Ob ein SUV ein echter Jag sein kann? Ist längst geklärt. Die Frage lautet nun: Kann ein Auto mit FWD-Grundkonzept und hohem Gewicht ein echtes Jag-SUV sein? Erste Fahrt.
Brighton – Manchmal lernt man beim Stopp so viel wie beim Fahren. „Beautiful, amazing“ schallt uns auf dem Parkplatz des beliebten Ausflugsziels Beachy Head entgegen, als wir im Jaguar E-Pace anrollen. „Diese leicht ansteigende, dann plötzlich abfallende Linie, dieser Kontrast aus Grün und Weiß.“ Wie bitte? Die C-Säule von Jaguars zweitem SUV ist vergleichsweise flach, unser Testmodell silbern lackiert. Tatsächlich kommentieren die Touristen die Klippenlandschaft und nicht den neuen Jaguar. Nur wenige Autofahrer sehen dem neuen Jaguar nach, kein Fußgänger greift zur Handykamera. Als wir den E-Pace vor den weißen Felswänden ablichten, wird doch ein Jogger aufmerksam. Was an diesem F-Pace denn neu sei? Seine Trainingspartner glauben, recht deutlich ein F-Pace-Facelift zu erkennen. Ergebnis dieser nicht repräsentativen Studie: Der zweite hohe Jag fällt nicht als Neuheit auf, weil er dem ersten hohen Jag recht ähnlich sieht. F-Pace-Formensprache, gestutzt auf 4,395 Meter Grundsätzlich: Kein Grund, es zu bezweifeln, selbst wenn das einst vom Nissan Qashqai begründete Segment der kompakten „Stadtgeländewagen“ hart umkämpft ist. Immerhin wirken der ausladende Jaguar-Grill und die groß dimensionierten Räder (hier: 20 Zoll, 21 Zoll sind erhältlich) an dem 4,395 Meter langen Fahrzeug nicht deplatziert. Der E-Pace geht optisch als echter Jaguar durch. Allrad für das Hinterradantriebs-FeelingUnd technisch? Zumindest unterscheidet sich der E-Pace hier vom Jaguar-Standard der letzten Jahre. Die von Jaguar selbst entwickelten 2,0-Liter-Benzin - und Diesel-Vierzylinder sitzen quer zur Fahrtrichtung. V6 und V8 sind nicht erhältlich. Eine weitere tiefgreifende Änderung: Erstmals seit der Limousine X-Type von 2002 basiert wieder ein Jaguar auf einem Frontantriebskonzept. Seither kamen alle Jag in der Basisvariante mit Längsmotor und Heckantrieb, der optionale Allradantrieb war stets hecklastig ausgelegt. Bei ziviler Fahrweise und Standard-Fahrprogramm werden nur die Vorderräder angetrieben, die Hinterachse kommt im Bedarfsfall dazu. Gefällt den Spritsparern bestimmt, Hauptadressaten dieses „Active Driveline“-Systems sind jedoch die Sportfahrer. Jaguar verspricht dadurch ein „Feeling wie bei einem Hinterradantrieb.“ Wie beim Focus RS können mithilfe von Kupplung Nummer zwei und drei bis zu 100 Prozent der Kraft an eines der hinteren Räder abgegeben werden. Das System ist laut Jaguar eng verwandt mit jenem des Ford Krawallmachers. Testmodelle kratzen an der 1.900-Kilo-MarkeWilde Drifts beim Herausbeschleunigen oder ein ausschlagendes Heck, sobald das maximale Drehmoment anliegt, erlebten wir auf der Testfahrt mit dem 300-PS-Benziner nicht. Ähnlich wie eine Querdifferenzial-Sperre zieht das System das Auto manchmal in Richtung Innenseite der Kurve, vermeidet ein Schieben über die Vorderachse. Spürt man nicht allzu intensiv und nicht in jeder Kurve. Gut, wir brachten den E-Pace auch nie wirklich ans Limit – einen rechtsgelenkten Testwagen auf der linken Straßenseite zu fahren, ist für Festland-Europäer schon unterhalb des Grenzbereichs fordernd genug. Doch der E-Pace wirkt behäbig, ist trotz 300 PS bei kompakten Abmessungen kein Wunder an Längsbeschleunigung. Zunächst verdächtigt man die Neungang-Automatik. Sie scheint bei Gaseinsatz im Top-Benziner früher und öfter zurückzuschalten als man das bei einem Aggregat mit 400 Newtonmeter Drehmoment von 1.500 bis 4.500 Umdrehungen als notwendig erachten würde. Doch der Blick aufs Datenblick entlastet die Wandler-Automatik: Schuld ist eher das Fahrzeuggewicht, im Falle der 300-PS-Variante sind es 1.894 Kilogramm. Der mehr als 30 Zentimeter längere F-Pace ist in den meisten Konfigurationen leichter. Der große Bruder besteht weitestgehend aus Aluminium, beim E-Pace sind lediglich Motorhaube, Heckklappe sowie die Kotflügel daraus gefertigt. Der 180-PS-Diesel kommt mit dem Fahrzeuggewicht (hier 1.843 Kg) bei ziviler Fahrt nicht merklich schlechter zurecht. Das maximale Drehmoment (430 Nm) liegt bei 1.750 Umdrehungen an, das Aggregat verkauft jenseits der 3.500 Umdrehungen für einen Selbstzünder noch überraschend gut. Wie im Jaguar-Kombi XF Sportbrake scheint die Automatik besser auf den Diesel abgestimmt. Wer Schub und Sound in höheren Drehzahlbereichen will, ist natürlich trotzdem mit dem starken Benziner besser dran. Fazit Dafür gibt es äußerlich einen echten Jaguar, technisch einen bemühten Jaguar und im Innenraum einen eher hemdsärmeligen Jaguar: Das Interieur ist optisch gelungen, das Windsorleder weich und angenehm. Gleichzeitig findet sich hier etwas mehr Hartplastik als im großen Jaguar SUV. Vielleicht eine mögliches Unterscheidungshilfe für all jene, die diesen Jag für einen F-Pace halten. Technische Daten Jaguar E-Pace
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