Zwei Autos, eine Meinung? Ganz und gar nicht. Mazda MX-5 und Fiat 124 Spider nutzen zwar dieselbe Basis, machen aber völlig unterschiedliche Autos draus. Ein Vergleich.
Berlin – Meine Frisörin steht vor ihrem Geschäft und raucht. Sie hat gleich Feierabend. „Das ist aber ein schönes Auto“, ruft sie, als ich aus dem tief liegenden Fahrersitz klettere. Meine Frisörin schneidet gut und ist um kein Klischee verlegen. Kleine, rote Cabrios findet sie super. Der Mazda MX-5 kämpft seit der ersten Generation von 1989 mit dem Klischee vom „Frisösen-“ oder „Frauenauto“. Was auch immer das sein soll. Man hört das Vorurteil häufig. Wenn damit kompakte, agile, fahraktive und unkomplizierte Spaßmaschinen gemeint sind, dann stimmt es. Dem MX-5-Bruder, dem Fiat 124 Spider könnte Ähnliches blühen. Jedenfalls nach der Reaktion meiner Frisörin zu urteilen. Es war der Fiat, aus dem ich stieg, nicht der MX-5. Mazda und Fiat haben bei der Entwicklung des Roadsters gemeinsame Sache gemacht. Und versucht, dabei trotzdem einen eigenen Charakter zu entwickeln. Äußerlich sind die Unterschiede groß. Unter der Haube gehen MX-5 und 124 ganz unterschiedliche Wege. Wir sind den 124 Spider und den MX-5 160 gefahren. Ein Vergleich. Karosserie | Abmessungen | PlatzangebotEleganz oder Aggressivität - für manch einen wird die Entscheidung zwischen Fiat und Mazda ganz oberflächlich fallen. Nur wegen der äußeren Werte. Fiat verlängert die Karosserie im Vergleich zum Mazda um 14 Zentimeter. Der Zuwachs wandert komplett in die Überhänge (der Radstand bleibt identisch), der Spider wirkt schlanker als der bullige MX-5. Dessen Kotflügel wölben sich auffällig nach außen und lassen ihn breiter wirken, die geschlitzten Scheinwerfer machen ihn aggressiver. Mazdas Versuch, etwas gegen das Frauenauto-Image zu tun? Uns gefielen frühere MX-5 besser. Die Sitzposition ist in beiden Autos identisch. Tief über dem Boden, intim und so richtig schön „im“ Auto statt auf ihm. Die größere Karosserie verschafft dem Fiat einen größeren Kofferraum. 140 Liter passen hinten rein, der MX-5 bekommt 130 Liter in den engeren Ausschnitt. In der Praxis können beide weder Golftasche noch größere Hartschalen-Koffer einladen. Zwei weiche Taschen fürs Wochenende zu zweit passen. Innenraum | VerarbeitungFiat legt Wert darauf, dass die Materialien im Spider besonders hochwertig seien und das Design sich unterscheide. Das stimmt, das Layout von Armaturenbrett und Zierleisten ist nicht ganz dasselbe. Fiat verbaut mehr weichen Kunststoff als Mazda. Eine kleine schwarzglänzende Leiste soll die Gestaltung etwas auflockern. Über dem Instrumententräger sitzt ein Kunstleder-Schirm mit Ziernähten. Hochwertiger oder eleganter wirkt der Fiat innen trotzdem nicht. Die Italiener verarbeiten die Materialien etwas nachlässig. Die Fugen sind nicht ganz so sauber gezogen wie im MX-5, die Oberflächen sehen eine Spur billiger aus. Im MX-5 ist der Kunststoff auf dem Armaturenbrett härter, aber klarer gestaltet. Wo Hartplastik eingesetzt wird, fühlt sich die Oberfläche solide an und sieht gut aus. Die Türinnenseiten lackiert Mazda im oberen Bereich in Wagenfarbe. Das wirkt puristisch, ohne billig auszusehen. Von einer Premium-Anmutung sind beide weit entfernt. Gestört hat das nicht, es geht ums Fahren, nicht ums Rumsitzen und Gucken. Motor | AntriebTurbo versus Sauger, Drehmoment versus Leistung. Wir lassen den Spider gegen den „großen“ MX-5 antreten. 140 PS aus 1,4 Litern Hubraum stehen gegen 160 PS aus 2,0 Litern Hubraum. Doch der Fiat schlägt den Mazda im Quartett klar beim Drehmoment (240 Nm vs. 200 Nm). Zudem steht das Maximum schon bei 2.250 Umdrehungen an, der Mazda braucht viel mehr Drehzahl. Bei den Fahrleistungen liegen beide fast gleichauf. 7,5 Sekunden braucht der 124 bis 100 km/h, der Mazda schafft es 0,2 Sekunden schneller. Doch "fast gleichauf" kann sich sehr unterschiedlich anfühlen. Dem Fiat fehlt es, wenn man ihn richtig fordert, an Spritzigkeit und Drehfreude. Die Leistungsentfaltung wirkt zäh und klingt auch so. Wie ein schmollendes Kind auf Wanderausflug. Der MX-5 quirlt und dreht und orgelt, als würde es ins Spaßbad gehen. Außerdem hängt der Sauger besser am Gas. Jeder Zentimeter Gaspedalweg wird sofort in Drehzahl umgesetzt. Zwischengas beim Runterschalten? Kein Problem, der Fuß trifft die Drehzahl fast von selbst. Beim Motor schlägt der Mazda den Fiat klar. Und erstaunlicherweise auch knapp beim Getriebe. Beim Italiener ist der Weg des Kupplungspedals zu lang, schalten, kuppeln, Gas geben – das Zusammenspiel ist eine Spur unharmonischer als beim MX-5. Der wirkt wie aus einem Guss. Zu allem Überfluss lässt sich der MX-5 in der Praxis sparsamer fahren als der Fiat mit "Downsizing"-Motor. Mehr als ein halber Liter lag bei vergleichbarer Fahrweise zwischen den beiden Autos. Mit dem MX-5 lässt sich der Normverbrauch sogar deutlich unterbieten, wenn man es sanft angehen lässt. Die Start-Stopp-Automatik hilft dabei vor allem in der Stadt. Fahrverhalten | Lenkung | Fahrwerk | FederungUnser MX-5 kam in der Sports-Line-Ausstattung mit Sport-Paket. Reifen der Dimension 205/45 R17 sind stets serienmäßig, Bilstein-Dämpfer und eine Domstrebe bringt das Sport-Paket mit. Klingt gut, ist aber schade. Das Standardfahrwerk macht mehr Spaß. Zumindest am kleinen MX-5 mit 131 PS. Straff ist nicht immer besser. Der MX-5 könnte sich gerne mehr bewegen auf seinen Federn. Das mag ihn langsamer machen, dafür aber am Limit berechenbarer. Rundenrekorde stellt der MX-5 ohnehin nicht auf. Zu viel Grip hat er ebenfalls. Weniger wäre spaßiger. So sucht man stets das Limit, findet es aber nicht – bis es sich plötzlich zeigt. Überraschend und unerwartet, der Grat zwischen Grip und Rutschen ist schmal. Der Fiat gibt sich eine Spur nachgiebiger. Er federt ohne viel Aufhebens, bleibt mitteilsam und neigt sich eine Spur mehr in Kurven. Die Lenkung fühlt sich weniger zackig an als beim Mazda, etwas weniger präzise und nicht so direkt. Weil man ihn bevorzugt anders bewegt, stört das kein bisschen. Fahrwerk und Lenkung passen zum Charakter des 124 Spider. Der Funke springt jedoch nicht über. Beim MX-5 brennt man ruckzuck. Für hohe Autobahntempi sind beide Autos nicht zu empfehlen. Geradeauslauf, Federungskomfort und Geräuschniveau machen die Fahrt etwas anstrengend. Außerdem verpasst man viel zu viele Kurven, wenn man die Landstraße meidet. Infotainment | Assistenzsysteme | SicherheitMazda-Fahrer kennen sich aus im 124. Das Infotainmentsystem MZD Connect ändert Fiat nicht, nennt es nur Fiat Connect (1.000 Euro). Das ist übersichtlich, leicht bedienbar und mit allem Nötigen ausgerüstet. Die Bedienung erfolgt über den Dreh-Drücksteller auf dem Mitteltunnel. Dort sitzt auch der Lautstärkeregler. Alles gut zur Hand also. So richtig wichtig wirkt das in diesen Autos nicht, beim Offenfahren hört man traditionell ohnehin wenig aus dem Radio. Allerdings bieten Fiat und Mazda ein Bose-System mit neun Lautsprechern an, von denen vier in den Kopfstützen sitzen. Wer gerne zum Lieblingssoundtrack über die Landstraßen wedelt, sollte darüber nachdenken. Fiat verlangt 700 Euro dafür und bietet es für die Lusso-Ausstattung an, bei Mazda gibt es das nur für Sports-Line serienmäßig. Assistenzsysteme gibt es wenig für die beiden Roadster. Ein Spurwechselassistent warnt je nach Ausstattung vor rückwärtigem Verkehr, ein simpler Tempomat hält die Geschwindigkeit, die Einparkhilfe inklusive Rückfahrkamera braucht kein Mensch. Der beste Fahrassistent ist der linke Fuß. Preis | AusstattungAuf den ersten Blick scheint man für den Fiat 124 Spider deutlich weniger zu zahlen als für den Mazda MX-5 in der gleichen Leistungsklasse. Bei 24.990 Euro geht es los, der MX-5 Skyactiv-G 160 ist erst ab 27.190 Euro zu haben. Allerdings steckt dann die Exclusive-Line im Auto. Klimaautomatik, Ledersitze, Spurhalte- und Spurwechselassistent, Licht- und Regensensor sind an Bord. MZD Connect mit 7-Zoll-Display, Tempomat gibt es schon ab Center-Line, LED-Scheinwerfer in der Basis. Fürs gleiche Ausstattungsniveau im Fiat muss es die Lusso-Ausstattung für 26.990 Euro sein. Dazu kommen 1.000 Euro fürs Infotainment und 250 Euro für die Sitzheizung. Wer LED-Scheinwerfer will, muss die adaptiven für 1.500 Euro nehmen, bekommt dann die Sensoren für Licht und Regen dazu. Bei Mazda zahlt man 750 Euro fürs Kurvenlicht und bekommt Ein- und Ausparkhilfe sowie Spurwechselassistent oben drauf. Wer Mazda und 124 ungefähr gleich ausstattet, zahlt für beide ziemlich genau gleich viel. Unsere Testwagen kamen in der Topausstattung (Lusso und Sports-Line) und hatten so ziemlich alles an Bord, was die Aufpreisliste hergab (inkl. Navi, Bose-Soundsystem, LED-Kurvenlicht). Ergebnis: Der Mazda kam inklusive Sportpaket und Metallic-Lack auf 31.940 Euro. Der Fiat 124 Spider auf 31.840 Euro. Man kann also den Bauch die Entscheidung treffen lassen. Nicht das Bankkonto. Fazit: Der eine cruist, der andere wuseltMX-5 und 124 Spider mögen auf der gleichen Basis aufbauen. Was Mazda und Fiat daraus machen, ist grundverschieden. Der gleiche Song, unterschiedliches Tempo, anders arrangiert und instrumentiert. Wer lieber entspannt cruist und den Wind sanft das Haar zausen lässt, fühlt sich im Fiat 124 Spider sicher wohl. Wer lieber wedelt, wuselt und düst – wer also eine kleine, unkomplizierte Fahrmaschine sucht, muss den MX-5 nehmen. Oder, anderer Vorschlag: Einfach mal den „kleinen“ MX-5 ausprobieren. 131 PS und 150 Newtonmeter Drehmoment klingen wenig, der quirlige 1,5-Liter-Benziner macht das gefühlt wett. Schmalere Reifen und das softere Fahrwerk erhöhen vielleicht sogar den Spaß. Und die Preise starten schon bei 22.990 Euro. Technische Daten Fiat 124 Spider, Mazda MX-5 2.0
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