VW Bulli T1 Samba 1500 (1965): Scheunenfund in Hannover
Der heilige Gral der VW-Bulli-Szene
Vorhang auf für 23 Fenster: Dieser VW T1 Samba muss wohl als absoluter Edel-Scheunenfund gelten. 30 Jahre stand er in einer Halle in Hannover, komplett original und im Erstlack.
Von Haiko Prengel
Hannover – Der Herbst hat angefangen. Die perfekte Zeit, ein ambitioniertes Restaurierungsprojekt zu starten. Martin Dreher macht das Tor seiner Garage auf. Ja, das sieht tatsächlich nach einer etwas aufwendigeren Instandsetzung aus. Der Rost an der Karosse des alten Volkswagen-Busses blüht, der Innenraum zerfällt, der Motor läuft nicht. „Da gibt es einiges zu tun“, sagt Dreher.
Doch es wird sich lohnen. Denn der 29-Jährige aus Brandenburg hat nach jahrelanger Suche endlich den lange ersehnten VW T1 Samba gefunden. Und das in offenbar in weitestgehendem Originalzustand und noch im Erstlack.Der Zustand des Fahrzeugs, das fast 30 Jahre lang in einer Halle in Hannover stand, ist zwar Note 5. Doch ein Samba-Bus gehört zu den Klassikern, wo sich jeder Neuaufbau lohnt. Sei die Grundsubstanz noch so schlecht. Wo andere Klassiker in die Schrottpresse gehen, weil sich ein Neuaufbau wirtschaftlich nicht mehr lohnt, werden Samba-Instandsetzer gerade erst warm.
Im restaurierten Zustand kosten die begehrten Bullis inzwischen so viel wie ein Einfamilienhaus. Nur echt mit 23 Fenstern: Das Sondermodell „Samba“ wurde 1951 auf der ersten Nachkriegs-IAA in Frankfurt am Main vorgestellt. Die Edelausführung verfügte über ein Faltschiebedach und neun Sitze.
Ein VW-Bus aus der Wirtschaftswunderzeit
Vom normalen T1 Transporter unterschied sich der Fensterbus außerdem durch verchromte Radkappen, das polierte VW-Emblem auf der Front sowie eine zweifarbige Lackierung. Zudem war der Innenraum nicht ganz so spartanisch ausgestattet.
Bei dem Bulli in Brandenburg handelt es sich um einen späten Samba von 1965. Zwei Jahre später sollte die Produktion des T1 enden und das Nachfolgemodell T2 auf den Markt kommen. Martin Dreher hat alle Papiere zur Fahrzeughistorie vorliegen. Danach wurde der T1 im September 1965 vom VW-Werk in Hannover nach Braunschweig erstausgeliefert. Und diente fortan einer Hausfrau als Vehikel. So steht es im Kfz-Brief, wo damals noch die Berufe der Fahrzeugeigentümer mit angegeben wurden.
Als Lackierung hatte die Dame die hübsche Kombination aus Tizianrot (L555) und Beige-Grau (L472) gewählt und einige Extras geordert: Eine Standheizung, ein sogenanntes „Lenkanlaßschloß“ sowie Rammschutz-Stoßstangen. In den Folgejahren sollte der Samba zwar ein paar Mal den Besitzer wechseln, aber stets in Niedersachsen bleiben. 1987 ging der 1,5 Liter große Boxer-Vierzylinder dann in den zeitweiligen Ruhestand. Der Bus wurde am 23. Februar abgemeldet, für sechs D-Mark, wie aus der noch vorhandenen Abmeldebescheinigung hervorgeht.Ein seltener Bulli-Fund
Ein Samba mit so einer umfassenden Historie und im Originalzustand und unverbastelt – das ist außergewöhnlich. „Solche Fahrzeugfunde gibt es eigentlich gar nicht mehr auf dem Markt“, sagt Lucas Kohlruss. Der Berliner hat sich mit seiner Firma Old Bulli Berlin auf die Vermarktung von historischen VW-Bussen spezialisiert. Die meisten T1 und T2 sind längst aufgestöbert. Nur in Nordamerika findet Kohlruss ab und an noch ein gut erhaltenes Exemplar.
Ein Samba, der in Deutschland erstausgeliefert wurde und auch hier geblieben ist – solch ein Fund sei schon etwas ganz Besonders, meint Kohlruss. Zumal die Zahl der Blender auf dem Markt wächst und wächst: Inzwischen wird gewöhnlichen T1-Transportern ein Fenster-Dach aufgeschweißt. Dann werden die Fakes als originale Samba verkauft. Andere Exemplare sind überteuerte Umbauten aus Brasilien, wo der T1 ebenfalls gebaut wurde.
So war es kein Wunder, dass sich die Nachricht von dem originalen Samba aus Hannover in der VW-Szene wie ein Lauffeuer verbreitete. Noch einmal zurück ins Jahr 1987: Mit einem Tachostand von 24.904 Kilometern wurde der Bulli damals in der Halle in Hannover abgestellt und nicht mehr bewegt. Warum, ist unbekannt.
Erst 30 Jahre später entschloss sich der Besitzer, sich von dem Bus zu trennen. Er schenkte das Fahrzeug seinem Neffen, einem Kfz-Mechaniker aus Berlin. Der konnte nichts mit dem Bulli anfangen und erkundigte sich bei ein paar VW-Spezis, was man denn für solch ein Samba-Wrack im Zustand 5 verlangen könne.
Der Samba-Bulli soll wieder strahlen
Das Gerücht von dem aufgetauchten Original-Samba zog sofort Kreise. „Und bei dem Neffen glühte das Telefon“, berichtet Martin Dreher. Er aber war der Erste, der anrief, weil er von seinem Bekannten Lucas Kohlruss den Tipp bekommen hatte. Nach einer Fahrzeugbesichtigung fackelte Dreher nicht lange und kaufte den Samba-Bus. Billig war der verwitterte Fensterbus nicht – für die Kaufsumme hätte sich der Brandenburger auch einen Neuwagen kaufen können.Doch der 29-Jährige, VW-Fan seit eh und je, griff begeistert zu. Nun will sich Dreher in Ruhe nach einem Fachbetrieb umsehen, der seinen geliebten Samba-Bus restaurieren soll. Eilig hat es der Bulli-Liebhaber nicht. Am Ende soll das Wrack mit der Note 5 möglichst wieder wie aus dem Ei gepellt aussehen. So wie bei der Auslieferung im September 1965, das Ziel ist Note 1. Verdient hätte es der legendäre Fensterbus nach der langen Standzeit allemal. „T1-Bullis habe ich schon als Kind geliebt“, sagt Martin Dreher. „Aber ein Samba ist das Nonplusultra.“
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VW T1 (1500) Samba (1965 - 1967): Technische Daten
- Motor: Vierzylinder-Boxer-Benziner
- Hubraum: 1.493 cm³
- Leistung: 44 PS (32 kW)
- Getriebe: Viergang-Schaltgetriebe
- 0-80 km/h: 40 s
- Höchstgeschwindigkeit: 105 km/h
- Verbrauch: ca. 10 l/100 km
- Leergewicht: 1.150 kg
- Länge: 4,300 m
- Breite: 1,800 m
- Höhe: 1,940 m
- Radstand: 2,400 m
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...schön . Alles wunderbar. Aber der Besitzer wird vom Gebrauchswert sehr endtäuscht sein.
Die Preise werden weiter fallen. - Eigentlich ein Ausstellungsstück für VW Händler.
Wäre das nicht eine Aufgabe für Vokswagen Classic, oder machen die nichts für Privatkunden?
Der Käufer wird wohl auf einen späteren 6-stelligen Verkaufspreis spekulieren.😉
Wenn VW Classic das machen würde, bliebe ja kein Gewinn übrig.😜
Hallo, der Artikel super.
Ich hoffe der Käufer schafft es den Samba so zu restaurieren, das er Note 1 bekommt. Daran das Die Preise für Oldtimer im Original-Zustand billiger werden glaube ich nicht.
Hallo, stimmt VW Classik ist wohl sehr teuer, aber es gibt ja auch reichlich andere gute Firmen die Restaurationen machen, spontan fällt mir da Schad aus Frankfurt oder aus Müller-Oldtimer ein, die einen sehr guten Ruf haben, aber auch unsere kleine Firma hier Calden leistet sehr gute Arbeit,
Moin,
derzeit machen die nichts mehr für Privatkunden, da sie mit der Sammlung und den Messefahrzeugen ausgelastet sind.
Grüße, Ulfert
Mein Vater hat früher diese untermotorisierten Rostkübel gefahren. Verstehe den ganzen Kult nicht und die geforderten Preise für die Oldtimer.
...schade eigentlich dass der totrestauriert wird. Ein fahrzeug ist nur EIN MAL 100% original. Ich hätte dem ja nur möglichst minimalinvasiv den Rost entfernt... und dann so fahren.
Wenn du den Rost entfernst, bleibt nichts mehr über zum Fahren ^^
So wie er ist in ein Museum und fertig.
Danke für die vielen gezeigten Bilder. 😊
Von Note 5 auf 1 und das von einem Profi erledigen lassen, ambitioniert? Da sollten 50-60k eingeplant werden.
Im US Car Bereich gibt es eine schöne Doku einer Mustang Resto. Dort war die Basis deutlich besser und der hat schon knapp 400 Stunden beim Karoseriebauer benötigt...
Sehe ich ähnlich.
Dieses restaurieren bis Note 1 halte ich für völlig übertrieben. So übel sieht der ehrlich gesagt nicht aus. Da hab ich schon weitaus schlimmere gesehen bzw. geschweißt. Mir selbst geht bei Komplettrestaurationen der Charme des Autos verloren. Das war auch ein Grund meine Ovali nur technisch auf Stand zu bringen. Optisch ist er halt 62 Jahre alt.
Vor allem sehe ich bei einer Vollrestauration wenig Sinn im Originallack, der hier so hervorgehoben wurde.
Wenn´s das Hobby bzw. die Leidenschaft ist und man am Ende noch nicht einmal draufzahlt, warum denn auch nicht?
Fahren wollte ich das Ding im öffentlichen Straßenverkehr nicht mehr, aber für ein paar Oldtimertreffen...
sind es nicht eigentlich 25 scheiben? fahrer/beifahrertür sind doch 3-teilig...😕