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Reifenkauf

Harley-Davidson
Themenstarteram 5. August 2005 um 18:27

Ich bin schon viele Kilometer gefahren, wie viel weiß ich nicht genau, aber ich schätze mal nicht wenig. Das es sich hierbei um keine wirklich klare Aussage handelt ist mir durchaus bewusst, nur Unwahrheiten mag ich nicht, deshalb lieber so.

Eines Morgens fuhr ich in die Arbeit. Ich weiß, laut Volksmund sagt man: Ich fahre auf die Arbeit. Sicher, es gibt Berge von Arbeit, aber mal ganz nüchtern - man kann nur in die Arbeit fahren. Es handelt sich hierbei weniger um eine Belehrung, mehr eigentlich um reine Selbsterkenntnis. Jedenfalls war ich auf dem Weg in die Arbeit und fuhr auf eine Ampel zu. Frau sitzt neben mir und runzelt die Stirn. Man, ich hab’ sie angeschnauzt, weil ich selbst weiß, daß mehrere Leute am Tag auf eine Ampel zufahren. Immer nur ich, ich, sagt sie. Ja, wieder hat sie das Wort gegen mich erhoben und ich bekomme Selbstzweifel. Natürlich muß ich ich schreiben, da ich ja von ich erzähle. Heute ist wieder der Wurm drin...Ich schlage Frau vor, etwas rauszugehen. Bei diesem schönen Wetter kann man sicher schön spazieren. Frau geht nicht, ich ging also.

Ich wollte eh gehen, denn es stand etwas wichtiges an. Ein neuer Reifen sollte es sein.

Da ich ja schon so viele Kilometer gefahren bin, habe ich beschlossen meinem Mopped einen neuen zu gönnen. Nein, nicht irgendeinen Reifen, einen Hinterreifen. Da dieser schon arg in Mitleidenschaft gezogene Pneu bereits aussah, wie der Schädel meines Bekannten, habe ich das beschlossen. Und wenn ich etwas beschließe, dann mach ich das auch.

Ich habe einige Stunden zuvor schon fernmündlich erkundet, wo es den Reifen meiner Begierde geben könnte. Da ich selbst nicht so auf große Sachen stehe und auch keine haben möchte, sollte es ein normaler werden. Da ich mich in der Hauptstadt befinde, hielt ich es für möglich einen Reifen innerhalb weniger Stunden mein Eigen nennen zu dürfen.

Am Vorabend habe ich die Felge aus dem Mopped operiert. Nicht etwa, daß es mir schwer fallen würde, nein, mehr waren es die vielen kleinen Ringe die mir entgegenfielen. Sicher, es klingt etwas seltsam und man könnte vermuten ich stünde auf so was. Ich musste beim Einbau damals die vielen Ringe auf die Achse schieben und es überhaupt mittig reinzubekommen, das Rad. Meine Alte habe ich gegen eine beschichtete getauscht, einst. Da wir unter Rockern sind und Geschäfte mit Whisky und Händedruck abschließen und niemals an der Ehrlichkeit des anderen Zweifeln, habe ich nicht bemerkt, daß es sich um Eine, natürlich die Felge meine ich, mit einem Zoll mehr in der Breite handelt. Frau sagte: Geh doch zurück und tausch wieder um. Ja merkt die noch was? Ich, umtauschen. Ja sollte ich etwa einfach die meine ehemalige Felge aus dem Mopped des verreisten ausbauen?

Ich ging dann so zu meinem Auto. Auf einem Rad wollte ich nicht durch die Stadt fahren und hielt es für sinnvoller, die Allgemeinheit vor meinen Akrobatischen Übungen auf öffentlichem Straßenland zu verschonen. Sicher gibt es dafür einen Paragrafen, aber ich müsste den erst rauskramen. Und wirklich interessieren tut es mich auch nicht.

Wenn ich zum Auto gehe, sehe ich immer um mich. Es könnte nämlich sein, daß mich jemand dabei beobachtet. Aus diesem Grund stelle ich das Auto auch immer etwas weiter weg ab. Manche Leute könnten nämlich Denken, ich sei ein kompletter Spinner. Einer, der seinen Sohn Malte nennt, Dinkelkörner in sich reinstopft und die selbstproduzierten Gase als Brennstoff nutzt. Obwohl mir diese Idee nicht schlecht Gefällt, lasse ich den Gedanken daran schnell fallen. Ich habe keinen Sohn, jedenfalls weiß ich von keinem. Hätte ich einen, würde ich ihn wahrscheinlich Herrmann nennen. Das lässt sich gut schimpfen und klingt immer ernst.

Ich habe das Auto schwarzmatt gerollt. Auf den Türen befinden sich weiße Totenköpfe. Ja, das sieht richtig gut aus und passt auch zu mir. Ich habe dieses Design von unserem alten Wagen übernommen. Leider mussten wir unseren V8 Chevy Caprice Station mit Kuhfänger und Turbomufflern gegen einen Fiat Panda tauschen. Rein aus wirtschaftlichen Gründen versteht sich. Ich möchte darauf auch nicht näher eingehen, ist mir schon unangenehm genug.

Der Reifenhändler war nicht weit. Deshalb befand ich mich in absoluter zeitlicher Entspannung und habe mir im Auto erst mal eine Zigarette gedreht. Da das Auto leider nicht über einen Zigarettenanzünder verfügt, ich auch kein Feuer dabei hatte, ließ ich die Kippe eben locker im Mundwinkel hängen, drehte den Zündschlüssel nach rechts und fuhr los. Gut, dieses Blubbern des V8 fehlt mir schon etwas, aber es ist auch ein gutes Gefühl, daß Frau nun über mehrere Paar neue Schuhe und einige neue Kleidungsstücke verfügt.

Ich erreichte den Reifenhändler. Ich fuhr auf den Hof, stieg aus und schob die Fahrertür lässig mit dem Hacken zu. Seit aber das Türschloss defekt ist, muß ich noch mal mit der Hand nachhelfen. Ist so eine Angewohnheit mit dem Hacken. Ich muß dringend das Schloss ersetzen.

Ich nahm die Felge aus dem Heckbereich. Das ist relativ einfach, denn ich muß nur die Folie zur Seite schieben und habe ungehinderten Zugriff auf den sogenannten Kofferraum. Wenn ich das Auto über Nacht abstelle, klebe ich die Folie meist wieder an – es könnte sonst jemand einen Rest kalten Döner hineinwerfen, oder verkommene Jugendliche vergehen sich darin an ihren noch verkommeneren Freundinnen. Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob das überhaupt funktioniert. Ich habe es mit Frau noch nicht probiert. Ihr seht, man muß mich nicht kennen, um festzustellen daß ich ein Mann mit Wertvorstellungen und Moral bin. In nächster Zeit werde ich mich mal auf dem Schrott nach einer adäquaten Heckscheibe umsehen.

Der Reifenhändler hatte mich scheinbar erkannt. Da wir am Telefon über ein Rad für eine Harley sprachen, hat er sicher meine Äußere Erscheinung mit Harley kombiniert und als das selbe empfunden. Mir egal, dachte ich. Hier bekomme ich meine Felge und gut is.

Er verlangte mittelfreundlich den Fahrzeugschein. Ich legte diesen auf den Tisch. Der Reifenhändler hob nach Betrachten meiner Reifendaten seinen verschrobenes Gesicht, grinste wirklich dämlich. Ich konnte in dieser kurzen Zeit nicht genau erkennen wie viel Zähne ihm fehlten, dich es waren mehr als zwei. Leider habe er diesen Reifen doch nicht am Lager, sabbelte er, aber er bestellt ihn gern und spätestetens am kommenden Montag ist er da. Ich grinste ebenfalls dämlich und wies ihn nett darauf hin, daß es sich heute um den Beginn eines schönen Wochenendes handelte. Scheinbar biss ich bei ihm auf Granit. Sicher hat er auch schon oft auf selbiges gebissen, deshalb fehlten ihm auch einige Beißer. Da ich nicht auch so enden wollte, beschloss ich kurzerhand weiterzusuchen.

Ich saß bereits im Auto, nach dem ich die Folie zurückgeschoben und die Felge hinten verstaut habe. Ich habe mich beherrscht. Ich war stolz auf mich, denn ich war nicht immer so gelassen. Lediglich der linke Außenspiegel hängt seit dem schlaff herunter.

Ich fuhr also weiter. Da das Wochenende schon voll am laufen war, stand ich also und fuhr mal wieder. Einen Blick auf die Uhr konnte ich mir sparen, denn ich habe nie eine besessen. Ich musste also warten, bis ich eine Öffentliche Uhr oder eine Kirche entdecke, an der ich die Zeit ablesen kann. Denn der Zustand der zeitlichen Entspannung hatte sich mittlerweile in einen Zustand der Zeitnot umgekehrt. Ich wollte unbedingt an einer kleinen Feierlichkeit teilnehmen, zu der ich freundlicherweise am Wochenende samt Frau eingeladen wurde. Da ich es für besser hielt, mit dem Mopped dort hinzufahren, war es also auch unheimlich wichtig noch einen neuen Hinterreifen zu bekommen. Klar, gelassen wie ich bin hätte ich mir auch sagen können: Fährste ganz entspannt mit Frau, kalten Dönerresten und dem halbnackten Teeniepärchen im Auto auf die Party. Doch immer wenn ich im Auto vorfahre, fragen mich welche am Einlaß, wann der Papa kommt. Darauf hatte ich einfach keinen Bock.

Ich hatte den nächsten Reifenhändler fast erreicht. Der Verkehr nahm zu. Die Leute haben scheinbar echt einen an der Waffel. Man, ich werde bedrängt – das macht Frau nie, ich werde an- und ausgehupt und außerdem mußte ich meinem Auto einen sehr rasanten Fahrstil zumuten. Man muß ja irgendwie mitschwimmen im Stau.

Ich war stinkesauer. Ja, das war ich. Da ich aber Ortskenntnis besitze, habe ich vielen Anderen etwas voraus. Ich fahre jetzt Schleichwege, dachte ich. Ich biege da so rechts ab. Es war alles frei. Ich bog links ab – zu. Alles zu da. Man, ich war noch mal stinkesauer. Einmal stinkesauer und noch mal ergibt zweimal stinkesauer. Dafür gibt es aber meines Wissens nach kein Wort, deshalb leider dieser verbale Umweg.

Meine Kippe hatte es sich im Mundwinkel bereits bequem gemacht und ließ sich ohne die Haut mit von der Lippe mit abzureißen nicht mehr aus meinem Gesicht entfernen. Mir war das, ach war mir das.

Es ging weiter. Die Ampel schaltete auf gelb und noch vier oder fünf Autos vor mir. Sekunden entscheiden jetzt über meinen Reifen. Zwei Autos, drei, sogar alle schaffen es vor mir über die Ampel. Es ist rot. Die Ampelphase stand schon einige Zehntelsekunden auf rot. Ich habe Gas gegeben. Die sollen mal sehen. Der Einzige, der es gesehen hat, war der Beamte, der scheinbar zu Fuß unterwegs war. Ich habe ihn nicht bemerkt. Ich habe es nur in einem Brief gelesen.

Das Heck meines Autos wurde fast von einem Vierzigtonner erfasst, doch ich hatte es geschafft. Nun war der Weg zum nächsten Reifenhändler nicht mehr weit.

Zwei Fahrradfahrer vor mir. Vermutlich haben sie sich verfahren und wollten zur Tour de France. Sie fuhren, sich unterhaltend, locker nebeneinander. Ja, ich bin ein Outlaw, Gesetzte und so interessieren mich nicht. Aber in diesem Fall hätte ich gern eine Uniform angehabt. Ich war dann noch mal stinkesauer und habe meinem Ärger mittels lautstarker Rufe gegen die bunten Pedaleimer Luft gemacht. Man, ich hätte...Ich habe. Ich hatte nach diesem kleinen cholerischen Anfall versehentlich den Gang etwas zu energisch reingelegt. Ich hatte dann plötzlich den Schalthebel samt Manschette (die übrigens bei genauerer Betrachtung eine völlige Fehlkonstruktion ist) in der rechten Hand. Die Radfahrer lächelten mich noch mal im Vorbeifahren an. Ich stand dann da so. Es war schon nach sechs und der Reifenhändler hatte auch schon dicht.

Ich bin dann mit dem Auto hingefahren. Frau musste fahren. Ich habe mich mit meiner Sonnenbrille neben sie gesetzt und als wir ankamen habe so getan, als ob ich schlafen würde. Das man natürlich nicht schläft, wenn links und rechts von einem Harleys langballern ist klar, aber es ist schon unangenehm genug.

Jo

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8 Antworten

hey bobber

dolle geschichte, wirklich gelacht, ....

mach was draus

 

(schreib´n buch)

tus einfach,

was hindert dich daran?

gruß anjasbruder

am 6. August 2005 um 9:19

...unbedingt!!!!buch schreiben!!

Jau Jo!!

Tränenwegwischend und am Tisch festhaltend sage ich Dir jetzt :

Schreib, tipp, kritzel dir was zusammen, so ein paar stücken Schmierzettel oder so, tacker es zusammen und ab zum nächsten Verlagshaus...!!!!!

Wer das nicht druckt ist selber Schuld!!!?!!!

MACH WAS DRAUS!!!!

Zur Info : Habe mal wieder Bereitschaftsdienst und irgendwie muss die Kundschaft es wohl gerochen haben, das ich dran bin...?!

Seit heute Morgen bin ich schon unterwegs, und nun komme ich ins Büro, schalte den Rechner ein um kurz den Stress zu verarbeiten... Und welche Seite öffne ich...? Motor-Talk, logisch.

Was für einen Beitragsersteller springt mir da gleich ins Auge?!!

bobber1340, natürlich!

Also angeklickt und drauflos gelesen und schon wieder :

Lach, brech, ich fall vom Stuhl!!!! :D

Großartiger Schreiberling kann ich nur sagen, der einen mit seinen Texten selbst das miese Wetter überstehen lässt!!!!!!!!!

Danke... :)

Ein schönes und weiterhin amüsantes Wochenende,

 

sporty883

am 6. August 2005 um 15:53

selten so gelacht :D

Das war, glaube ich, bisher Deine Beste.

Weiter so!

am 10. August 2005 um 8:04

Hi Bobber,

Du hast mir den Tag gerettet,DANKE und WEITERMACHEN......

 

Gruss Markus

bloß nich aufhörn...

 

Also, wenn Du es nicht machst, dann sammel´ ich die Storys hier, kopier Sie zusammen und schick sie nem Verleger. Mann, Alter,

K Ö S T L I C H!!!

Und wenn andere (Tüffel) hier noch so rummeckern, von wegen "iss offtopic" oder so, Schei.drau.! Deine Geschichten lockern das das Forum auf. M A C H _ W E I T E R ! !

Grüße in die Runde

Nils die Nase

hey bobber1340,

absolute weltklasse!!!!

mach weiter so.

grüße aus dem süden... rafterman

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