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Bosch: 90 Prozent weniger Feinstaub durch neue iDisc-Bremsscheibe - Bremsen gegen Feinstaub - geht das?

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Feinstaub ist das Thema der Innenstädte. Mit einer neuen Bremse will Bosch das Problem reduzieren. Denn ein Drittel des Feinstaubs stammt von Reifen und Bremsen.

Boschs "iDisc" debütiert im neuen Porsche Cayenne. Vorerst hat sie vor allem gegenüber Keramik-Bremsanlagen Preisvorteile Boschs "iDisc" debütiert im neuen Porsche Cayenne. Vorerst hat sie vor allem gegenüber Keramik-Bremsanlagen Preisvorteile Quelle: Porsche

Stuttgart – Stuttgarter kennen den „Feinstaub-Alarm“ - bislang ist er nur eine Empfehlung, nicht mit dem Auto zu fahren. Doch Fahrverbote hängen wie ein Damoklesschwert über Diesel-Autofahrern. Es scheint nur eine Frage des Wann zu sein, ob Städte und Kommunen Fahrverbote an bestimmten Tagen verhängen.

Der Diesel bekommt oft die Schuld für die Staubbelastung: Dabei ist er nicht der Hauptverursacher von Feinstaub im Straßenverkehr. Nur sechs Prozent des Feinstaubs in den Innenstädten stammt von Automotoren. Der Großteil der Belastungen kommt von Brems-, Reifen- und Straßenabrieb. Dem Abrieb von Bremsscheiben und Reifen werden 32 Prozent der Partikelemissionen zugesprochen, davon die Hälfte den Bremsen. Das zeigen Messungen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW).

Deshalb hat Bosch zusammen mit Buderus Guss eine neue Bremsscheibe namens "iDisc" entwickelt. Sie soll weniger Abrieb verursachen. Und das funktioniert so: Auf einer normalen Grauguss-Scheibe liegt eine Hartmetallbeschichtung aus Wolframkarbid. Die Scheiben werden mechanisch, thermisch und galvanisch behandelt und schließlich beschichtet. Neben dem laut Hersteller um 90 Prozent geringeren Abrieb bilden die Scheiben kaum Riefen und Rost.

Teurer als Grauguss, billiger als Keramik

Starker Nebeneffekt: Die Bremsleistung soll wegen höherer Reibwerte nahe an die einer Keramik-Bremsanlage kommen – die jedoch doppelt so teuer ist. Womit wir beim Thema wären: Die neue Technik wird deutlich teurer als eine herkömmliche Grauguss-Bremsscheibe.

90 Prozent weniger Bremsstaub gegenüber herkömmlichen Bremsscheiben versprechen die Zulieferer 90 Prozent weniger Bremsstaub gegenüber herkömmlichen Bremsscheiben versprechen die Zulieferer Quelle: Bosch Als erstes Auto auf dem Markt erhält der Porsche Cayenne (E3) die neue Bremse. Die Porsche Surface Coated Brake (PSCB) kostet 2.975 Euro Aufpreis, aber 5.961 Euro weniger als die Porsche Ceramic Composite Brake (PCCB). Das Potenzial der neuen iDisc ist riesig: Allein 2016 wurden 330 Millionen Bremsscheiben produziert.

Dafür soll die iDisc-Bremse doppelt so lange halten wie eine Bremse ohne spezielle Legierung. Die Bremssättel sind bei Porsche weiß lackiert, die Scheibenoberfläche entwickelt nach dem Einbremsen einen hohen Glanzgrad. Bei der ersten Fahrt im neuen Cayenne stellten wir ein kräftiges Bremsverhalten fest. Zur Keramik fehlt vor allem die Bissigkeit beim Anbremsen.

Netter Nebeneffekt: Schwarzer Bremsstaub auf den Rädern gehört praktisch der Vergangenheit an. Denn weniger Abrieb bedeutet auch weniger Ablagerung auf Felgenstern und Felgenbett.

Weniger Feinstaub hilft nicht gegen Stickoxid

Das Problem der Stickoxide in der Stadt lässt sich mit weniger Bremsabrieb allein nicht lösen. Dafür sind zu rund 50 bis 70 Prozent Dieselautos verantwortlich. Für Rolf Bulander, Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility Solutions der Robert Bosch GmbH, besteht hier dringend Handlungsbedarf. Denn die Belastung steigt: Bis 2050 werden rund sechs Milliarden Menschen in Städten wohnen, das sind doppelt so viel wie heute. Der Verkehr wird sich in dieser Zeit sogar verdreifachen.

Städte können seiner Meinung nach auch ohne Fahrverbote sauberer werden. „Durch einen fließenden Verkehr können Stickoxide um bis zu 20 Prozent reduziert werden. Die Frage ist, wie man fließenden Verkehr in eine Stadt bekommt“, sagt Rolf Bulander. Eine Vernetzung von Autos und Ampeln sowie smarte Parkplatzsuche würde die Belastung verringern.

Seiner Meinung nach wird die Anzahl der Elektroautos weiter steigen. Saubere Kurzstreckenfahrzeuge wie Elektro-Roller oder E-Lieferwagen wie der Streetscooter der Post helfen bei der Senkung der Emissionen. „Wir müssen dafür alle Register der Technik ziehen, vom E-Roller über die iDisc-Bremse bis zum elektrischen Lieferwagen“, sagt Rolf Bulander.

Eine Hardware-Nachrüstung aktueller Dieselfahrzeuge sieht er skeptisch: Der Aufwand sei zu hoch, eine Umrüstung zu teuer. Dennoch schreibt Bosch den Diesel nicht ab. „Er hat im Vergleich zum Benziner einen Vorteil von zehn Prozent beim Verbrauch und CO2-Ausstoß. Ohne ihn werden die Hersteller die Flottenverbräuche von 95 g/km bis 2020 nicht halten können“, sagt Bulander.

Elektromobilität rechnet sich für Bosch nur mit regenerativen Energien. „Es wird künftig einen Mix geben aus E-Autos, Verbrenner und Brennstoffzelle. Alle gefahrenen Kilometer werden nicht nur durch Strom oder Wasserstoff dargestellt“, sagt er. Um kurzfristig bei Feinstaubalarm in Stuttgart seine Mitarbeiter in die Werke zu bekommen, geht Bosch einen neuen Weg: An Feinstaubalarm-Tagen können Bosch-Mitarbeiter mit ihrem Firmenausweise kostenlos die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen.

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