Bußgeldkatalog 2018: Strafen für Autofahrer in Herbst und Winter

Die unwirsche Seite des Bußgeldkataloges

Sven Förster

verfasst am Tue Oct 09 11:34:02 CEST 2018

Autofahren kann im Herbst und Winter tückisch sein - auch in finanzieller Hinsicht. Diese Punkte des Bußgeldkataloges sollte man jetzt kennen. Und vermeiden.

In Herbst und Winter werden einige Punkte des Bußgeld-Kataloges erst wirklich relevant. Hier die Höhe der Strafen - und wie man sie vermeiden kann
Quelle: dpa / Picture Alliance

Berlin – Der deutsche Bußgeldkatalog ist zwar nicht aufgebaut wie die Preisliste eines bayerischen Berghotels. Es gibt kein mit „Winter“ überschriebenes Kapitel mit signifikant erhöhten Preisen. Und doch gibt es in den kalten Monaten weit mehr Möglichkeiten, Bußgeld-relevante Fehler zu begehen. Außerdem drohen bereits bei geringeren Geschwindigkeiten Punkte in der Verkehrssünderkartei sowie Fahrverbote.

Einige Punkte des Bußgeldkataloges erhalten eben erst bei winterlichen Fahrverhältnissen echte Relevanz. Lest hier, welche Vergehen sich auf Bank- und Punktekontostand bis zum Frühjahr auswirken können – und wie man das am besten vermeidet.

Warmlaufen lassen kann 10 Euro kosten

(Zu) kleines Fenster in die Welt: Wer nur ein "Guckloch" in der Frontscheibe kratzt, riskiert ein Bußgeld von 10 Euro
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Mal ehrlich: Wer ist noch nie nach einem überraschenden Wintereinbruch mit einem Auto in Form eines Schneeballs zur Arbeit gefahren? Die Welt nur durch einen schmalen Sichtschlitz im Blick und eine Fahne aus Pulverschnee im Rückspiegel? Weil einfach die Zeit zum Schneeabkehren am Morgen nicht reichte oder es der Eiskratzer nicht durch den Sommer schaffte. Wird man so erwischt, greifen gleich mehrere Punkte im Bußgeld-Katalog.

Die nicht ordentlich freigekratzte Scheibe beschert eine Strafe von 10 Euro, Schnee auf dem Autodach weitere 25 Euro. Ist das Kennzeichen nicht sichtbar, kommen 5 Euro dazu. Sind die Scheinwerfer ebenfalls bedeckt, kostet das (bei schlechten Lichtverhältnissen) 20 Euro. Kam es durch die mangelnde Sicht zu einem Sachschaden, erhöht sich das Bußgeld auf 30 Euro.

Ist die Schneedecke auf dem Auto der Auslöser für einen Zwischenfall, können Leistungen der Kfz-Versicherung ausbleiben. Der Morgensport mit Eiskratzer und Schneebesen zahlt sich also aus. Wer gesetzestreu bleiben will, startet das Auto davor nicht – das Warmlaufen lassen ist mit einer Strafe von 10 Euro sanktioniert. In der Praxis beharren wohl wenige Exekutivbeamte darauf, solange das Auto im Standgas nicht die ganze Wohnsiedlung zum Beben bringt. Punkte in Flensburg oder gar ein Fahrverbot zieht übrigens keines dieser Vergehen nach sich.

Tempo: Rasen mit 91 km/h

Schnee auf dem Autodach: Wer so losfährt, riskiert ein Bußgeld von 25 Euro
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Bei Regen, Schnee, Eis oder Nebel ist man bereits unterhalb des Tempolimits häufig zu schnell. Sagt neben dem gesunden Verstand auch die StVO, sinngemäß. Der Punkt im Bußgeldkatalog lautet „Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit“ und ist mit einer Strafe von 100 Euro und einem Punkt in Flensburg belegt. In der Praxis wird dem meist nachgegangen, wenn es zu einem Unfall kam. Mitunter auch dann, wenn kein anderes Fahrzeug beteiligt war.

Wenn Nebel oder Schneefall die Sichtweite auf weniger als 50 Meter einschränken, sind laut § 3 Absatz 1 StVO nur noch maximal 50 km/h erlaubt – selbst wenn kein gesondertes Schild darauf hinweist. Wer bei derart schlechter Sicht dieses Tempo außerorts um bis zu 30 km/h überschreitet, zahlt 80 Euro und erhält einen Punkt in der Verkehrssünderkartei. Ab 41 km/h zu schnell setzt es 160 Euro Bußgeld, zwei Punkte und ein einmonatiges Fahrverbot. 61 km/h über dem Limit kosten 440 Euro Strafe, zwei Punkte und zwei Monate Fahrverbot. Ab 70 km/h über dem Limit berechnet die Exekutive gar 600 Euro.

Die Staffelung entspricht jener bei regulärer Sicht. Doch angesichts des niedrigen Höchsttempos ist ein Fahrverbot in diesem Fall bereits bei weniger als 100 km/h denkbar. Woher man wissen soll, dass die Sichtweite weniger als 50 Meter beträgt? Die Leitpfosten am Straßenrand stehen in etwa in diesem Abstand. Sieht man nicht bis zum nächsten, fährt man besser langsamer.

Beleuchtung: Hofft nicht auf Eure Licht-Automatik

Die Licht-Automatik reagiert meist nur auf Wechsel der Helligkeit, nicht auf veränderte Sichtverhältnisse
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Wer bei Nebel oder Schneefall ohne Abblendlicht durch eine Ortschaft fährt, zahlt 25 Euro. Entsteht dadurch ein Sachschaden, erhöht sich das Bußgeld auf 35 Euro. Richtig teuer wird die Sache außerorts (ab weniger als 120 Meter Sichtweite auf der Autobahn sowie weniger als 100 bis 120 Metern auf der Landstraße). 60 Euro und einen Punkt in Flensburg zieht das Vergessen nach sich, bei Sachbeschädigung fallen 90 Euro an.

Das Einschalten erledigt doch ohnedies die Licht-Automatik? Leider nein, die Systeme reagieren nur auf Wechsel der Helligkeit. Verschlechtert sich lediglich die Sicht bei nahezu gleichbleibendem Lichtanteil, bleibt das Abblendlicht aus. Hier muss der Fahrer meist manuell nachhelfen. Außerdem leuchten bei gängigen Modellen im Tagfahrmodus keine Rückleuchten.

Schilder: Ortsfremden glaubt man eher

Ist das Verkehrsschild im Schnee nicht zu erkennen, muss sich der Fahrer auch nicht daran halten. Doch bei Einheimischen zählt die Ausrede nicht
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„Was ich nicht sehe, betrifft mich nicht“ - so einfach stellen sich Kinder die Welt vor. Und das ist sie auch, wenn Verkehrsschilder von einer Schnee- oder Eisschicht eingehüllt sind. War die Aufschrift nicht zu entziffern, kann sich der Fahrer nicht daran halten und wird nicht für etwaige Übertretungen belangt. Das besagt ein Urteil des Bayerischen Oberlandesgerichtes. Allerdings gilt dies nur für ortsfremde Personen. Fahrern aus der Region attestiert man genug Ortskenntnis, um die Aufschrift hinter der Schneeschicht zu kennen.

Gelegentlich sieht man nur eine einzige Schneeflocke am Schild mit der Geschwindigkeitsbegrenzung – in stilisierter Form, auf einer Zusatztafel. „Heute ist die Straße aber trocken, gilt folglich nicht“, wäre ein nachvollziehbarer Gedankengang. Doch das Oberlandesgericht Hamm entschied bei der Klärung des Sachverhaltes im Jahr 2014 anders: Das Schneeflocken-Symbol verweise lediglich auf mögliche rutschige Bedingungen, die Zahl auf dem Schild gilt folglich im Hochsommer genau so wie im Winter.

Winterreifen: Kein Termin, doch hohe Strafen

Wer auf rutschiger Fahrbahn von der Straße abkommt, kann theoretisch wegen "Fahrens mit nicht angepasster Geschwindigkeit" belangt werden
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In Deutschland gilt die situative Winterreifenpflicht. Heißt: Es existieren keine fixen Daten, zu denen Winterreifen spätestens aufgezogen werden müssen. Doch herrschen winterliche Bedingungen, müssen die Reifen mit Lamellen und weicherer Gummimischung in den Radkästen stecken. Wer ohne Winterreifen erwischt wird, zahlt 60 Euro (120, wenn es zu einem Unfall kommt) und erhält einen Punkt in der Verkehrssünderkartei.

Aktuelle Winterreifen müssen das Alpin-Symbol mit Berg und Schneeflocke aufweisen. Die bislang gebräuchliche M+S-Kennzeichnung (für Matsch und Schnee) reicht seit dem 1. Januar 2018 für Neuprodukte nicht mehr aus. Zuvor gekaufte Reifen können noch bis zum 30. September 2024 genutzt werden. Das Alter der Reifen ist gesetzlich nicht reglementiert, Autofahrer-Clubs und Fahrtechnik-Experten empfehlen jedoch möglichst neue Reifen. Und einen Tausch, lange bevor die Profiltiefe unterhalb der gesetzlich geforderten 1,6 Millimeter liegt.

Driften: Nicht wörtlich aber dezidiert verboten

Erstmal Auto starten, dann Auto abkehren? Womöglich riskant, Warmlaufen lassen ist mit einem Bußgeld von 10 Euro belegt
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„Es ist untersagt, das Fahrzeug per Lastwechsel, unter Zuhilfenahme der Feststellbremse oder Nutzung des Antriebs in den Zustand eines kontrollierten Übersteuerns zu bringen“ – Derartiges findet sich an keiner einzigen Stelle der StVO, wir haben die Klausel erfunden. Also Heck raus, sobald der Schnee kommt oder starker Regen einsetzt? Auch ohne konkretes Driftverbot sprechen einige Punkte in Bußgeldkatalog und Strafgesetzbuch dagegen - oder werden jedenfalls in der Praxis so ausgelegt.

Harmlosestes Instrument der Exekutive ist die Berufung auf "Unnützes Hin- und Herfahren", was mit einer Strafe von 20 Euro verbunden ist. Wird auf "übermäßige Straßenbenutzung" oder gar "gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr" entschieden, kommt der Driftversuch fast immer teurer.

 

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Quelle: ADAC, Bussgeldkatalog.org, AutoundVerkehr.de, geschwindigkeitsueberschreitung.net

(Zu) kleines Fenster in die Welt: Wer nur ein "Guckloch" in der Frontscheibe kratzt, riskiert ein Bußgeld von 10 Euro
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Die Licht-Automatik reagiert meist nur auf Wechsel der Helligkeit, nicht auf veränderte Sichtverhältnisse
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Schnee auf dem Autodach: Wer so losfährt, riskiert ein Bußgeld von 25 Euro
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Ist das Verkehrsschild im Schnee nicht zu erkennen, muss sich der Fahrer auch nicht daran halten. Doch bei Einheimischen zählt die Ausrede nicht
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Für mit Schnee bedeckte Scheinwerfer sieht der Bußgeldkatallog eine Strafe von 20 Euro
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Erstmal Auto starten, dann Auto abkehren? Womöglich riskant, Warmlaufen lassen ist mit einem Bußgeld von 10 Euro belegt
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Wer auf rutschiger Fahrbahn von der Straße abkommt, kann theoretisch wegen "Fahrens mit nicht angepasster Geschwindigkeit" belangt werden
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