Die Mercedes B-Klasse startet Anfang 2019 in dritter Generation. Sie kann alles, was die A-Klasse kann - bietet aber mehr Platz. Erste Fahrt mit dem großen Diesel.
Port de Sóller – Der junge Mercedes-Ingenieur ist ein wenig enttäuscht. Er dachte, er hätte noch eine Überraschung für uns: Einen Assistenten, der ganz allein die Geschwindigkeit an den Streckenverlauf anpasst. Der nicht nur das Tempolimit einhält, sondern auch Kurvenradien berücksichtigt, Kreisverkehre und Kreuzungen. Und die Geschwindigkeit so einstellt, dass man im Optimalfall weder Gaspedal noch Bremse betätigen muss. Macht die Mercedes B-Klasse alles alleine. Sorry, kannten wir schon. Haben wir schon mehrfach drüber berichtet. Beeindruckend ist es trotzdem, weil mit der B-Klasse das zweite Auto aus der Kompaktklasse von Mercedes eine Assistenztechnik bekommt, die es sonst nirgends in dem Segment gibt. Die A-Klasse auf derselben technischen Basis hat vorgelegt. Mercedes B 220 d 8G-DCT: Kompakter mit neuem MotorQuelle: Daimler Die neue B-Klasse W247, die im Februar 2019 auf den Markt kommt, darf ebenfalls etwas als Erstes können: nämlich mit einem Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe schalten. Außerdem baut Mercedes in ihr erstmals den 2,0-Liter-Diesel OM 654 quer zur Fahrtrichtung ein. Der erfüllt sogar schon die Abgasnorm Euro 6d, die ab 2020 zur Pflicht wird. Im Vergleich zu Euro 6d-Temp ändert sich dann der sogenannte Konformitätsfaktor. Heißt: Diesel dürfen auf der Straße statt dem 2,1-Fachen des Prüfstandswertes nur noch das 1,5-Fache an Stickoxid ausstoßen. Macht 120 mg pro Kilometer. Von Fahrverboten dürfte der Diesel damit nicht bedroht sein. Sauber. Auch sonst gefiel uns der neue Antriebsstrang im B 220 d recht gut. Der Diesel leistet 190 PS und drückt 400 Newtonmeter Drehmoment ins Doppelkupplungsgetriebe. Ein Gang mehr als bislang sorgt für etwas mehr Spritzigkeit und potenziell für einen geringeren Verbrauch. Neben dem B 220 d bekommt auch der B 200 d die acht Gänge. Die anderen Motoren koppelt Mercedes noch an das alte Siebengang-DCT. Achtgang-Doppelkupplung für den 2,0-Liter-DieselQuelle: Daimler Die neue Kombination funktioniert prima. Der B 220 d nimmt spontan Gas an und wirkt für einen Diesel fast spritzig. Er hat reichlich Kraft, schaltet zügig, sanft und harmonisch. Wir waren überwiegend auf der Landstraße unterwegs, über den Schaltkomfort im Stadtverkehr lässt sich insofern keine abschließende Aussage treffen. Doch der erste Eindruck ist positiv. Die B-Klasse nervt weder mit zu viel Anfahrmoment, noch wirkt das DCT in unklaren Fahrsituationen unentschlossen. Außerdem passt der Drehzahlaufbau stets zum Vortrieb. Alles Felder, auf denen andere Doppelkuppler nerven können. Mercedes dämmt den 2,0-Liter-Motor zudem sehr gut weg. Dieseln hört man ihn nur außen, im Innenraum kommen nur im Sportmodus bei Van-untypischer Fahrweise unangenehme Frequenzen an. Ab etwa 3.500 Umdrehungen klingt er nicht mehr schön, doch die meiste Zeit grummelt OM 654 dezent im Hintergrund. Dabei fährt er sogar ein bisschen sportlich. Das Fahrwerk wirkt neutral, die adaptive Federung strafft sich im Sportmodus, die insgesamt eher leichtgängige Lenkung wird etwas fester. So kommt durchaus Dynamik auf, wenn auch nicht auf dem gleichen Niveau wie im BMW 2er Active Tourer. Die B-Klasse neigt sich in Kurven stärker, lenkt mit weniger Gefühl und weniger direkt. Dafür federt sie deutlich sanfter als der BMW 2er und rollt auch mit großen Rädern komfortabel über Kanten. Das passt gut zum Charakter des Autos. Ein Van muss nicht flitzen können. Wir flitzten trotzdem. Sogar mit ambitionierter Fahrweise und sehr gebirgiger Strecke zeigte der Bordcomputer um die 8 Liter an. Wie nah man dem offiziellen Verbrauch von 4,5 Litern kommen kann, muss der Alltag zeigen. Mercedes B-Klasse Kofferraumvolumen: Bis 1.540 LiterQuelle: Daimler Für den fehlen zunächst leider ein paar Annehmlichkeiten, die man sich in einem Familienvan wünscht. Die um 14 Zentimeter in der Länge verschiebbare Rückbank wird erst nach dem Marktstart im Februar 2019 zu haben sein. Dann lässt sich auch die Rückenlehne in der Neigung verstellen. Immer an Bord sind die im Verhältnis 40:20:40 teilbare Rückenlehne und ein doppelter Boden im Kofferraum. Dessen Volumen beträgt bei den Benzinern 455 bis 1.540 Liter, die Diesel haben wegen des Adblue-Tanks zur Abgasreinigung zehn Liter weniger Kofferraumvolumen. Bei ganz nach vorne gefahrener Rückbank und senkrechten Lehnen sollen bis zu 705 Liter ins Heck passen. Fahrer und Beifahrer sitzen erhöht in der B-Klasse. Um 90 Millimeter rückt Sitzposition gegenüber der A-Klasse nach oben. Das Raumgefühl ist luftig und großzügig. Das Armaturenbrett gestaltet Mercedes etwas konservativer als im klassischen Kompakten. Die Verarbeitung wirkt gut, die mittlerweile standardmäßigen runden Lüftungsdüsen fühlen sich edel an und rasten mit feinem Klicken in der Endposition ein. MBUX wird in der B-Klasse eine Spur intelligenterQuelle: Daimler Das Infotainmentsystem MBUX hat Mercedes in der B-Klasse im Vergleich zur A-Klasse aktualisiert, die Sprachsteuerung soll sich ohnehin kontinuierlich verbessern. Die gleiche Unterstützung wie im SUV GLE bekommen B-Klasse-Fahrer jedoch nicht. Das System erkennt Gesten und Bewegungen nicht und kann nicht unterschieden, ob Fahrer oder Beifahrer es bedienen. Der Querverkehrswarner am Heck erkennt Fahrradfahrer. Der Totwinkelwarner bleibt bei ausgeschaltetem Motor aktiv und warnt beim Aussteigen optisch und akustisch vor Radlern oder Autos, die sich von hinten nähern. Der Bremsassistent stoppt nicht nur, sondern passt sein Verhalten auf den nachfolgenden Verkehr an. Er bremst den Wagen also nicht fest, wenn es nicht nötig ist und minimiert dadurch das Risiko eines Heckaufpralls. Lässt der sich nicht mehr abwenden, wird die B-Klasse dann doch festgebremst, um weitere Schäden zu minimieren. Mercedes B-Klasse W247: Der Van bleibt teuerQuelle: Daimler Das ist alles ganz clever und für die Kompaktklasse vorbildlich. Doch, wie üblich bei Mercedes, ist es nicht umsonst. Mercedes verrät die Preise der B-Klasse erst in einer Woche. Bei den Extras kann man sich allerdings an der A-Klasse orientieren: Das große Assistenzpaket kostet dort 1.800 Euro. Wer lieber einparken lässt, zahlt weitere gut 1.000 Euro. Wer alle Möglichkeiten von MBUX nutzen will, muss mindestens das Navigations-Basispaket für 1.360 Euro kaufen. Zwei große Displays im Format 10,25 Zoll kosten weitere 1.475 Euro. Bei der B-Klasse dürften die Preise sich im gleichen Rahmen bewegen. Die B-Klasse ist ab dem 3. Dezember 2018 bestellbar. Marktstart ist im Februar 2019. Zunächst gibt es zwei Benziner und drei Diesel, später werden weitere Motorisierungen folgen. Von AMG kommt keine B-Klasse. Nicht mal eine AMG-Einstiegsversion wie ein B 35 ist vorgesehen. Ein Van passt dann eben doch nicht zu AMG. Mercedes B-Klasse: Technische Daten
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