Technikmuseum Berlin: Geheime Oldtimer-Sammlung

Honeckers G-Klasse steht im Geheimdepot

MOTOR-TALK

verfasst am Fri Jan 26 08:00:53 CET 2018

Im Geheimdepot des Technikmuseums Berlin verstecken sich Autos aus der Kaiserzeit und Honeckers G-Klasse: MOTOR-TALK durfte sich in den imposanten Hallen umsehen.

Depotleiter Dietmar Ruppert arbeitet seit mehr als 30 Jahren beim Technikmuseum Berlin. Wohl kein anderer kennt die historische Sammlung so gut wie er
Quelle: die-motorjournalisten.com | Haiko Prengel für mobile.de

Von Haiko Prengel

Berlin – Deutschlands wohl größter staatlicher Autoschatz versteckt sich in einem tristen Gewerbegebiet im Berliner Norden. Wo genau sich die Sammlung des Technikmuseums Berlin befindet, ist streng geheim. Doch wir scheinen richtig zu sein: An der hohen Mauer mit den schweren Eisentoren steht der Name der Scheinfirma, den man uns genannt hat.

Ich klingele. Die Sprechanlage knistert, ich werde nach meinem Anliegen gefragt. Nach ein paar Minuten Wartezeit öffnet ein 1,95 Meter große Hüne das schwere Tor. Dietmar Ruppert ist groß, aber harmlos und nett. Er ist kein Türsteher, sondern der Leiter des Depots. Der 56-Jährige verwaltet die exquisite Fahrzeugsammlung des Museums, das langjährige Berliner unter dem Namen „Museum für Verkehr und Technik“ kennen. 1996 wurde es umbenannt in „Technikmuseum Berlin“.

Zur Jagd fährt man in Grün: Mit dieser Mercedes G-Klasse fuhr DDR-Staatschef Erich Honecker in den 80er-Jahren in die Schorfheide zur Pirsch. Seinen Karabiner legte er auf der Rücksitzbank an
Quelle: die-motorjournalisten.com | Haiko Prengel für mobile.de
Hier im Depot stehen seltene Autos, Lkw, Busse, Motor- und Fahrräder, teils über 100 Jahre alt. Auch Loks aus der Kaiserzeit und Flugzeugwracks aus dem Zweiten Weltkrieg - die genaue Zahl der Exponate hat Ruppert nicht im Kopf, aber allein an Autos seien es deutlich über 200, sagt er. „Damit handelt es sich um eine der, wenn nicht die größte Sammlung von historischen Fahrzeugen der Öffentlichen Hand.“

Garagengold in meterhohen Regalen

Das abgeschirmte Areal ist nicht öffentlich zugänglich, aber uns wird an diesem Vormittag ein Rundgang gewährt. In riesigen Hallen verwahrt das Museum reihenweise seltene Karossen und irre Vehikel - geparkt in meterhohen Metallregalen. Der Platz ist begrenzt, also rückt das Blech eng zusammen. Da kuschelt übereinander gestapelt ein dreirädriger Kleinlaster mit einem quietschgelben Tempo Matador. Der possierliche Lieferwagen aus den 1950er-Jahren wurde einst zum Wohnmobil umgebastelt und ist heute ein höchst rarer Sonderaufbau.

Viele Vorkriegsklassiker werden in dem Depot aufbewahrt, etwa ein Minerva, eine belgische Luxuskarosse aus den späten Zwanziger Jahren. Oder ein recht rostiges Citroën-Taxi aus der gleichen Zeit. Damals ließen sich gut betuchte Berliner gern in Landaulet-Taxis wie diesem offenen Citroën kutschieren. „Die Leute wollten sehen und gesehen werden, wenn sie über den Tauentzien fuhren“, erklärt Ruppert.

Nicht gesehen werden wollte Erich Honecker. Der DDR-Staatschef fuhr in den 1980er-Jahren gern mit einer Mercedes G-Klasse in der Schorfheide jagen - ausgerechnet in einem Luxus-Geländewagen des Klassenfeinds. Heute steht der Mercedes in der Depotsammlung, erkennbar am fehlenden Mercedes-Stern auf dem Kühlergrill. Aufs Wild zielte Honecker übrigens von der Rücksitzbank aus. Der Spezialumbau eines Westberliner Karosseriebauers erlaubte es ihm, seinen schweren Karabiner bequem im Wagen abzustützen.

Der kleinere Teil steht im Museum

Natürlich handelt es sich bei der imposanten Fahrzeugsammlung nicht um den Heiligen Gral, den niemand je sehen darf. Doch das Berliner Technikmuseum im Stadtteil Kreuzberg ist zu klein, um alle Fahrzeuge dauerhaft auszustellen. Nur etwa 30 Fahrzeuge sind dauerhaft in der Ausstellung „Mensch in Fahrt“ zu sehen. Weitere 29 Vehikel kann man derzeit in der Sonderausstellung „Umgeparkt“ besichtigen.

Das Depot befindet sich an einem geheim gehaltenen Ort. Über 200 historische Fahrzeuge werden hier verwahrt, aber auch alte Fahrräder, Lkw und Flugzeugwracks
Quelle: die-motorjournalisten.com | Haiko Prengel für mobile.de
Darüber hinaus verleiht das Museum immer wieder Fahrzeuge an Museen in aller Welt. Der größte Teil bleibt jedoch in den Berliner Depots. Und weil die Sammlung einen immensen Wert hat, wird der genaue Standort geheimgehalten.

Allerdings: Der ärgste Feind des Schatzes ist kein Autodieb, sondern der Zahn der Zeit. Rosshaar, Watte, Leder, Holz - historische Autos sind voller organischer Materialien, die sehr empfindlich auf die Witterung reagieren. Auch Insekten, insbesondere Motten, machen den Leuten vom Technikmuseum zu schaffen.

Die kleinen Biester nisten sich gerne in den Oldtimern ein und zerfressen das Mobiliar. „Für Motten ist das hier ein Eldorado“, erklärt Dietmar Ruppert. Per Pheromonstreifen werden die Fahrzeuge daher regelmäßig auf Befall durch die gefräßigen Tiere untersucht. Ist der Befund positiv, werden die Motten und ihr Nachwuchs per Stickstoffbehandlung oder im Tiefkühlcontainer ausgemerzt. Gegen einen Neubefall hilft die aufwändige Prozedur jedoch nicht. „Es ist ein Spiel ohne Ende“, klagt Dietmar Ruppert.

Privat fährt Herr Ruppert Citroën

Keiner kennt die alten Autos und anderen Stücke so gut wie der gelernte Tischler und Tankwart. Im Januar 1987 kam er als junger Mann zum Technikmuseum und fing in der Transportabteilung an. In seine Position als Depotleiter wuchs er über die Jahre hinein. Ein Traumjob? „Ich hatte schon früh ein Faible für alte Sachen“, verrät der Vater dreier Töchter.

Als 15-Jähriger habe er auf einem frisierten Jawa-Mofa Westberlin unsicher gemacht. Heute braust er gerne mit einem Gespann aus den 1950ern, einer MZ BK 350, durch die Hauptstadt. Oder mit seiner geliebten Citroën DS. Momentan steht die französische Göttin im Winterlager und wartet auf den Frühling.

Auch dieser Audi Quattro von 1983 schmückt die Dauerausstellung „Mensch in Fahrt“ im Technikmuseum Berlin im Stadtteil Kreuzberg
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Allzu gerne würde er wohl den einen oder anderen Oldtimer aus dem geheimen Depot auf eine Spritztour mitnehmen. Aber die Fahrzeuge aus der Sammlung des Technikmuseums werden nur zu Ausstellungszwecken bewegt, höchstens mal geschoben.

Alle Betriebsflüssigkeiten seien abgelassen, erklärt Dietmar Ruppert - schon aus Sicherheitsgründen. Denn ein voller Benzintank stellt ein großes Brandrisiko dar. Außerdem seien die Fahrzeuge unverkäuflich - da muss der Depotleiter Investoren enttäuschen, die beim Anblick des staatlichen Garagengolds auf spekulative Ideen kommen. „Das, was wir haben, geben wir nicht mehr her.“

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Automobiler Schatz: Das Technikmuseum Berlin beherbergt eine der größten Fahrzeugsammlungen der öffentlichen Hand
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Wegen der Größe der Sammlung kann aber nur ein Bruchteil dauerhaft im Museum gezeigt werden - so wie dieser NAG-Rennsportwagen, der 1921 beim ersten Avus-Rennen auf Platz 1 raste
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Auch dieser Audi Quattro von 1983 schmückt die Dauerausstellung „Mensch in Fahrt“ im Technikmuseum Berlin im Stadtteil Kreuzberg
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Meilenstein im Automobilbau: Ein Ford Model T, bis 1972 das meistverkaufte Auto der Welt. Dann wurde die „Blech-Liesel“ in dieser Rangliste vom VW Käfer abgelöst
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Auch Ostfabrikate wie dieser Trabant aus Zwickau schmücken die Fahrzeugausstellung des Technikmuseums Berlin
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Dieser Brezelkäfer von 1952 ist dagegen nur befristet zu bestaunen - im Rahmen der Sonderausstellung „Umgeparkt“
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Die Sonderausstellung „Umgeparkt - Autos aus dem Depot“ präsentiert knapp 30 automobile Schätze, die sonst in der geheim gehaltenen Sammlung im Berliner Norden verwahrt werden
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Sperrholzkarossen aus Spandau: Die Zwickauer Marke DKW bot in den 20er- und 30er-Jahren Kleinwagen in sehr einfacher Ausführung an ...
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... die Karosserie bestand aus einem Holzrahmen, der mit Kunstleder bespannt wurde. Diese Konstruktion war wenig belastbar, bald hingen die Autos zwischen den Achsen durch. Einige sollen sogar in der Mitte auseinandergebrochen sein
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Zu sehen ist die Sonderausstellung „Umgeparkt“ noch bis zum 31. Juli 2018
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Danach werden die historischen Vehikel wieder ins große Depot im Norden Berlins verfrachtet
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Benz Patent-Motorwagen: Natürlich darf das erste Automobil der Welt nicht in der Ausstellung des Technikmuseums Berlin fehlen
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Den Wert der historischen Sammlung im Depot kann Dietmar Ruppert nicht beziffern. Aber es dürften viele Millionen Euro sein. Vor allem deutsche Flugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg werden zu immensen Preisen gehandelt - denn viele sind nicht mehr übrig
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Mit Elektroautos wurde immer wieder experimentiert. Dieses „El-Di-Car“ war ein Projekt der Neunziger Jahre und hatte einen Elektro- und einen Dieselmotor an Bord. Mit etwa 100.000 Mark war der Anschaffungspreis aber wohl etwas zu hoch
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Symbol der Wirtschaftswunderzeit: Ein gut erhaltener Mercedes Ponton in feschem Grau
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Der Tempo Matador war einer der Lieferwagen der Nachkriegszeit. Dieses gelbe Exemplar wurde zu einem Wohnmobil umgebaut
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Experte der imposanten Sammlung ist Depotleiter Dietmar Ruppert. Der Berliner ist selbst Kfz-Narr und fährt unter anderem eine alte Citroën DS
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Das Depot befindet sich an einem geheim gehaltenen Ort. Über 200 historische Fahrzeuge werden hier verwahrt, aber auch alte Fahrräder, Lkw und Flugzeugwracks
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Auf diesem Regal thront ein altes Motorradgespann. Darunter ruht ein historisches Müllfahrrad aus den Niederlanden
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Ein Großteil der verwahrten Fahrzeuge - so wie dieses Citroën-Taxi - haben einen Bezug zu Berlin. Vor dem Zweiten Weltkrieg war die Stadt ein bedeutender Industrie- und Automobilstandort
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Manche Sammlungsstücke machen einen recht verwitterten Eindruck. Zur Top-Restaurierung aller Vehikel fehlen einfach Zeit und Geld
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Zur Jagd fährt man in Grün: Mit dieser Mercedes G-Klasse fuhr DDR-Staatschef Erich Honecker in den 80er-Jahren in die Schorfheide zur Pirsch. Seinen Karabiner legte er auf der Rücksitzbank an
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Auch alte Radkappen und anderes altes Kfz-Zubehör wird in den endlosen Regalen aufbewahrt
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Insgesamt soll sich die Sammlung der Stiftung des Technikmuseums Berlin auf eine Viertelmillion Exponate belaufen
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