbau
Viel wichtiger als Leichtbau wird für das Elektroauto ein intelligentes Strom- und Energiemanagement, glaubt Dudenhöffer. „Was erheblichen Einfluss auf den Verbrauch hat, sind etwa die Klimaanlage oder andere wichtige elektrische Verbraucher“, so der Experte. Die Entwicklungsprioritäten würden sich in diese Richtung verlagern. Beispielsweise könnte ein 500 Euro teures Solarpanel auf dem Dach, das die Klimaanlage beim Vorkühlen eines geparkten Fahrzeugs mit Strom versorgt, einen weitaus größeren Einfluss auf die Reichweite haben als eine viel teurere Carbon-Karosserie.
Das sieht offenbar auch BMW so. Die Münchner hatten bei ihrem Elektroauto-Erstwurf i3 noch konsequent auf das teure Leichtbaumaterial Carbon gesetzt. Mit der Folge, dass der Kleinwagen heute der teuerste Stromer seiner Klasse ist. Bei der Reichweite haben jedoch mehrere tausend Euro günstigere Stahlmodelle wie der Renault Zoe die Nase vorn. Beim nächsten Elektro-BMW spielt Carbon daher keine große Rolle mehr: Wenn der i5 ab 2021 aus dem Werk Dingolfing rollt, wird er überwiegend aus einem Materialmix aus hochfestem Stahl, Leichtmetall und Kunststoff bestehen.
Bei konventionell angetriebenen Fahrzeuge und schweren SUV oder Oberklassemodellen wird natürlich weiterhin auf Gewicht geachtet. Sportwagen wird man aus fahrdynamischen Gründen weiterhin möglichst leicht bauen. Ein Megatrend, wie noch vor wenigen Jahren propagiert, wird Leichtbau aber wohl in der Breite nicht mehr werden.
Quelle: SP-X
Da weiß ich doch wieder, wolang der Hase läuft.
Ressoucenverschwendung im Namen der Energieeinsparung.
Höhere Gewinne/Profite sind natürlich bei dieser Betrachtung völlig wesensfremd.
Ach ja:
Bei meinem Citroen Xsara (1.4; 75PS) hat es über Land auch keinen Unterschied gemacht, ob ich alleine fahre oder noch zwei, drei Personen zusätzlich mit an Bord waren. 😉
Wow, was für eine Erkenntnis. Dass das bei einem Unfall aber scheißegal ist und wieder die Masse viel ausmacht bzw. es an div. Stellen immernoch nicht erlaubt ist mit Autos >2,8t zGM zu parken wird hier ignoriert. Z. B. das Model X ist insb. mit den großen Akkupacks schon vom Leergewicht (ohne(!) 75kg Fahrer inkl. Gepäck) her schon sehr nahe dran, hab leider die zGM-Werte nicht gefunden, weder auf der Tesla-Webseite noch in Wikipedia.
Und die behaupteten Sparmöglichkeiten bei klassischen Verbrennern ohne Rekuperation beziehen sich IMHO größtenteils auf Stadtverkehr. Überland mit vernünftiger Fahrweise kann man i.d.R. viel rollen lassen, muss also wenig Energie "künstl." mit dem Bremspedal verheizen. Das ging bei mir soweit, dass ich mit Autos aus den 1980ern beim HU-Bremstest immer erst durchgefallen bin, weil die Bremse zu wenig genutzt wurde. Dann einfach freigebremst und gut.
notting
Tesla und i3 haben vermutlich sehr rollwiderstandsoptimierte Reifen (Spezialreifen beim i3 und Sportbereifung mit sehr niedrigem Querschnitt beim Tesla) mit hohem Luftdruck bzw. steifen Flanken, sodass der Rollwiderstand tatsächlich geringer ausfällt als bei "herkömmlichen" Autos. Der Tesla wiegt außerdem so schon gut 2 Tonnen oder mehr.
Dass der Mehrverbrauch geringer ausfällt als bei einem reinen Verbrenner, weil auch kinetische Energie zurückgewonnen werden kann, das mag sein, aber 0,6 Prozent Mehrverbrauch bei > 10 % mehr Gewicht, sind nicht nachvollziehbar. Die 4,4 % beim i3 sind hingegen schon eher realistisch, wobei auch etwas niedrig - der Rollwiderstand ist direkt proportional zum Gewicht (der Elektromotor müsste also in einem höheren Wirkungsgrad laufen).
Um einen Vergleich zu haben, müsste man jetzt mal noch eine beliebige Oberklasselimousine (mit sehr niedrigem Reifenquerschnitt) als Referenz nehmen und auch ein normales Elektroauto mit herkömmlicher Bereifung, z. B. einen Zoe oder Leaf mit Standardbereifung.
https://www.tesla.com/de_DE/tyrelabelling -> Kraftstoffeffizienz Klasse C.
IIRC haben Spritsparreifen meist B oder besser. Bzw. C haben z. B. auch meine Goodyear Vector 4Seasons.
Mir fehlt in deiner Argumentation der Wirkungsgrad der Rekuperation. Weil mit 100% Wirkungsgrad bei der Rekuperation hätte man 0 Mehrverbrauch durch das Beschleunigen und Abbremsen noch größerer Massen.
notting
Mit anderen Worten, BMW ist mit dem i3 kolossal gescheitert weil schon die frühesten Projekt-Designziele grundlegend falsch waren. Herzlichen Glückwunsch nach München!
In Amerika, gerade verglichen mit Tesla, betrachtet man doch einen i3 eher wie stehenden Schrott.
Ich sage mal so, es gibt auch andere PKW, die praktisch betrachtet keinen Sinn machen, aber doch recht viele Leute kaufen bzw. zumindest als Imageträger der Marke dienen bzw. Aufsehen erregen sollen.
notting
Das Thema Rekuperation wird meiner Meinung nach eh überschätzt.
Beim E-Antrieb gilt genauso, wie beim Verbrenner, das vorausschauende Fahrweise mit am sparsamsten ist
(sparsamer wird es nur noch, wenn man durch die Gegend schleicht).
Den einzigen wirklichen Vorteil, den die Rekuperation bringt, ist im dichteren Stadtverkehr, wenn man dass Auto nicht so ausrollen lassen kann. Da bringt dann höhere Rekuperationsleistung tatsächlich einen Reichweitegewinn, wo es beim Verbrenner absolut andersrum aussieht.
Ansonsten bewirkt sie eher das Gegenteil, weil kürzere Ausrollstrecken, mit stärkerer Rekuperation, gleichzeitig die Energie verbrauchende Rollstrecke unter Antriebsleistung verlängern.
Denn ob ich nun aus 100km/h auf 300m Strecke bis auf 50km/h verzögere, oder mit dreifacher Rekuperationsleistung auf nur 100m Strecke um 50km/h verzögere, die Menge der Energierückgewinnung ist quasi identisch.
Bei letzterer Variante habe ich aber auf 200m mehr sinnlos Antriebsenergie für 100km/h Geschw. verbraucht.
@Rainer, wohl noch nie ein E-Auto gefahren? Man kann die Rekuperation mit dem Gaspedal regeln...
In der AMS gab es schon vor etwa 10 Jahren einen Artikel darüber, dass das Fahrzeuggewicht massiv überbewertet ist. Schön das es nun auch die Hersteller erkennen.
Alles nix neues.
Ich habe mir immer verwundert die Augen gerieben und mich gefragt, ob ich denn wirklich schlauer sein kann, als die Jungs bei BMW, weil das für mich so garkeinen Sinn machte.
Gerade weil eine der Kernkompetenzen eines Unternehmens wie BMW das Stanzen von Blechkarosserien in Millionenstückzahlen ist.
Um mir selbst eine Antwort zu geben...nö bin ich nicht.
Sie werden schon ihre Gründe gehabt haben. Massenfertigung wirds als Motivation wahrscheinlich nicht gewesen sein.
Wie du selbst geschrieben hast, kann man die Rekuperation je nach Testablauf vernachlässigen: Wenn man nämlich nur (aus-)rollen lässt, dann geht keine Energie verloren.
Wenn man hingegen sehr oft bremst bzw. mit dem E-Auto rekuperiert, ist der Unterschied (Vorteil des Elektroautos) umso größer.
Der Rollwiderstand steigt mit dem Gewicht, im Grunde genommen sogar proportional. Das ist eine physikalische Tatsache, die auch BMW bekannt sein dürfte. Von daher weiß ich nicht was diese Studie hier beweisen soll bzw. was die genau gemessen haben wollen.
Ein Auto dessen Rollwiderstand sinkt, wenn man mehr einlädt? 😉
https://www.uni-due.de/~hk0378/publikationen/2017/20171203_WAMS.pdf
Oder war´s so, dass der Elektromotor stärker gefordert wurde, aus geringster Last eine höhere Last wurde und somit der Elektromotor effizienter lief (auch ein Elektromotor hat nun einmal einen von der Last und Drehzahl abhängigen Wirkungsgrad)?
Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass der Tesla mit längerem Getriebe sparsamer werden würde. Es ist also eine reine Frage der Auslegung.
Derselbe Effekt könnte sich auch bei einem Verbrenner zeigen, wenn auch nicht in dem Ausmaß.
Bei einem Elektroauto mit kleinerem Elektromotor und längerer Übersetzung, das effizient ausgelegt ist, würden die 300 kg voll durchschlagen. Auch beim i3 war dies eher der Fall.
Die Folgerung, dass Mehrgewicht beim E-Auto vernachlässigbar ist, mag in bestimmten Fällen gelten (übermotorisierte und schwere Oberklasselimousine), aber nunmal nicht generell.
Daher würde mich interessieren wie sich Mehrgewicht bei einer Oberklasselimousine mit Verbrenner äußert oder eben bei einem kleineren Elektroauto (Zoe, Leaf).
Na ja, es ist schon so: Je effizienter die Fahreweise, desto sparsamer ist man unterwegs. Aber da werden die Sparvorteile der Rekuperation immer kleiner. Das gilt übrigens auch für Hybriden wie meinen Prius.
Allerdings auch da: Beim Rollenlassen wird schon rekuperiert und die Bremswirkung durch diese Rekuperation ist etwa so wie wenn man dem herkömmlichen Auto den Gang drin läßt und vom Gas geht.
Nix Neues... wer n bissl in Physik aufgepasst hat, weiss das.
Außerdem fehlt mir hier wirklich eine konkrete Vergleichbarkeit und Berücksichtigung Fahrzeug Verbrenner X vs Elektro mit:
der und der Bremsrekuperation
dem und dem Wirkungsgrad des Motors und des Antriebsstrangs
dem und dem Rollwiderstand der Reifen (welche Rad/Reifenkombination)
Rollwiderstand der getesteten Fahrbahn
Luftwiderstand CW
Temperatur bei den Testfahrten
welches Streckenprofil
welche Fahrweise
wie war die Verkehrssituation an den getesteten Zeiten
usw.
Müsste man sich die Studie im Details anschauen.