24 Stunden von Le Mans 2018: Hintergrund, Porsche GT Team

Le Mans: Hinter den Kulissen beim GT-Polesetter

Sven Förster

verfasst am Sat Jun 16 14:32:13 CEST 2018

Die größte Show beim 24 Stunden-Rennen 2018? Die GT-Klasse, hier duellieren sich sechs Werke. Wir blicken hinter die Kulissen des schnellsten Teams aus dem Qualifying.

Schnellstes Auto der GT-Klasse im Qualifying: Der Rothmans-Porsche (Nummer 91) mit Bruni, Lietz und Makowiecki. Das Design im Stile des langjährigen Sponsors von einst ist nur gestattet, weil es den Zigarettenhersteller mittlerweile nicht mehr gibt
Quelle: Porsche

Le Mans – Heute um Punkt 15:00 Uhr starten die 24 Stunden von Le Mans, das wichtigste Langstreckenrennen der Welt. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird Toyota endlich den Gesamtsieg mit nach Hause nehmen – der TS050 Hybrid-Prototyp war im Qualifying mehr als vier Sekunden vor dem nächsten markenfremden Mitbewerber, einem privaten Rebellion. Herausforderer auf Augenhöhe fehlen – Audi, Peugeot und zuletzt Porsche zogen sich aus der stärksten Kategorie (LMP1) zurück.

Die Schlacht der Werke gibt es noch, sie steigt nun in der Sportwagen-Wertung. BMW M8 gegen Ferrari 488, Ford GT, Aston Martin Vantage AMR Chevrolet Corvette und Porsche 911. Den Zuffenhausenern gehörte das Qualifying. Der Elfer mit Gianmaria Bruni (Italien), Richard Lietz (Österreich) und Frédéric Makowiecki (Frankreich) war klar vor dem Schwesterauto mit Kévin Estre (Frankreich), Michael Christensen (Dänemark) und Laurens Vanthoor (Belgien).

"Eigentlich will niemand den Start fahren"

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Quelle: Porsche
Für den Rennausgang bedeutet das erst einmal wenig, für die ersten Fahrer die Welt. „Der Druck ist im ersten Stint enorm groß“, erzählte uns Kévin Estre eine Woche vor dem Langstrecken-Rennen am Rande des GT-Masters-Laufs auf dem Red Bull Ring. „Eigentlich will niemand gerne den Start fahren.“ Klar, bei einem Crash im Getümmel der ersten Runden wäre der „Walk of Shame“ zurück an die Boxengasse richtig bitter.

Gleichzeitig übergibt niemand gerne das Auto mehrere Plätze weiter hinten an den nächsten Piloten des Teams. Mit dem Marken-Kollegen an der Seite wird die Sache freilich angenehmer. Die 30 vor den besten Sportwagen platzierten Prototypen sind ohnedies schnell auf und davon – aber auch irgendwann wieder im Rückspiegel.

Das ist eine weitere Besonderheit des Langstrecken-Klassikers: Die mehr als 500 PS starken Supersportler stehen hier ganz am Ende der Nahrungskette. Die Werksprofis dürfen sich nicht von den mitunter weniger erfahrenen Piloten der privaten Prototypen-Teams abräumen lassen - sie stechen in den Anbremszonen mitunter recht beherzt in die Lücke. „Manche scheinen zu glauben, im GT-Auto gibt es einen Knopf, mit dem man sich einfach auflösen kann“, scherzte Porsches Motorsport-Chef Frank-Steffen Walliser im Vorfeld. Es gab bestimmt Situationen, in denen er den Satz ohne Lächeln auf den Lippen in der Box eines Konkurrenten vortrug. Vielleicht auch bei Toyota. „Bei manchen Langstrecken-Rennen war ich wegen solcher Vorfälle häufiger bei ihnen als in unserer eigenen Box.“

Was den Elfer vom 919 unterscheidet

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Quelle: Porsche
Noch im vergangenen Jahr kämpften die Marken außerdem in der stärksten Kategorie um den Gesamtsieg in Le Mans. Toyota war nach technischen Problemen chancenlos, der Porsche-Hybrid-Prototyp mit den Neuseeländern Brandon Hartley und Earl Bamber sowie dem deutschen Timo Bernhard siegte.

Bernhard teilt sich bei der diesjährigen Ausgabe einen 911er mit Landsmann Sven Müller und dem Franzosen Romain Dumas. Wie sich der GT im Vergleich zum extremen 919-Prototypen von 2017 fährt? „Du musst mit dem Elfer wesentlich runder fahren, die Aerodynamik spielt eine im Vergleich kleinere Rolle“, erklärt Bernhard im Vorfeld. Anders gestalte sich auch die Zeit zwischen den Rennen: „In der Prototypen-Kategorie hat man viel mehr technische Freiheiten bei der Entwicklung neuer Teile. Man testet also häufiger neue Teile als bei einem GT-Sportwagen.“

Intensive Testfahrten unternahm das Team freilich auch mit den GT-Wagen. „24-Stunden-Runs sind in der Vorbereitung selten, weil man die Rennstrecken oft nicht so lange verfügbar sind oder in der Nacht nicht gefahren werden darf“, sagt Kévin Estre. „Meistens macht man dann drei Tage mit je 10 Stunden“. Service-Arbeiten am Auto gebe es in der Nacht dann keine. Man wolle Beanspruchung und Belastung eben möglichst realistisch simulieren.

Langstreckensport ist Teamsport

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Quelle: Porsche
Die Piloten fahren in der Vorbereitung maximal vier Stunden am Stück - längere Turns erlaubt das Reglement beim Rennen schließlich nicht. Die Regeneration zwischen den Einsätzen gestaltet sich am Wettkampftag mitunter schwierig. Raus aus dem Cockpit und ab ins Bett bis der Wecker wieder klingelt? "Oft ist man einfach zu aufgeregt", sagt Timo Bernhard. "Es lässt einem manchmal keine Ruhe, ob mit dem Auto alles in Ordnung ist und das Team noch im Rennen ist", ergänzt Werksfahrer-Kollege Estre.

Der Zusammenhalt im Werksfahrer-Kader scheint groß, die Stimmung gut. Das ist wohl nicht nur bei Porsche so. Langstreckensport ist Teamsport. Bernhard: "Du musst eng zusammenarbeiten. Und dem Kollegen ein Auto weitergeben, mit dem er noch schnell sein kann."

Welches der GT-Werksteams für Le Mans 2018 das beste Package schnürte, ob Toyota an der Spitze ohne technische Probleme über die Distanz kommt? Wirklich wissen werden wir es erst Sonntagnachmittag. Dazwischen liegen 24 Stunden Racing am Circuit de La Sarthe. Mit vielen kleinen Zwischenerfolgen und einigen individuellen Dramen für die insgesamt 60 Teams auf der Strecke. Sowie einem Party-Marathon für die Fans auf den Rängen.

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