Der große Sportler von Toyota kommt zurück: 2019 startet die neue Supra mit sechs Zylindern, nur einem Turbo und BMW-Genen. Erste Fahrt im getarnten Prototyp.
Jarama – Toyota fehlt schon viel zu lange beim Sport. Die letzte Supra lief 2002 vom Band, danach folgte unzureichend entschuldigtes Fernbleiben. Es galt das Attest vom Chef: Ressourcen schonen. Weltherrschaft erringen. Größer werden als alle anderen Autokonzerne. Das geht nicht mit hübschen Muskeln, sondern mit breiter Masse. Aber Prioritäten ändern sich. 2009 wurde Akio Toyoda Toyota-Boss. Er liebt den Motorsport, fährt selbst Langstreckenrennen und findet, dass seine Marke gern Muskeln zeigen darf. Seit 2012 tut sie das mit dem drahtigen GT86. Und bald folgt eine bärenstarke Supra. Das beschloss Toyoda, als er 2012 mit Norbert Reithofer eigentlich über Kooperationen für Diesel, Hybride und Wasserstoff verhandelte. Wenn Petrolheads unter sich sind... Sportwagen sind selten rentabel. Wenn zwei Firmen sich die Arbeit teilen, stimmt die Rechnung wieder. Deshalb vereinbarten Toyota und BMW, gemeinsam die Nachfolger von Supra und Z4 zu entwickeln. Mit vielen Gleichteilen, aber klar abgegrenzt voneinander: Der Bayer bekommt ein Dach aus Stoff, der Asiate einen festen Blechdeckel. Karosseriebleche teilen sie nicht. Toyota Supra: Technik-Schwester des BMW Z4Quelle: Toyota Das Wichtigste vorab: Ja, man spürt die Nähe der Supra zu BMW. Sehr deutlich sogar. Vor allem durch ähnliche bis identische Innenraum-Bauteile und den Sound. Aber das ist nicht schlimm, denn das bayerisch-japanische Doppel funktioniert. Toyota schafft es sogar, einen großen Teil der Supra-Seele zu bewahren, trotz grundlegender Veränderungen am Konzept. Die neue Supra bietet nur noch Platz für Fahrer und Beifahrer. Sie verzichtet also auf die beiden Notsitze ihrer Vorgänger. Das wirkt sich an anderer Stelle positiv aus: Sie wird deutlich kürzer und speckt ordentlich ab. Rund 1,5 Tonnen Leergewicht werden im Datenblatt stehen, wenn Toyota sie im Januar 2019 offiziell präsentiert. Generation 4 wog fast 150 Kilogramm mehr. Hier und jetzt hält sich Toyota enorm zurück, was konkrete Daten angeht. Am liebsten möchte man gar nichts sagen, eigentlich ist sogar die Leistung geheim. Ein paar Zahlen gibt es immerhin: Zwischen den Achsen liegen 2,47 Meter, genau wie beim Z4. Aber die Supra baut sechs Zentimeter länger (4,38 m). Geniales Fahrwerk in der Toyota Supra A90Quelle: Toyota Insgesamt wird die Supra kompakt, bekommt aber eine breite Spur. Das macht sie herrlich handlich und stabil. Das Gewicht verteilt sich zu gleichen Teilen auf beide Achsen, der Schwerpunkt liegt niedriger als beim GT86. Es ist beeindruckend, wie präzise und sicher der Sportler um enge Kehren zirkelt. Man spürt, wie das (optionale) Sperrdifferenzial unter Last arbeitet, wie mehr Kraft am äußeren Rad ankommt und die Supra durch die Kurve schiebt. In der Toyota-Hierarchie ist der GT86 das Spaßmobil mit den rutschigen Reifen, die Supra der ernsthafte Sportler. Sie lässt sich längst nicht so leicht aus der Ruhe bringen wie ihr kleiner Bruder, sondern hält viele Reserven bereit. Man kann mit ihr driften, das ESP lässt sich vollständig abschalten. Dazu muss man sie aber zwingen. Vor dem Traktionsverlust kommt ein breiter Bereich, der in aller Ruhe ankündigt, dass das Heck bald wegrutscht. Toyota stimmt die Supra betont direkt ab. Fahrwerk und Lenkung geben ganz viel Rückmeldung. Ganz fertig sind die Ingenieure noch nicht, sie tüfteln noch an einigen Details. Gut so, denn die Lenkung könnte etwas Spiel in der Mittellage gebrauchen, zumindest im Komfort-Modus. Der aktuelle Stand ist bei hohem Tempo zu nervös. Unsere Kritik soll in die weitere Entwicklung einfließen, sagen die Ingenieure. Natürlich soll die Supra vor allem Sportwagen sein. Zu diesem Anspruch passt das direkte Ansprechen der Lenkung. Aber das Coupé hat mehr Potenzial. Denn optional bringen adaptive Stoßdämpfer erstaunlich viel Komfort ins Fahrwerk. Sie können sanft anfedern und Unebenheiten elegant kaschieren. Egal, wie hart man ist: Auf Dauer ist das eine angenehme Option. Im Sport-Modus werden die Dämpfer deutlich straffer und lassen mehr Straße spüren. Sechszylinder-Turbo in der Supra: B58 statt 2JZ-GTEQuelle: Toyota Unter die Supra-Haube gehört ein Turbo-Reihensechszylinder, schon aus historischen Gründen. Einen passenden Motor hat Toyota seit dem Ende des „2JZ-GTE“ (Supra A80) nicht mehr im Programm. BMW schon. Der „B58“ kommt zum Einsatz, ein 3,0-Liter-Motor mit einem Turbo, den die Bayern unter anderem im Z4 einsetzen. Offizielle Daten gibt es noch nicht. Der Leistungsmonitor im Auto verrät aber: Das Aggregat leistet 250 kW (340 PS) und 500 Newtonmeter Drehmoment, also so viel wie im Z4. Die Supra wird durch ihr Blechdach im Vergleich gut 100 Kilogramm leichter, kann also voraussichtlich flotter starten. BMW gibt 4,6 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h an. Toyota belässt es vorerst bei „weniger als 5 Sekunden“. Der Schub kommt früh und stark. Ab 1.500 Touren liegt das volle Moment an, unmittelbar vorher ein großer Teil davon. Die Supra arbeitet sich munter aus dem Keller über das gesamte Band, dreht flott hoch und hält ihre Leistung. Trotz Aufladung kommt der Spaß mit der Drehzahl. Der Antrieb harmoniert toll mit der Supra. Er klingt sportlich (aber nicht laut), läuft seidenweich und sorgt für ordentlich Schub. Vier oder sechs Zylinder und eine WandlerautomatikQuelle: Toyota Serienmäßig steckt eine Achtgang-Wandlerautomatik von ZF am Block. Die schaltet flott und mit guter Abstufung, könnte in den scharfen Fahrmodi aber gern ruppiger zur Sache gehen. Ein Doppelkupplungsgetriebe wäre hier eine stimmige Alternative gewesen. An eine manuelle Variante denkt Toyota vorerst nicht. Chefentwickler Tetsuya Tada erklärt: Ein Handschaltgetriebe könnte in der Supra nicht so knackig arbeiten wie das im GT86. Dafür liefert der Motor zu viel Drehmoment. Wenn die Nachfrage stimmt, würde man das aber noch einmal überdenken. Ein anderes Thema möchte Toyota noch gar nicht besprechen. Es wird die Supra in einer Basisversion geben. Tada-san deutet nur an, dass ein Vierzylinder-Turbo für manche Märkte in Asien Sinn ergibt, weil man dort auf große Motoren Strafsteuern zahlt. Allen zusätzlichen Fragen weicht er aus wie ein Völkerball-Profi – und schmunzelt dabei schelmisch. Die kleine Supra wird es nach Europa schaffen. Auch hier kommt der Motor vom BMW Z4. Der kommt als 20i mit 197 PS und als 30i mit 258 PS. Zumindest den stärkeren der beiden wird Toyota in Deutschland anbieten. Toyota Supra: Werkstunging von Gazoo RacingQuelle: Toyota Mit der Wahl der Antriebe werden knallharte Fans der Baureihe nicht einverstanden sein. Sie hängen am „2JZ-GTE“ des Vorgängers, dem Reihensechser mit Aluminiumkopf von Yamaha und Registeraufladung, im Idealfall gekoppelt an ein manuelles Getrag-Sechsganggetriebe. Die Komponenten waren belastbar, es gibt unzählige Tuningteile und Versionen mit mehr als 2.000 PS. Tada-san bekommt regelmäßig Anfragen von Tunern, die vor lauter Vorfreude nervös auf den Zehenspitzen tippeln. Sie warten sehnsüchtig auf die neue Supra, nur um den Motor des Vorgängers einzubauen. Der Chefentwickler kann sie verstehen. Als sein Auto in Goodwood fuhr, fragte ihn ein kleiner Junge, ob ein 2JZ unter der Haube stecke. Tada-san antwortete, er würde gern im kommenden Jahr mit genau so einer Supra zurückkommen. Solche Umbauten werden wohl zeitnah folgen. Chassis und Antrieb der neuen Supra bieten aber ebenfalls Spielraum. Toyota deutet an: Das Auto hält mehr Kraft aus. Ein stärkerer Sechszylinder wird wohl nicht kommen. Aber passende Tuningteile will der Hersteller selbst verkaufen. Unter dem Label Gazoo Racing soll es Werkszubehör geben. Tada-san bestätigte konkret, dass es unter anderem Gewindefahrwerke und Steuergeräte geben wird. Der Ruhm kam spät für die SupraQuelle: Toyota Die neue Supra folgt ihrem Vorgänger in vielen Punkten. Sie ist ein ernstzunehmender Sportwagen, der viele überraschen wird. Und ein Auto, das viele umbauen möchten. Tuning gehört zur Baureihe, spätestens seit dem Film „The Fast and the Furious“. Im ersten Teil der Reihe bauen Dominic Torretto (Vin Diesel) und Brian O’Connor (Paul Walker) mit ihren Freunden aus einem Schrottauto einen Viertel-Meilen-Star. In Deutschland machte das die Supra berühmt. In den USA war sie schon viel früher Kult. Auf den deutschen Markt schafften es nur ungefähr 500 Exemplare aus der vierten Supra-Generation. Das lag wohl vor allem am Preis. In den 1990ern kostete eine Supra Turbo mit 330 PS 106.000 DM. Die neue Generation könnte preislich attraktiver werden. Bisher stehen die Preise noch nicht fest. Wir rechnen allerdings mit einem Basispreis von ungefähr 40.000 Euro. Der Sechszylinder wird wohl mindestens 50.000 Euro kosten. Wir empfehlen dringend die adaptiven Dämpfer und das Sperrdifferenzial. Mehr zum Auto erfahren wir bei der Premiere im Januar 2019.
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