50 Jahre Ford Capri: Oldtimer-Fahrbericht
Eigentlich sollte der Capri mal Colt heißen
Im wilden Jahr 1968 stellt Ford den Capri vor. Das Coupé sollte nicht nur der Sportwagen des kleinen Mannes werden, sondern viele Erfolge feiern.
Köln – Im Radio trällerten Heintje und Peter Alexander ihre Hits. 1968 war eine wilde Zeit, nicht nur in der Musik. Die ganze Welt war in Aufruhr: Prager Frühling, Massaker im Vietnamkrieg, europaweite Studentenproteste, der Tod Martin Luther Kings und das Attentat auf Rudi Dutschke.
Beim braven Autohersteller Ford brachen in dieser unruhigen Zeit die Verkäufe ein. Der Mief steckte bei Taunus 12 und 17M ganz tief in den Polstern. Um den Geist der Rebellion aufzufangen, plante Ford deshalb eine kleine Revolution. Der Capri sollte eine europäische Antwort auf den amerikanischen Ford Mustang sein. Das Coupé sollte die Provinzcowboys zum Träumen bringen und natürlich zum Kauf bewegen. Die Planung begann 1964. Konkrete Infos sickerten 1968 durch, als Ford die Capri-Produktion startete. Offiziell stellte Ford den Capri dann im Januar 1969 vor. Eigentlich sollte das neue Coupé Colt heißen – doch diesen Namen hatte Mitsubishi reserviert.
Der Mini-Mustang kam mit zwei Türen, langer Haube, kurzem Heck, reisetauglichem Kofferraum und einer für ein Coupé großen Fahrgastzelle – genug Platz für junge Erwachsene und kleine Familien. Das Beste aber: Der Capri war bezahlbar. Dank Baukastentechnik lag der Grundpreis des viersitzigen Fastback-Coupés nur knapp über dem eines gut ausgestatteten VW Käfers. 6.995 Mark zahlten Kunden für den 1300er mit schwachen 50 PS. Mit dem Motor ein Blender, ja, aber ein schöner.Gefühlt schneller im Capri
Die 50 PS beschleunigten den Zweitürer zwar nicht besser als die muffigen Limousinen – doch die Fahrer fühlten sich schneller. Mit den Ausstattungsvarianten L, XL, XLR und GT und verschiedenen Motoren konnten Kunden aus mehr als 50 verschiedenen Variationen wählen. Im ersten Jahr griffen mehr als 210.000 Kunden zu. Viele verfeinerten ihren Capri mit fetten Reifen, Spoilern und Hutzen.
In der Folgezeit kam es jahrzehntelang zu Duellen zwischen Capri, Opel Manta (ab 1970) und VW Scirocco (ab 1974), ausgetragen auf Landstraßen und an Ampelkreuzungen. Der starke Capri lag oft vorne, hatte aber nie das Proll-Image eines Manta. Zwar trugen viele seiner Fahrer zeitweise die Nackenhaare zu lang, die Hosen zu eng, das Hawaiihemd zu weit offen und den Schnauzer zu buschig. Aber das Auto litt darunter nicht.
Denn im Gegensatz zum Opel Manta war der Ford ein wirklicher Sportwagen. Ein Blender war der Capri nur in der Basisversion. Während es das Rüsselsheimer Coupé in der Großserie ausschließlich mit vier Zylindern gab (ausgenommen 27 Exemplare mit Senator-Sechszylinder), arbeiteten unter der Ford-Haube ab zwei Litern Hubraum sechs Zylinder. Bei den sportlichen Modellen wichen Vergaser einer mechanischen Einspritzung von Kugelfischer.
Eine Größe im Motorsport mit den Großen des Motorsports
Ford war in den 70er- und 80er-Jahren auf der Rennstrecke eine Größe. Die Helden des Motorsports fuhren Capri: Lauda, Glemser, Ludwig, Stuck, Maas, Quester, Winkelhock und Stommelen. 1972 gewann der Capri die Deutsche Rennsport-Meisterschaft und die Tourenwagen-Europa-Meisterschaft. Die ultraflachen Turbo-Capris der Gruppe 5 leisteten Anfang der 1980er-Jahre über 600 PS. Auch Walter Röhrl begann seine Rallye-Karriere auf einem Ford Capri.
Wir fahren ein besonderes Stück aus dem Ford-Archiv: einen RS 2600 von 1972. Ein Auto, das schon öfter den Weg von MOTOR-TALKern kreuzte. Die breiten Türen quietschen leicht beim Öffnen, die Sportsitze umklammern stramm die Hüften, das tief geschüsselte Lenkrad liegt gut in den Händen. Hoch ragt der Schaltstock des Viergang-Getriebes aus dem Mitteltunnel.Ein kleiner Dreh am winzigen Zündschlüssel und der Sechszylinder schüttelt sich. Die leichte, mattschwarz lackierte Motorhaube mit der kleinen Hutze vibriert. Der von Weslake frisierte 2,6-Liter-Sechszylinder leistet 150 PS und beschleunigt den Capri in 9,2 Sekunden auf 100 km/h, die Spitzengeschwindigkeit liegt bei 202 km/h. Eine Sensation in einer Zeit, in der ein 1200er-Käfer bei Vollgas mit 116 km/h auf der rechten Spur zuckelte.
Der Tacho des Ford endet erst bei 220 km/h, im Drehzahlmesser fängt der rote Bereich bei 5.800 Umdrehungen an. Daneben sitzen vier Rundinstrumente mit Anzeigen für Wassertemperatur, Tankinhalt, Bordspannung und Öldruck. Schalter für Scheibenwischer und Licht liegen rechts, kurz vor dem Radio. Sportlicher ging es in keinem anderen Coupé zu. Dabei war der Capri sogar bezahlbar, kostete als RS 2600 nur 15.800 Mark. Ein nicht schnellerer Porsche 911 T mit 110 PS war mit 21.980 Mark wesentlich teurer. Mehr als eine Million Capri verkaufte Ford bis zum Modellwechsel.
Auch als Rentner noch sportlich
Durch die tiefe Sitzposition lässt sich das vordere Ende der Haube nur erahnen, auch die Sicht nach hinten ist schlecht. Zum Einparken muss man schon den Kopf strecken, um das Blech nicht zu verformen. Denn die Chromstoßstangen fehlen beim Sportmodell – Gewichtsoptimierung der alten Schule. Dafür fährt sich der Capri auch nach fast 50 Jahren recht sportlich. Die Gänge flutschen ohne Zwischengas (trotz leicht verschlissener Synchro-Ringe) schnell in die richtige Gasse, die Einspritzung gehorcht auf noch so kleine Befehle des rechten Fußes und die Lenkung arbeitet direkt.
In schnell gefahrenen Kurven macht sich das Alter am ehesten bemerkbar: Dann, wenn die Karosserie wie ein Schiff auf hoher See stark zur Seite kippt, das Heck den Kurvenausgang sucht und die richtige Richtung nur mit schnellem Gegenlenken zu halten ist. Dafür tönt es aus dem Auspuff satt heraus, tief und kehlig.1,8 Millionen Capri - ohne Nachfolger
1974 modernisierte Ford den Capri, spendierte ihm eine kantigere Karosserie, Vinyldach, knalligere Farben und eine große Heckklappe. Der Beliebtheit tat das keinen Abbruch. Im Gegenteil, der Ford fuhr immer öfter auch in Filmen vor. John Wayne jagte als Polizist Brannigan Verbrecher in einem Capri quer durch London. Die Agenten Bodie und Doyle verfolgten in der britischen Serie "Die Profis" meist mit langen Nackenhaaren und in Schlaghosen Gangster.
Damit bedienten sie lange ein Klischee. Nicht nur in London, sondern auch rund um Köln. Dort, wo der Sportwagen in der dritten Generation bis 1987 gebaut wurde, wenn auch nur für den britischen Markt. Doch schon Anfang der 1980er ging die Sonne beim Capri langsam unter. Junge Erwachsene griffen eher zu starken Kompakten wie dem VW Golf GTI als zum langen Coupé.
Insgesamt konnte Ford über 1,8 Millionen Capri verkaufen. Einen Nachfolger erhielt das Auto nicht. Zumindest keinen ebenbürtigen. Denn die Ford Probe- und Cougar-Modelle waren nur modifizierte amerikanische Autos, mit denen europäische Kunden nichts mehr anfangen konnten. Eines blieb dem Capri aber immer erspart: Peinliche Witze wie die, die das Rüsselsheimer Pendant Opel Manta über sich ergehen lassen musste.
Die Capri passten in die Zeit und zur Kundschaft, denn das Modell das am meisten nachgefragt und gekauft wurde war der Capri 1700 GT mit sagenhaften 75 PS. Reichte andererseits bereits aus um etwa 155 km/h schnell zu laufen. War vollkommen genug.
Fette Reifen, Spoiler und Hutzen? Nee, damals noch nicht, da genügte ein bisschen schwarzer Lack aus der GT-Linie um aufzufallen. Allenfalls kam noch ein Fuchsschwanz an der Antenne dazu. Das waren aber nur die ganz wagemutigen, die sich sowas trauten.
Colt war übrigens abgeleitet vom jungen Pferd, nicht vom Revolver 😉
Ich hab die Blattfeder Rakete noch in Erinnerung.
Für meinen Manta A GTE waren das die "Opfer".
Aber sie waren überall. auch im Motorsport.
Als Kind der 60er war für mich damals die Leistung noch unwichtig, ich bewertete nur die Optik. Und die war beim Capri I ein Traum! Die RS-Modelle gefielen mir mit ihren Doppelscheinwerfern weniger und die Stoßstangenstummel mochte ich auch nicht (einen RS ohne Stoßstangen habe ich bis heute noch nie auf einer öffentlichen Straße gesehen, die hatten damals immer die vier kurzen, jeweils nur etwa 1/4 der Fahrzeugbreite schützenden Stoßstangenstummel). Als der Capri II kam war ich enttäuscht: Wie konnte ein so langweiliges und glattgelutschtes Design auf den wunderschönen Capri I folgen? Ich mag bis heute den Capri I am liebsten, gefolgt vom insgesamt stimmigeren Capri III, die Front des Capri II halte ich nach wie vor für misslungen.
Außerdem kam der 66 kW 2.0-Liter Sechszylinder im Capri II einfach nicht in Schwung, die Kiste war lahm. Mein Ascona mit 55 kW 1.9-Liter Vierzylinder beschleunigte aus dem Stand nahezu gleich (ein Kumpel hatte den Capri, ich den Ascona und wir haben es etliche Male getestet: Immer wieder Gleichstand), war aber im Zwischenspurt deutlich schneller, lediglich die Endgeschwindigkeit war beim Capri einen Hauch höher. Der 90 PS V6 machte also ganz zu unrecht auf dicke Hose, war eher müde, kostete aber im Unterhalt sogar mehr als andere Autos mit 90 PS, weil die Kiste auch noch alles andere als sparsam war.
Für einen jungen Fahrer in den 80er Jahren war der Capri aus den 70er und 80er Jahren also eher eine peinliche Karikatur eines "Sportwagens", besonders Audi 80 und Passat mit 55 kW oder den in der Klasse wirklich flotten 63 kW fuhren Kreise um Taunus und Capri. Was den Capri besonders lächerlich machte.
Gruß Michael
Tja, da konnte man noch von Design sprechen, tlw. zeitlos und gefällt immer noch. Eine Bitte an Ford, nicht wieder auflegen, dafür ist die Zeitspanne einfach zu lang, und da kann nur Murks rauskommen. Mir reicht die Neuauflage des gescheiterten Scirrocco.
Die lange Schnauze hatte aber auch Nachteile, an unübersichtlichen Ausfahrten stand man mit dem halben Auto schon in der Vorfahrtsstraße, bevor man den Überblick hatte. 😆
Oh, ist das die Originallackierung?
Bin erst vor wenigen Tagen in England einen genau so lackierten Capri gefahren.
Der war allerdings mit Allrad und 543 KW ordentlich umgebaut und zum Driften da.
Abgesehen von den Felgen sah er genau so aus - Zufälle gibts!
...lang ist es her, hatte auch mal einen in Besitz...da kommen alte Erinnerungen hoch...tolle Zeiten damals...kommen so nicht wieder...
Laßt den Capri wieder aufleben, liebe Ford Entwickler, vieleicht als E-Sportmobil...😉
Wenn der Capri bei roter Sonne im Meer versinkt...
Welten besser als ein Manta.
Wenn beim Capri die rote Öldruckleuchte blinkt...
Ja, viel schöner als der Manta.
Bei dem nur der Name wiederaufgelegt wurde, das Auto hatte eine ganz andere Linie. Da erinnerte nichts an die alten Sciroccos.
Gruß Michael
Seid Ihr des Wahnsinns fette Beute? Ja, ein Capri I ist ein schönes Auto, aber ein Capri kommt schon wegen seiner unterm Strich schwächeren Technik im Leben nicht an einen Manta A heran! Der auch noch schöner ist. Da ist das Bessere Feind des Guten. Capri toll, Manta toller.
Gruß Michael
Die Nachbarin fuhr ihn. Capri II, Baujahr 76, hellgrün metallic mit braunem Vinyldach, Ghia 2,3 V6. Oh was habe ich gestaunt und geneidet. Stand bei uns doch „nur“ der aus meiner Sicht todlangweilige W123 230er in weizengelb in der Garage (dass mein Vater gerade erst fast 30.000 DM für ihn hingeblättert hatte, hatte ich als 7 jähriger Steppke nicht auf dem Radar) und ein 1975er Golf LS davor.
Ich, wenn ich in der Einfahrt Fußball spielte, schielte immer auf die unendlich lange Motorhaube, auf das vornehm-sportliche Cockpit mit Echtholz an den Türen, beigen Velourssitzen und einem dunkelbraunen Armaturenbrett.
Als der Gatte der Nachbarin 1978 vom Taunus auf den Monza 3,0E umstieg, war es bei mir ganz „aus“. Der zwei Jahre ältere Sohn des Nachbarn musste nur beiläufig „Sechszylinder“ sagen und in mir kroch die kalte Wut hoch, die sich beim nachbarschaftlichen Strassenfussballspiel schon mal in einem gezielten Tritt gegen das Nachbarsbein entlud.
Heute sind wir immer noch gute Freunde. Außer bei Autos. Er fährt BMW....😊
Warum gelang es den Sesselfurzern in den oberen Etagen des Herstellers nicht die Erfolgsgeschichte eines solchen Fahrzeuges weiterzuführen ?
Der Capri war gut für das Image von Ford und Geld haben sie damit auch verdient.
Stattdessen kauft der Hersteller die Bodenplattform eines Mazda 626, stülpt eine Karosserie drüber die nur wenigen Leuten gefällt und will das Gefährt dann als Ford-Coupé verkaufen.
Hat nicht funktioniert.
Das ist aber eine Erscheinung von Autoherstellern die ihren Firmensitz in den USA haben, weit weg von Deutschland, in Deutschland wird nur wenig bis garnichts entschieden, der Markt wird vernachlässigt weil er die amerikanische Konzernführung nicht interessiert. Die paar Autos da....
Mit dem Focus beweist der Konzern dass man sehr wohl weiß wie Markt funktioniert, warum nicht mit einem adäquaten Nachfolger des Capri?
Jetzt ist es zu spät, der Markt für solche Pseudo-Sportwagen ist ja längst tot.
Fast ein schönes Vehikel - wenn bloß nicht diese blöde Sicke in der Seitenlinie wäre, die auch noch um den hinteren Radausschnitt herumgeführt erscheint. Dieses Detail nimmt echt die Sicken-/Dellenverbrechen des Auto-Designs ab 2010 vorweg.