Der Peugeot 205 GTI war in den wilden 80ern einer der heißesten Kleinwagen. Fans schwärmen bis heute von den exzellenten Fahreigenschaften. Wir trafen zwei GTI-Liebhaber.
Von Haiko Prengel Woltersdorf – Angst vor dem bösen Golf? Marvin Schönefeld würde das Duell nicht scheuen. Gerade hat der Brandenburger seinen Peugeot 205 GTI warmgefahren. Wir passieren die Ortsausfahrt, jetzt geht es mit Karacho über Land. Zweiter Gang bis 70 oder 80, dritter Gang bis über 100 km/h: Der kleine Franzose zeigt sich auch an diesem nasskalten Novembermorgen enorm drehfreudig. Das sei das Beeindruckende an den 8V-GTI-Motoren, sagt Schönefeld: „Da hast du Drehmoment in allen Lebenslagen.“ Den kompakten 205 hatte Peugeot 1983 auf den Markt gebracht. Dem Hersteller ging es damals wirtschaftlich nicht gut, doch der 205 wurde schnell zum Erfolgsmodell. Mit dem dynamischen Schrägheck und der steilen Kofferraumklappe überzeugte der Kleinwagen nicht nur optisch. Er war für damalige Verhältnisse auch erstaunlich flott – schon mit den Basismotorisierungen. So bot der 205 bereits mit den kleineren Vierzylindern (50 bis 80 PS) hervorragende Fahreigenschaften und ein agiles Handling. Ein Jahr nach Markteinführung folgte ein sportlicher GTI mit Einspritzung und 103 PS. Das 1,6-Liter-Aggregat beschleunigte den 880 Kilogramm leichten Kleinwagen auf bis zu 193 Kilometer pro Stunde. Das war vor 35 Jahren im Kleinwagensegment eine Kampfansage. Der 205 war schneller als der Golf„Alle kennen den VW Golf GTI“, sagt Marvin Schönefeld. Der Peugeot 205 GTI dagegen sei heute einem breiteren Publikum kaum noch bekannt. Dabei war der kleine Franzose das schnellere Auto. Der erste Golf GTI kam mit seinen 110 PS auf 183 km/h Spitze. Als Volkswagen 1985 mit dem GTI 16V das Wettrüsten fortsetzte, antwortete Peugeot mit dem GTI 1,9 und 128 PS. Bei den späteren Kat-Versionen waren es 120 PS. Marvin Schönefeld fährt so einen 1,9er, Baujahr 1993. Der Kfz-Meister aus dem brandenburgischen Woltersdorf wurde schon früh mit dem GTI-Virus infiziert. Seine Eltern machten 1991 nach der Wende ein Peugeot-Autohaus im brandenburgischen Woltersdorf auf. Der „Autoport Schönefeld“ bietet heute auch die Restaurierung von Klassikern an, außerdem versorgt man die Peugeot-Klassiker-Szene mit Ersatzteilen. Marvin Schönefelds Spezialgebiet ist der 205 GTI. Der 28-Jährige besitzt mehrere Exemplare der kleinen Giftzwerge und nimmt mit seinen Youngtimern auch an Rallyes und Beschleunigungsrennen teil. Damit pflegt der Kfz-Meister eine Tradition: Mit dem 205 Turbo 16 schrieb Peugeot auch Rennsportgeschichte. Parallel zum Serienauto entwickelten die Ingenieure in den Achtzigern eine wilde Rallyeversion, die erfolgreich in der Gruppe B mitmischte. Mit Allradantrieb und einer Leistung weit über 300 PS attackierte der 205 den Audi Sport Quattro S1 mit Walter Röhrl am Steuer. Als Homologationsmodell entstanden damals 200 straßenzugelassene 205 Turbo 16 für die normale Bevölkerung. Heute sind diese begehrten Sammlerstücke für unter 200.000 Euro nicht mehr zu haben. Auch einen „normalen“ 205 GTI sollte man nicht unterschätzen. Die Agilität und Beschleunigung sei immer noch enorm, sagt Robert Rutkowski. „Vielen modernen Autos fährt man einfach davon.“, Rutkowski kaufte sich seinen GTI 1.9 vor drei Jahren. Seitdem lässt ihn die Faszination des für heutige Verhältnisse minimalistischen, aber leistungsstarken Kompakten nicht mehr los. Analoges Fahren im 205 GTI„Berufsbedingt fahre ich stets aktuelle Mercedes Modelle mit einer sehr guten Ausstattung. Diese Autos geben mir viel Komfort, aber bevormunden mich auch. Greifen stets aktiv ins Fahren ein, um mich zu schützen“, berichtet er. „Das Fahren im 205 ist einfach noch analog.“ Beinahe wie im Gokart, nämlich unglaublich direkt zur Straße, komplett ungefiltert. Beschleunigungskräfte in längs und quer. Man fühlt sich mit der Straße verbunden. Robert Rutkowskis 205 GTI ist komplett original. Mittlerweile, muss man hinzufügen. Beim Kauf war der Wagen ziemlich verbastelt mit Einarmwischer, Zubehör-Frontschürze und anderem Tuningkram. Mit langem Atem rüstete Rutkowski den GTI zurück, kümmerte sich um die eine oder andere Roststelle und brachte das Auto technisch auf Vordermann. Die Ersatzteile bezog er vom Autoport Schönefeld, mit Junior-Chef Marvin ist er gut befreundet. Gängige Verschleißteile sind für den Peugeot 205 meist problemlos und günstig zu bekommen. Karosserie- und Innenraumteile dagegen werden langsam rar. Sehr rar sind spezifische Teile für den GTI wie Zierleisten oder Plastikverbreiterungen für die Radläufe. Wer einen beliebigen 205 sucht, kann dank vollverzinkter Karosserie mit ein wenig Glück ein rostfreies Exemplar finden. Die häufigsten Modelle am Markt sind Einspritzer mit den 1,1- bis 1,4-Liter-Maschinen ab Baujahr 1988. GTI- und Sondermodelle wie „Jeans“ oder „Roland Garros“ sind seltener – und teurer. In der Kurve nicht vom Gas gehenRobert Rutkowski startete mit seinem 205 GTI in diesem Jahr in die erste Saison. Dabei stellte er fest, dass er auf vielen Oldtimer- und Youngtimer-Treffen mit seinem schnellen Franzosen inzwischen ein Exot ist. „Mit diesem Auto ist man auch der Underdog, viele haben den 205 und den 205 GTi gar nicht mehr auf dem Schirm“, sagt er. Umso erstaunter sind viele Autofahrer dann auf der Straße, wenn sie von dem unscheinbaren Kleinwagen überholt werden, der in Wahrheit eine Granate ist. „Was sind schon 900 Kilogramm Leergewicht“, unterstreicht Robert Rutkowski. Eins solle man jedoch unbedingt vermeiden beim sportlichen Fahren, rät er Leuten, die vielleicht nach einer Probefahrt im 205 GTI auf den Geschmack kommen: in der Kurve vom Gas zu gehen. „In dieser Situation läuft das Auto Gefahr, mit dem Heck zu übersteuern, was bei dem kurzen Radstand schnelles kontrolliertes Handeln verlangt.“ Andernfalls kann die Ausfahrt in dem Hothatch böse enden. In England soll das Auto nicht ohne Grund einen unheilvollen Beinamen getragen haben: Widow Maker (Witwen-Macher). Peugeot 205 GTI 1.9 Kat, 1988-1995: Technische Daten
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