Ford Sierra Cosworth mal anders: 24-Ventil-Umbau, Tuning
Ford Sierra als Rentnerschleuder mit Cosworth-Power
Der Ford Sierra galt als biederes Rentnerauto. Mit dem 2,9i-Cosworth-Motor vom Scorpio wird der Wagen zum zornigen Lustgreis. Wir haben uns einen Umbau angesehen.
Von Haiko Prengel
Berlin – Es gibt Menschen, die mögen Autos ohne jegliches Charisma. Klaus Kucharczyk zum Beispiel. Sein Ford Sierra rollt auf öden Stahlfelgen mit Radkappen, die Sitze sind mit beige-braunem Stoff bezogen, auf der Hutablage liegt eine umhäkelte Klopapierrolle. „Das ist genau das, was ich wollte“, sagt Kucharczyk über seinen Ford Sierra. „Der soll aussehen wie eine Rentnerschleuder!“
Doch man sollte bei diesem Sierra nicht zu schnell urteilen. Auch wenn ihm ein doppelstöckiger Spoiler wie am Sierra XR4i fehlt oder der Riesenflügel des Sierra RS Cosworth: Dieser Berliner Youngtimer, Baujahr 1990, hat es faustdick unter der Motorhaube. Die Lufthutzen darauf deuten es schon vorsichtig an. Genau wie die dezente Tieferlegung. Kennern geht spätestens bei der Kennzeichen-Kombination ein Licht auf: „BOA“ - so lautete der Codename für den 2,9i-Cosworth-Motor, den Ford Anfang der Neunziger im Ford Scorpio 24 V verbaute. Markenzeichen: Ein kraftvolles DOHC-Aggregat mit satten 195 PS und 275 Newtonmetern Drehmoment.
Ford Sierra mit 24-Ventil-Umbau: Nur 65.000 km gelaufen
Ganz schön viel Power für einen Opa-Sierra. Tatsächlich kaufte Klaus Kucharczyk sein Auto einem Rentner aus Wuppertal ab. Im Jahr 2001 war das, der Kfz-Mechaniker war 18 Jahre alt. Damals steckte noch keine Cosworth-Maschine in der Mittelklasse-Limousine. Dafür hatte der Sierra nur jungfräuliche 65.000 Kilometer auf dem Tacho. Die komplett rostfreie Karosse lockte Kucharczyk endgültig ins Bergische Land. Der junge Ford-Fan aus Ostdeutschland nahm das Rentnerauto sofort mit. Und stellte den Sierra erst einmal in die Garage. Lange Zeit passierte gar nichts. „Mit 18 hatte ich einfach kein Geld.“ Die Summe für den Fahrzeugkauf hatte ihm seine Oma geliehen.Schon sein allererstes Auto war ein Ford Sierra. „Und das Auto musste ziemlich viel mitmachen“, erinnert sich Kucharczyk, der aus der Nähe von Ludwigslust stammt. 120 PS hatte der Wagen, ziemlich viel für ein Anfängerauto. Dazu kamen Schaltgetriebe und Hinterradantrieb – die Folgen waren klar: „Damit bin ich gedriftet ohne Ende.“ Sein Ur-Sierra hielt immerhin bis 2007 durch, dann folgte ein Ford Scorpio.
Den zweiten Sierra aus Wuppertal hatte er sich kurz nach dem ersten gekauft. Abgesehen vom Geld mangelte es auch an Zeit zum Schrauben, deshalb stand der Wagen für längere Zeit auseinandergenommen in der Schrauberhalle. Als die finanzielle Lage sich besserte und mehr Muße da war, begann Kucharczyk, seinen Sierra nach eigenen Vorstellungen umfangreich umzubauen.
Ford Sierra Tuning: Größere Bremsen und Tieferlegung
Dazu gehörte eine dezente Tieferlegung und stärkere Bremsen, die originalen 14-Zöller mussten größeren 15-Zöllern vom Scorpio weichen. Auch die mausgraue Innenausstattung kam raus und eine hellbraune rein. Im Zuge dessen tauschte Kucharczyk die elektrischen Fensterheber gegen mechanische Kurbelfenster. „Ich finde, das passt zu dem alten Auto“, sagt er. Sein 90er-Sierra ist ein feiner „Ghia“, zu den Extras gehören ABS, Windschutzscheibenheizung, Schiebedach und die damals sehr seltene Klimaanlage, die sogar heute noch funktioniert.
An der Karosserie musste nichts gemacht werden – sehr untypisch für den Sierra, von denen viele andere Exemplare wegrosteten. Schweller, Längsträger, Radläufe – neuralgische Stellen gab es viele. Der bordeaux-rote Wagen aus Wuppertal war sauber, was der peniblen Vorsorge des Vorbesitzers zu verdanken ist. „Der hat das Auto im Winter abgemeldet“, sagt Kucharczyk.
Sein wichtigster Eingriff beim Tuning galt dem Motorraum. Der originale Motor, als 2,9 12V (145 PS) auch kein Leisetreter, kam raus und wurde durch den 2,9i Cosworth aus einem geschlachteten Scorpio 24V ersetzt. Mit 225 km/h ist dessen Spitzen angegeben, aber der Sierra ist das leichtere Auto und deshalb schneller. Neulich machte Kucharczyk den Bleifuß-Test auf der Autobahn. „Mein Navi zeigte 236 km/h an.“ In England sind solche Sierra-Umbauten auf Cosworth-Motoren sehr beliebt, dann allerdings meist mit Schaltgetriebe.
Der letzte Mittelklasse-Ford mit Hinterradantrieb
Erst im vergangenen Herbst hatte Klaus Kucharczyk seinen Super-Sierra im Rentner-Look erstmals angemeldet – nach 16 Jahren Stillstand und viel, viel Umbau-Arbeit. Die Liebe fürs Detail reicht bis zum nachgerüsteten Tempomaten oder verchromten Türgriffen vom Ford Granada – denn die originalen beim Sierra waren bloß aus Plastik. „Der Sierra war halt ein Verbrauchsauto“, sagt Kucharczyk. Was nicht wegrostete, wurde verschlissen. Viele Exemplare fielen dann der G-Kat-Pflicht und der Abwrackprämie zum Opfer. Schade eigentlich, denn der Sierra ist der letzte Mittelklasse-Ford mit Hinterradantrieb. 1993 wurde er vom frontgetriebenen Mondeo ersetzt.Den Ford Sierra von Klaus Kucharczyk wird man nun öfter auf der Straße sehen – und wenn der Berliner aufs Gaspedal drückt, in der Regel von hinten. Noch sei er dabei, „Erfahrungs-Kilometer“ zu sammeln, sagt der 35-Jährige. Eine erste große Ausfahrt zu einem Ford-Sierra-Treffen im Ruhrgebiet hat sein Auto aber schon erfolgreich absolviert. Nur Driften tut er mit seinem alten Ford nicht mehr, sein unscheinbarer Ghia ist ein Automatik. Ganz Rentner-Auto eben. Auf den ersten Blick.
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Technische Daten Ford Sierra 2,9i 24V (1990)
- Motor: Sechszylinder-V-Benziner, 24 Ventile (Umbau, original: 2,9i 12V)
- Hubraum: 2933 cm³
- Leistung: 195 PS
- Getriebe: Vierstufen-Automatik
- Höchstgeschwindigkeit: circa 230 km/h
- Verbrauch: ca. l2/100 km
- Leergewicht: ca. 1.200 kg
- Länge: 4,425 m
- Breite: 1,694 m
- Höhe: 1,407 m
- Radstand: 2,608 m
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Das Rentnerbeige hat was aber warum zum Teufel ersetzt man elektr. Fensterheber durch manuelle ?
Nen Ghia mit Klima (!) fahren aber keine elektr. Fensterheber ?
Ansonsten schön unauffällig mit den Radkappen, tolles Auto !
einmal übers Armaturenbrett wischen hätt aber auch keinem wehgetan 😆 😆
Das frage ich mich auch. Ich hatte zwei Audis aus der Zeit als es noch gar keinen Sierra gab. Da wäre ich im Traum nicht drauf gekommen, die elektrischen Fenster auszubauen und durch mechanische zu ersetzen. Für einen der beiden gab es ab Werk nicht einmal mechanische Fenster.
Das hab ich mich zu Beginn auch gefragt. Wahrscheinlich ist, dass die „neue“ Innenausstattung nicht mit elektrischen FH kam, sondern eben mit den Löchern für die Kurbeln. Somit nachvollziehbar aber ungewöhnlich.
@Yeoman,
Ein "antikes" Rentner Auto hat halt einen gewissen Staubansatz...........
Da "ER" den Tacho durch sein Navi ersetzt hat, ist dem Besitzer
so eine Kleinigkeit nicht so wichtig. Auch der Staub hat Was
(schmutziges....)
Ich finde es sehr BEACHTLICH, was der junge Mann da auf die
Räder gestellt hat. Meine Hochachtung, Gruß aus B.....
Ich hätte noch ein paar Autos ohne jegliches Charisma: Audi SQ7, Mercedes G63 AMG, Porsche 911 Carrera, Hyundai Irgendwas, Kia Sonstwas, Dacia, Schkodda, Seat etc. pp. Die gurken oder röhren hier mittlerweile an jeder zweiten Straßenecke rum, Massenware. Da ist so ein schnöder Sierra Abwechslung pur und eine Wohltat für die Augen. Und die manuellen Fensterkurbeln sind einfach nur geil, die Muskulatur wird‘s danken.
Schön gemachter Wagen. Um diese Fords kümmert sich sowieso kaum einer, da ist es umso besser wenn er es tut.
Hut ab, das ist echte Auto Leidenschaft
Gut gemacht!! Aber nicht sooo selten. Ich hab schon zwei so umgebaut. Sogar einen als 4x4, das dürfte der einzige zugelassene in Deutschland sein :-)
Diese Fords sind schon cool. Auf wenn keine auf sie achtet.
Hab am letzten Sonntag erst nen 4x4 Cosworth auf nem Youngtimer treffen gesehen. Echt interessant. Leider aber in weis.
"Den Ford Sierra von Klaus Kucharczyk wird man nun öfter auf der Straße sehen – und wenn der Berliner aufs Gaspedal drückt, in der Regel von hinten"
das klingt ein wenig reißerisch....der Motor war im Scorpio mit knapp 9s angegeben....in dem max 100kg leichteren Sierra Ghia der dafür mit einer 3Gang Wandlerautomatik aus den 80ern daherkommt wird das also auf keinen Fall schneller....die Kiste ist damit nicht langsam, aber schwimmt auch nur im Mittelfeld.
Driften geht aber auch mit Automatik 😉
Seinen Rückbau der Fensterheber kann ich mir aber auch nur damit erklären das die "neue" Innenausstattung schon Löcher für die Kurbeln hatte. Da die Schalter für die elektr. Heber auf der Mittelkonsole verbaut waren,
hätte ich die Kurbeln nur der Optik wegen verbaut und die Taster in der Mittelkonsole gelassen.
Insgesamt aber ein schönes Auto und ein toller Umbau.
Ich freu mich über jeden, der sich die Mühe macht und so eine alte Kiste erhält.
Egal, was man da sonst noch reinpacken würde, der Sierra wird wohl nie eine Stilikone.
Oder anders: In meinen Augen ist der nur bieder. Hässlich trifft es nicht ganz.
Cool, gefällt mir. Ich mag alte Fords ohnehin. Manchmal habe ich Bock auf einen Sierra FLH oder einen frühen Scorpio mit FLH.
Ist das nicht schon eine 4-Gang-Automatik?
top Auto, top Motor. Und jetzt noch schön mit Fett alle Hohlräume nachkonservieren (falls noch nicht geschehen)