Pikes Peak: VW Elektro-Rennwagen I.D. R (2018)

Beinahe (wie zu) Röhrls Zeiten

Sven Förster

verfasst am Tue Mar 20 17:07:55 CET 2018

Nach 31 Jahren nimmt VW wieder am Pikes Peak Rennen teil. Mit einem Elektro-Prototypen - den vieles mit dem überraschend schnellen Golf II von damals verbindet.

1987 trat Volkswagen beim Pikes-Peak-Bergrennen mit einem stark modifizierten Golf II an, 2018 mit dem extremen Elektro-Prototypen I.D. R. Parallelen lassen sich finden
Quelle: Volkswagen

Colorado Springs – Nach 31 Jahren kehrt Volkswagen zurück zum wichtigsten Bergrennen der Welt. Im Juni schickt Wolfsburg einen Elektro-Sportwagen im Stile eines Le-Mans-Prototypen die 20 Kilometer lange Bergstraße zum Pikes Peak hinauf, 1987 war es ein Golf II. Vieles verbindet den futuristischen I.D. R und den benzinbetriebenen Kompaktrenner von einst.

Wer braucht schon Kardanwellen?

Vieles ist über Volkswagens Pikes Peak Renner noch nicht bekannt, eines jedoch gesichert: Der I.D. R wird über Allrad - und damit wohl mehrere E-Motoren - verfügen
Quelle: Volkswagen
Allzu konkret wird Volkswagen vier Monate vor dem Rennwochenende nicht. Fest steht nur: Der I.D. R wird ein geschlossener, einsitziger Rennwagen sein. Mit Allradantrieb – den VW eher nicht über ein konventionelles Getriebe mit Kardanwelle realisieren wird. Mindestens einen Motor pro Achse, so verwirklichen Hersteller von Tesla bis Jaguar Allradantrieb im beginnenden Elektro-Zeitalter.

Volkswagen kündigte dies bei den zivilen I.D.-Studien Crozz (SUV), Vizzion (Limousine) und Buzz (Elektro-Bulli) ebenfalls an. Und nicht zum ersten Mal: Der Pikes-Peak-Rennwagen von 1987 kam ebenfalls über ein zweites Aggregat an der Hinterachse zu seinem Allradantrieb. Damals freilich per Verbrenner.

Der Prototyp nutzte zwei aufgeladene Varianten des 1,8 Liter großen 16V-Vierzylinders aus dem damaligen Golf GTI. Die kumulierte Leistung soll irgendwo zwischen 600 und 652 PS gelegen haben. Der schnelle Golf II wurde von Formel-Vau-Rennstallbesitzer Kurt Bergmann entwickelt. Der Wiener nannte später die Synchronisierung der Motoren die größte technische Herausforderung bei diesem Projekt. Hier die Fahrt des Doppelmotor-Golf beim Pikes Peak-Rennen 1987:

 

VW will den Elektrorekord

VW trat beim Pike-Peak-Rennen von 1987 mit einem allradgetriebenen Golf II an - ein aufgeladener 16V-Vierzylinder trieb die vordere Achse an, ein weiterer die Hinterachse
Quelle: Volkswagen
Stärker als der zweimotorige Golf wird der Elektrorenner I.D. R garantiert. Schließlich will Volkswagen den Streckenrekord für Elektrofahrzeuge brechen. Der liegt bei 8:57 Minuten, aufgestellt von Rhys Millen in einem offenen Prototypen mit mehr als 1.600 PS aus sieben E-Motoren. Die Zeit reichte 2016 zum zweiten Rang in der Gesamtwertung. Romain Dumas war mit einem Honda-Verbrenner im Heck rund fünf Sekunden schneller, ohne Training im oberen Streckenteil. Auf die Bestmarke von Sebastian Loeb im Peugeot fehlen dem aktuell schnellsten E-Renner gleich 40 Sekunden.

Soll heißen: Haushoher Favorit auf den Gesamtsieg ist der I.D. R nicht zwingend. Die Situation ähnelt jener bei Volkswagens erstem Antritt vor 31 Jahren. Damals hießen die klaren Sieganwärter Walter Röhrl im Audi Quattro S1 und Ari Vatanen im Peugeot 205 T16, beides umgebaute Gruppe-B-Rallyefahrzeuge. Dass das Rennen in exakt dieser Rangfolge zu Ende ging, ist längst Teil der Motorsportfolklore. Den siegreichen weißen S1 mit opulentem Spoilerwerk kennt bis heute jeder.

Jäger von Röhrl und Vatanen

Walter Röhrl feierte am Pikes Peak 1987 einen legendären Erfolg - der zweimotorige Golf II lag zwischenzeitlich in Schlagdistanz
Quelle: Audi
Was weniger bekannt ist: Dem deutschen Rallyecross-Meister Jochi Kleint gelang damals im technisch gewagten Volkswagen beinahe die Sensation. Das Konzept war weitaus konkurrenzfähiger als im Vorfeld erwartet, bei der Zwischenzeit lag Kleint in Schlagdistanz zu den Weltstars auf Rang zwei. Doch vor dem Ziel blieb der doppelt angetriebene Golf mit Aufhängungsschaden liegen.

Das Fahrwerk des I.D. R muss weniger wegstecken, die einstige Schotterstrecke trägt heute Asphalt. Folglich verpflichtete VW keinen Rallye-Star als Fahrer. Dumas, der mehrfache Sieger in Le Mans- und Pikes Peak, wird den Elektrosportler steuern. Womöglich zum Elektrorekord, vielleicht aufs Podium. Und hoffentlich ins Gedächtnis der Fans. Wäre schade, wenn der I.D. R genau so schnell in Vergessen gerät wie der zweimotorige Golf II vom legendären Pikes-Peak-Rennen 1987.

*****

In eigener Sache: Wir verschicken unsere besten News einmal am Tag (Montag bis Freitag) über Whatsapp und Insta. Klingt gut? Dann lies hier, wie Du Dich anmelden kannst. Es dauert nur 2 Minuten.

Zu Walter Röhlrs aktiver Zeit führte eine Schotterstraße auf den Gipfel des Pikes Peak - heute ist die Serpentinenstrecke asphaltiert
Quelle: Volkswagen
Vieles ist über Volkswagens Pikes Peak Renner noch nicht bekannt, eines jedoch gesichert: Der I.D. R wird über Allrad - und damit wohl mehrere E-Motoren - verfügen
Quelle: Volkswagen
Der extreme I.D. R kommt mit derselben Lichtsignatur wie Volkswagens übrige I.D.-Elektromodelle Buzz, Vizzion oder Crozz
Quelle: Volkswagen
Auch das blieb in mehr als drei Jahrzehnten gleich: Pikes-Peak Rennwagen verfügen damals wie heute über ausladendes Flügelwerk
Quelle: Volkswagen
VW trat beim Pike-Peak-Rennen von 1987 mit einem allradgetriebenen Golf II an - ein aufgeladener 16V-Vierzylinder trieb die vordere Achse an, ein weiterer die Hinterachse
Quelle: Volkswagen
Walter Röhrl feierte am Pikes Peak 1987 einen legendären Erfolg - der zweimotorige Golf II lag zwischenzeitlich in Schlagdistanz
Quelle: Audi
Fahrer und Auto waren schon vor dem Pikes-Peak-Sieg im Jahr 1987 Legenden - umso erstaunlicher, dass diesen weißen S1 bis heute jeder Car-Guy kennt
Quelle: Audi
Das Pikes-Peak-Bergrennen wird auch als "Race to the Clouds" bezeichnet - das Ziel liegt auf 4.300 Höhenmeter
Quelle: Volkswagen
Start auf 2.862 Höhenmeter, Ziel 1.438 Höhenmeter weiter oben - die Verbrenner verlieren ob der dünneren Luft Leistung, den elektrischen I.D. R kümmert`s nicht
Quelle: Volkswagen