Luftverschmutzung: Brüssel verklagt Deutschland

Brüssel verklagt Deutschland wegen schlechter Luft

MOTOR-TALK

verfasst am Thu May 17 12:59:15 CEST 2018

Die EU Kommission hat die Nase voll. Weil in Städten regelmäßig die Schadstoffgrenzwerte überschritten werden, verklagt sie Deutschland nun vor dem EuGH.

In zahlreichen deutschen Städten werden die Stickoxid-Grenzwerte nicht eingehalten. Einen guten Plan, das zu ändern, hat Deutschland nach Auffassung der EU-Kommission nicht
Quelle: dpa / Picture Alliance

Brüssel - Wegen zu schmutziger Luft in vielen deutschen Städten verklagt die EU-Kommission Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof. Dies teilte die Brüsseler Behörde am Donnerstag mit. Zudem ermahnte sie Deutschland und andere Länder erneut wegen der zu zögerlichen Reaktion auf den Dieselskandal bei Volkswagen. "Wir haben lange gewartet, wir können nicht noch länger warten", sagte der zuständige EU-Kommissar Karmenu Vella.

Bei der Klage geht es um die Missachtung von EU-Grenzwerten für Stickoxide, die bereits seit 2010 verbindlich für alle EU-Staaten sind. Auch 2017 wurden sie jedoch in 66 deutschen Städten überschritten, in 20 Kommunen sehr deutlich. Verantwortlich gemacht werden vor allem Dieselautos, deren Zahl jahrelang stark zunahm. Nach dem Dieselskandal wurde deutlich, dass sie im Verkehr auch viel mehr Schadstoffe ausstoßen als in Tests.

Massive Versäumnisse im Abgasskandal

EU-Kommissar Karmenu Vella wollte nicht länger warten und verklagt nun Deutschland und fünf weitere EU-Länder wegen schmutziger Luft
Quelle: dpa / Picture Alliance
Die Kommission hatte schon 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und andere Länder eingeleitet und die Regierungen immer wieder ermahnt. Die Bundesregierung steuerte unter anderem mit ihrem "Sofortprogramm für saubere Luft" nach. Beim Diesel-Gipfel 2017 versprach die Autoindustrie zudem Software-Updates für Dieselautos, die Schadstoff-Emissionen um 25 bis 30 Prozent drücken sollen. Dennoch gelang es nicht, kurzfristig die Grenzwerte einzuhalten.

In einem zweiten, Ende 2016 gestarteten Verfahren wirft die EU-Kommission der Bundesregierung im Abgasskandal massive Versäumnisse vor. Ein Vorwurf: Sie habe Volkswagen nicht für die Manipulation von Schadstoffwerten bei Dieselautos bestraft. Zudem habe die Regierung nicht ausreichend überwacht, dass die Autohersteller die Vorschriften einhalten. Hier fordert die EU-Kommission von Deutschland mehr Informationen. Sie brauche weitere Auskünfte über die nationalen Ermittlungen sowie über rechtliche Maßnahmen, teilte die Brüsseler Behörde am Donnerstag mit.

Außerdem gebe es Unklarheiten etwa beim Porsche Cayenne, VW Touareg und verschiedenen Audi-Modellen. Deutschland und Luxemburg sollen Auskunft darüber erteilen, welche weiteren Schritte vorgesehen seien. Informationen erwartet die Kommission auch zu den von beiden Ländern geplanten "Ausgleichsmaßnahmen" und Strafen.

In dem Verfahren startet die Kommission nun die nächste Stufe - nicht nur gegen Deutschland, sondern auch gegen Italien, Luxemburg und Großbritannien. Formal bezieht sich das auf die EU-Vorschriften für die Typgenehmigung von Fahrzeugen, die missachtet worden seien. Nach EU-Recht müssten die EU-Staaten "über wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionssysteme verfügen, um Autohersteller davon abzuhalten, gegen geltendes Recht zu verstoßen". Bei den vier Staaten sieht die Kommission das nicht gegeben.

EU-Staaten drohen Hohe Zwangsgelder

Klagen vor dem EuGH gegen EU-Staaten sind nicht ungewöhnlich. Helfen Ermahnungen in einem Vertragsverletzungsverfahren nichts, sind sie der übliche nächste Schritt, um den Rechtsstreit zu klären. Unterliegt Deutschland, könnte die EU-Kommission in einem weiteren Verfahren hohe Zwangsgelder durchsetzen.

Allerdings wächst mit den Verfahren schon jetzt der politische Druck, etwas gegen die zu hohen Schadstoffwerte in deutschen Städten und gegen die zu schmutzigen Diesel zu unternehmen. Verkehrsexperten sehen kurzfristig nur zwei Lösungsmöglichkeiten: die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen oder Fahrverbote. Das Bundesverwaltungsgericht hatte Fahrverbote in Städten im Februar grundsätzlich erlaubt, solange sie verhältnismäßig sind.

Quelle: dpa

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