Audi E-Tron 55 Quattro (2018) im Test: Fahrt, Preis, technische Daten

Der E-Tron fährt anders als andere Audi

Constantin Bergander

verfasst am Thu Oct 11 06:33:19 CEST 2018

Audi mal ganz anders: Der E-Tron fährt elektrisch und, Überraschung, heckbetont. Erste Fahrt im ersten Elektroauto aus Ingolstadt, das sich nicht immer nach Audi anfühlt.

Erste Fahrt im Audi E-Tron Quattro: Das Elektro-SUV startet noch 2018
Quelle: Audi
  • Audi E-Tron: Elektro-SUV ab 79.900 Euro
  • Zwei Elektromotoren, hecklastiger Antrieb
  • 95 kWh Akkukapazität, 150 kW Ladeleistung, 300 kW Motorleistung
  • Sanfter Übergang zwischen Rekuperationsbremse und Scheibenbremse

Bitterwasser – Gut, vielleicht haben wir etwas übertrieben. Natürlich fühlt sich der E-Tron in ganz vielen Punkten nach Audi an. Er sieht aus, riecht und sitzt sich wie ein Audi-SUV. Vieles an ihm kennt man von anderen Audi-Modellen, vor allem die Bedienung. Aber er fährt sich eben ganz anders.

Zum einen liegt das daran, dass der E-Tron rein elektrisch fährt. Einen Verbrenner wird es nicht geben, aber: pro Achse einen Elektromotor, dazwischen einen großen Akku. Das ist neu bei Audi, bisher waren Plug-in-Hybride das Elektrischste im Sortiment aus Ingolstadt. Jetzt gibt es einen reinen Stromer.

Viel erstaunlicher ist aber, wie sich der E-Tron bewegt. Denn er kommt nicht mit der fest ankonstruierten, schweren Audi-Nase. Sondern mit einer gleichmäßigen Gewichtsverteilung, mit einem hecklastigen Antrieb und einem komplett deaktivierbaren ESP. An dieser Stelle sei bereits verraten: Ja, er driftet. Wenn es ein soll, geht er sogar verdammt quer.

Audi E-Tron Quattro: Ein SUV als erstes Elektroauto

Rund 170 Prototypen des Audi E-Tron fuhren in der Testphase mit dieser Folierung
Quelle: Audi
Natürlich braucht man diese Fähigkeiten nicht in einem Auto, das für Familien passt (und nicht RS, M oder AMG heißt). Aber etwas musste Audi tun.. Tesla hat Jahre Vorsprung am Markt, Jaguar immerhin Monate. Die pure Existenz eines elektrischen Audi genügt also nicht. Er muss Dinge besser können und anders machen. Tesla glänzt mit wahnwitzigen Beschleunigungswerten, einem eigenen Ladenetz und dem Pionier-Status. Audi muss in Details eintauchen, um etwas Pionier sein zu dürfen. Der E-Tron ist „das erste Elektroauto, das …“ nunja, sehr viele Sachen macht.

Zum einen wäre da die Sache mit dem ESP (und dem Drift*). Dann die höchste Ladeleistung im Segment (150 kW), eine kluge Kühlung des gesamten Antriebs und ein bisher einzigartiges Bremssystem. Der E-Tron rekuperiert auch dann, wenn der Fahrer die Fußbremse nutzt. So komfortabel lösen andere Hersteller dieses Detail nicht. Man merkt an vielen Stellen: Audi hat nutzt die Erfahrungen der Konkurrenz, um selbst Fehler zu vermeiden.

Kein Sprinter, aber ein Intervall-Sportler

300 kW Peakleistung machen den Audi E-Tron auf der Geraden schnell, aber nicht so schnell wie seine Konkurrenz. Beim Bremsen laden die Motoren den Akku mit bis zu 220 kW - mehr als die Konkurrenz
Quelle: Audi
Daraus folgt, dass der E-Tron dem Markt nicht blind folgt. Auf ein Beschleunigungsduell mit Tesla, Jaguar oder Mercedes EQC lässt er sich nicht ein. Dafür ist er zu schwach, zu schwer und falsch abgestimmt - in dieser Reihenfolge. Seine Motoren rupfen beim Anfahren nicht brutal an den Achsen. Auf den ersten Metern achten sie stets auf die Traktion, erst dann kommt mehr Saft an.

Die typische Elektroauto-Charakteristik spürt man trotzdem. Kraft (je nach Untergrund) ab dem ersten Moment, untermalt von einem Surren. Acht Sekunden lang sprintet er im Overboost mit 300 kW, danach etwa eine Minute lang mit 265 kW. Die Dauerleistung liegt bei gut 100 kW, genug zum Halten der Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Bis Tempo 100 vergehen 5,7 (Boost) bis 6,6 Sekunden (265 kW).

Längst keine Spitzenwerte im Segment, besonders Tesla ist viel schneller. Audi setzt stattdessen auf Konstanz: Eine Wasserkühlung im Rotor des Elektromotors stellt Peak- und Höchstleistung zügig wieder her. Von der Drosselung dürfte man im Alltag nichts bis wenig spüren. Selbst dann nicht, wenn man einen Anhänger ankoppelt. Der E-Tron darf bis zu 1,8 Tonnen ziehen.

Erste Fahrt im Audi E-Tron: Fühlt sich leichter an, als er ist

Mit abgeschaltetem ESP lässt sich der E-Tron problemlos querstellen
Quelle: Audi
Im Audi E-Tron Quattro trifft hohes Gewicht auf einen niedrigen Schwerpunkt. Seine Kraft macht ihn geradeaus schnell, die Kraftverteilung erreicht das in den Kurven. Diesseits seines Limits lässt er sich präzise zirkeln. Per Bremseingriff kommt mehr Moment an den äußeren Rädern an und drückt ihn um den Knick. Trotz Länge und Gewicht wedelt er entspannt durch den Slalom.

Je nach Fahrmodus fährt der Audi E-Tron gediegen bis knackig. Wer im Sport-Programm die Traktionskontrolle abstellt, kann das Heck mit einem Gasstoß locker aus der Spur rutschen lassen. Wenn es sein muss, zieht ein kleines Restmoment an der Vorderachse den Wagen wieder gerade. Wenn nicht, driftet er. Je nach Ambition sogar mit beachtlichem Winkel.

Zugegeben: Zur Demonstration seiner wilden Seite war der E-Tron auf einem Salzsee unterwegs. Beim Rutschen fühlt sich das ungefähr wie pappiger Schnee an. Auf Asphalt wird das schwerer fallen. Mit bis zu 5.800 Newtonmeter Drehmoment an den Rädern sollte es aber möglich sein.

Kluge Rekuperation und futuristische Außenspiegel im Audi E-Tron

Allrad serienmäßig: Der zweite Motor an der Vorderachse zieht den E-Tron wieder gerade
Quelle: Audi
Zurück zum ganz normalen Fahren. E-Tron-Piloten sollen sich so wenig wie möglich umgewöhnen müssen. Deshalb verzögern zunächst nur die Elektromotoren, wenn man die Fußbremse benutzt. Dabei gewinnen sie Strom. Erst bei starkem Bremsen (mehr als 0,3 g) reiben die Bremsbeläge an den Scheiben. Vorher ist die Bremse mechanisch abgekoppelt.

Innen orientiert sich der E-Tron an den aktuellen Limousinen. Einziger Unterschied: Optional bietet Audi virtuelle Rückspiegel an. Außen filmt eine Kamera, innen zeigen Displays in den Türtafeln die Bilder. Ein kleiner Vorteil beim Luftwiderstand erfordert allerdings einiges an Umgewöhnung – man blickt aus Gewohnheit auf die Kameras, nicht auf die Monitore. Mit dem Ellenbogen an der Fensterkante verdeckt das Handgelenk das Display.

Aerodynamik ist wichtig im E-Tron, denn bei Elektroautos wie dem E-Tron zählt Reichweite. Audi notiert im Idealfall einen cW-Wert von 0,28 (zu multiplizieren mit einer riesigen Stirnfläche). Auf langen Strecken soll sich der schlanke, digitale Spiegel-Ersatz tatsächlich bemerkbar machen. Der Aufpreis (bisher unbekannt) wird den Nutzen aber kaum ausgleichen.

Irgendwann ist der Akku auf jeden Fall leer, unabhängig vom Spiegelgehäuse. Audi beziffert die Reichweite des E-Tron mit mehr als 400 Kilometern. Danach kommt man um längere Pausen nicht herum. Aber der E-Tron soll schneller laden als andere Elektroautos. Audi gibt an, dass der E-Tron 150 kW Ladeleistung bis zu einem Akkustand von mehr als 80 Prozent halten kann. Die Konkurrenz regelte in Tests schon früher runter, weil der Akku zu warm wird. In der Praxis wäre das Elektro-SUV dann früher wieder einsatzbereit.

Audi E-Tron: Preis

Der Akku ist fest mit dem Fahrzeugboden verschraubt. Er macht das Auto steifer
Quelle: Audi
Die Schwächen der Elektromobilität konnte Audi nicht wegzaubern: Der E-Tron ist schwer (knapp 2,5 Tonnen), teuer (ab 79.900 Euro) und auf langen Strecken nicht so praktisch wie ein Diesel. Dafür ist er leise, modern und vollgepackt mit guten Ideen. Manche Dinge kann er sogar besser als bekannte Größen auf dem Markt. In seinem Segment gehört er ausstattungsbereinigt zu den günstigen Autos.

Audi möchte das Elektro-SUV schnell in großen Mengen bauen. Das ganze Werk in Brüssel kümmert sich nur noch um den E-Tron, mehr als 10.000 Vorbestellungen seien bereits eingegangen. Die Pouch-Zellen für den Akku kommen von LG, die Montage der Batterie übernimmt Audi.

Serienmäßig gibt es im Audi E-Tron ein großes Navi mit Online-Funktionen und digitalen Instrumenten, Ladegeräte mit 11 kW (AC) bzw. 150 kW (DC), Zwei-Zonen-Klima, 19-Zöller und ein Luftfahrwerk. Optional gibt es 22 kW Ladeleistung (AC), virtuelle Außenspiegel, einen zweiten Ladestecker auf der Beifahrerseite und eine Anhängerkupplung. Außerdem bietet Audi eine Ladekarte an, die bei einem Großteil aller Ladesäulen-Anbieter funktioniert. Langfristig übernimmt der E-Tron die Bezahlung.

Die Produktion des E-Tron läuft bereits. Bisher lässt sich das Auto nur reservieren. Die ersten Auslieferungen sollen noch 2018 (Kalenderwoche 47) folgen. Zur gleichen Zeit öffnen die Bestellbücher. Über eine ausführliche Fahrt mit Ladestopp berichten wir Anfang Dezember.

Audi E-Tron: Technische Daten

  • Antrieb: Pro Achse eine Drehstrom-Asynchronmaschine
  • Getriebe: Feste Übersetzung
  • Leistung Motor vorn: 125 kW (Höchstleistung), 135 kW (Peak)
  • Leistung Motor hinten: 140 kW (Höchstleistung), 165 kW (Peak)
  • Drehmoment Motor vorn: 247 Nm
  • Drehmoment Motor hinten: 314 Nm
  • Systemleistung: 265 kW (Höchstleistung), 300 kW (Peak)
  • Systemdrehmoment: 561 (Höchstmoment), 664 NM (Peak)
  • Akkukapazität: 95 kWh
  • Verbrauch: nicht bekannt
  • Reichweite: > 400 km (WLTP)
  • Ladeleistung: bis 22 kW (AC), bis 150 kW (DC)
  • 0 – 100 km/h: 5,7s (Boostmodus), 6,6 s (Normalmodus)
  • Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
  • Anhängelast: 1.800 kg
  • Länge: 4,901 m
  • Breite: 1,935 m
  • Höhe: 1,629 m
  • Radstand: 2,928 m
  • Leergewicht: 2.490 kg
  • Basispreis: 79.900 Euro
  • Marktstart: Ende 2018

* Anmerkung: Im Tesla Model S lässt sich die Traktionskontrolle deaktivieren, wenn eine Sicherung gezogen wird. Dabei werden aber auch Stabilitätskontrolle, Servolenkung und Bremskraftverstärker abgeschaltet. Eine softwareseitige Lösung ist nicht vorgesehen.

 

 

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Tarnung eigentlich unnötig: Audi hat den E-Tron längst offiziell vorgestellt. Die Prototypen sind technisch auf Serienstand
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LED-Lampen rundum im Audi E-Tron
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Rund 170 Prototypen des Audi E-Tron fuhren in der Testphase mit dieser Folierung
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300 kW Peakleistung machen den Audi E-Tron auf der Geraden schnell, aber nicht so schnell wie seine Konkurrenz. Beim Bremsen laden die Motoren den Akku mit bis zu 220 kW - mehr als die Konkurrenz
Quelle: Audi
Die Elektronik bremst kurveninnere Räder ab. Dadurch fühlt er sich in Kurven leichter an, als er ist
Quelle: Audi
Der 95-kWh-Akku des E-Tron befindet sich im Fahrzeugboden. Die Reichweite liegt bei mehr als 400 Kilometern
Quelle: Audi
Mit abgeschaltetem ESP lässt sich der E-Tron problemlos querstellen
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Allrad serienmäßig: Der zweite Motor an der Vorderachse zieht den E-Tron wieder gerade
Quelle: Audi
Beim Beschleunigen hört man ein unaufgeregtes Surren. Ein paar Meter weit achtet der E-Tron auf die Traktion, danach auf Wunsch nicht mehr
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Ein Luftfahrwerk gibt es serienmäßig im Audi E-Tron
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Sieht hübsch aus, ist aber nicht sein Haupt-Einsatzgebiet: Der E-Tron ist ein SUV, kein Geländewagen
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Im Normal-Modus liegt die Bodenfreiheit bei 17,2 Zentimetern
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Der Akku ist fest mit dem Fahrzeugboden verschraubt. Er macht das Auto steifer
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Gewöhnungsbedürftig: Digitale Außenspiegel am Audi E-Tron
Quelle: Audi
Erste Fahrt: MOTOR-TALK-Redakteur Constantin Bergander im Audi E-Tron
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Ohne Folie: Der E-Tron bewegt sich irgendwo zwischen Q5 und A6
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Der Audi E-Tron basiert auf einem umgebauten Verbrenner-Baukasten. Die Proportionen sind gewollt, sagt Audi
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Je nach Kapazität des Motors geht es in 5,7 bis 6,6 Sekunden auf Tempo 100
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Neben dem Kofferraum im Heck gibt es ein kleines Fach unter der Haube. Dort werden in der Regel die Ladekabel lagern
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Aerodynamik war wichtig bei der Entwicklung des Audi E-Tron. Die digitalen Spiegel können ein paar Kilometer mehr Reichweite bringen
Quelle: Audi
Audi E-Tron: Luftfahrwerk und elektrische Heckklappe serienmäßig, ein Ladeanschluss auf der Beifahrerseite optional
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Das Cockpit stammt weitestgehend aus den neuen Audi-Limousinen
Quelle: Audi
Audi E-Tron: Bequeme Sitze, viel Platz und gute Sitzposition
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