Mazda liftet die Mittelklasse vor dem Generationswechsel 2020 noch mal. Der Mazda6 wird am Ende seines Lebenszyklus feiner, bequemer - und zeitgemäß sauber. Erste Fahrt.
Palma – Diven auf dem Zenit wissen es längst: Aus einer in Würde gereiften Substanz lässt sich mit professioneller Kosmetik noch eine Menge herausholen. Das trifft auch auf Mazdas Mittelklassemodell zu. Seit 2012 wird der Mazda6 verkauft und erhält jetzt, rund zwei Jahre vor dem Modellwechsel, die zweite und wohl letzte gründliche Überarbeitung. Die beginnt mit einer optischen Täuschung. Nein, Mazda hat den 6er nicht tiefergelegt. Die geduckte Optik nach dem Facelift des Mazda6 entsteht allein durch Designkniffe. Der Grill erhielt eine breitere Chromspange, ein neues Muster und vor allem: einen neuen Winkel und einen tieferen Ansatz. Die Scheinwerfer wurden schmaler und leuchten nun serienmäßig mit LED, die Stoßfänger vorn und hinten wurden optisch entschlackt. Gefühlt verlegte das den Schwerpunkt von Mazdas Mittelklasse einige Zentimeter nach unten. Mazda6 Facelift 2018: Fit für den WLTPQuelle: Mazda Mazda spricht von der größten Überarbeitung des Mazda6 überhaupt. Nötig wurde sie, um das Modell auf die strengeren Schadstoffnormen ab September vorzubereiten. Viele Hersteller kämpfen derzeit mit der Masse nötiger Zertifizierungen. Mazda auch und entschied sich für einen pragmatischen Ansatz. Gemessen wurde nicht jede, sondern nur die schwerste Ausstattung. Das kostet auf dem Papier für viele Ausstattungsversionen ein paar Gramm CO2, spart aber Zeit. Den größten sichtbaren Sprung macht der Mazda6 im Innenraum. Bis auf ein paar Schalter und das Lenkrad ist jedes Teil neu. Am auffälligsten ist das an den Türverkleidungen und rund um die Lüftungsdüsen. Im schicken Zweifarb-Look wirkt das Cockpit nun deutlich klarer und linearer – und auch hier optisch breiter. Bei Materialien und Verarbeitung orientiert sich Mazda seit Jahren am „Premium“-Segment, allzu viel fehlt den Japanern nicht mehr. Vielleicht ein eleganteres Lenkrad, aber keine edlen Werkstoffe: Mit dem neuen „Plus-Paket“ für 3.450 Euro findet japanisches Echtholz ins Cockpit und das edle Kunstmaterial „Ultrasuede“ aus silberbeschichtetem Textil. Die schmutzabweisende Substanz wirkt wie Wildleder. Mazda6 mit 360-Grad-MonitorQuelle: Mazda Einen alten Kritikpunkt am Mazda6 entschärft das Facelift mittelbar: Gegen die schlechte Übersicht hilft ein 360-Grad-Monitor. An der Ergonomie des Mittelklassemodells gab es wenig zu verbessern. Etwas fanden die Japaner jedoch: Der Mazda6 erhält neue Sitze mit breiteren und besser gepolsterten Sitzflächen und Lehnen. Mehr bequemes Sofa als Pseudo-Sportlichkeit, sehr angenehm. Ebenfalls neu in Verbindung mit Ledersitzen (ab 2.000 Euro): Erstmals gibt es bei Mazda eine Sitzbelüftung. Sie saugt die Luft ab, statt sie in den Rücken zu blasen. Funktioniert gut, wird aber trotzdem irgendwann kalt im Kreuz. Im Cockpit integrierten die Mazda-Ingenieure ein Info-Display im nun digitalen Tachometer. Er zeigt mit den Daten der serienmäßigen Verkehrszeichenerkennung an, wie weit man die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet. Ein erklärungsbedürftiges Feature: Wer nicht weiß, was das bedeutet, könnte es als „innerhalb der Toleranz“ verstehen. In anderen Bereichen holt Mazda auf: Das Head-up-Display projiziert nun direkt in die Windschutzscheibe, und das Infotainment beherrscht endlich Apple Carplay und Android Auto. Das lässt sich sogar bei älteren Modellen nachrüsten, wenn „MZD Connect“ an Bord ist. MotorenAn der Motorenpalette ändert sich auf den ersten Blick nicht viel. Drei Benziner und zwei Dieselvarianten stehen im Angebot, die alle die Abgasnorm Euro 6d-Temp erfüllen. Dafür erhalten die Diesel einen SCR-Katalysator. Der Adblue-Nachfüllstutzen befindet sich unpraktischerweise im Kofferraum hinter einer Abdeckung. Bei den Benzinern packte die Japaner offenbar der Ehrgeiz, die strengeren Grenzwerte für Partikel ohne einen zusätzlichen Filter einzuhalten. Die Motoren erhielten eine neuen Kolbenform sowie einen modifizierten Ansaugkanal, der mit erhöhter Verwirbelung für eine schnellere Verbrennung sorgt - und damit für mehr Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen und weniger Verbrauch bei hohen Drehzahlen. Quelle: Mazda Den Einspritzdruck steigerte Mazda von 200 auf 300 bar. Das sorgt im Verbund mit überarbeiteten Einpritzdüsen für eine schnellere Zerstäubung des Kraftstoffs und damit für weniger Rückstände bei der Verbrennung. Bei kaltem Motor kommt eine dreistufige Einspritzung zum Einsatz. Außerdem reduziert Mazda bei kaltem Motor den Kühlmittelfluss um die Brennraumwände auf ein Minimum. So erreicht der Motor schneller seine Betriebstemperatur. Dies soll den Spritbedarf bei kaltem Motor um die Hälfte reduzieren. Spitzenmotor im Programm ist der 2,5-Liter-Benziner mit Zylinderabschaltung und 194 PS, den Mazda alternativlos mit Sechsgang-Automatik ausliefert. Sie zwingt den frei atmenden Motor bei Vollgas in etwas gequälte Drehzahlorgien und schluckt dennoch gefühlt viel Leistung – schaltet aber schnell und sanft, wenn der Fahrer es ruhiger angehen lässt. Auf Autobahn und Landstraße verbrauchten wir um die 7 Liter auf 100 Kilometer. Mit dem kräftigen 184-PS-Diesel harmoniert die Automatik auch bei zügiger Fahrweise besser. Das mag daran liegen, dass der drehmomentstarke Selbstzünder für vergleichbaren Vortrieb schlicht weniger Drehzahl benötigt. Der optionale Allradantrieb macht diese Kombination aber weiterhin durstig: wir brauchten rund einen Liter mehr als mit dem stärkeren Benziner.
Fahrwerk und DämmungViele kleine Verbesserungen soll es auch beim Fahrkomfort gegeben haben, sagt Mazda. Die lassen sich wohl nur im direkten Vergleich erleben: Schmalere Spalten zwischen Karosserieteilen, eine neue Struktur des Dachhimmels sowie zusätzliche Dämmmatten am Mitteltunnel und dickere Bleche in den Radhäusern machen den Innenraum deutlich leiser – eine Krawallbüchse war die Mittelklasse-Limousine vor dem Facelift aber auch nicht. Das gilt auch für das komplett neu abgestimmte Fahrwerk, das etwas konsequenter auf Komfort ausgelegt ist. Ausstattungen: Motoren treiben den PreisQuelle: Mazda Ausstattungspakete vereinfachen den Fahrzeugimport, viele Optionen machen ihn komplizierter. Auch deshalb konzentriert sich Mazda beim 6er komplett auf vier Ausstattungsvarianten mit insgesamt erstaunlichem Zuschnitt: Eine Basisversion gibt es im Grunde nicht. Vieles, wofür Autofahrer gern Geld ausgeben, ist nach dem Facelift serienmäßig vorhanden. Die Optionsliste beschränkt sich im Wesentlichen auf Leder-Pakete und Metallic-Lackierungen. Zur Basisausstattung gehören etwa ein adaptiver Tempomat, Fernlichtassistent, aktiver Spurhalteassistent, LED-Scheinwerfer, ein Head-up-Display, Klimaautomatik oder das Connect-System inklusive Navi. Die nächsthöhere „Center Line“ legt eher Verzichtbares wie elektrisch anklappbare Außenspiegel, einen CD-Player oder getönte Scheiben drauf. Allerdings: Die Basis gibt es nur mit dem schwächsten Motor, die „Center Line“ zusätzlich mit dem schwächsten Diesel. Wer einen größeren Motor will, muss mindestens die „Exclusive Line“ wählen und bewegt sich damit schnell jenseits der 35.000 Euro. Wobei: Ein VW Passat startet als 150-PS-Benziner schon bei fast 32.000 Euro. Die bessere Comfortline-Ausstattung mit 7-Gang-DSG liegt schon bei gut 37.000 Euro, der Variant mit 190-PS-Diesel und Allradantrieb ist nicht unter 42.100 Euro zu haben. Und ist längst nicht so gut ausgestattet wie der Mazda6. Die „Exclusive Line“ lässt nämlich kaum noch Wünsche offen: Dann kommen ein Stauassistent, dynamisches Kurvenlicht, Digitalradio oder Sitzheizung ins Auto. Die Top-Ausstattung „Sports Line“ fügt noch den neuen 360-Grad-Monitor, das Matrix-LED-System mit 20 Segmenten je Scheinwerfer oder Bose-Hifi hinzu – und ist als Einzige mit den stärksten Motoren kombinierbar. Das entspricht laut Mazda dem Kaufverhalten bei Mazda6 Limousine und Kombi. Die japanische Mittelklasse hat im ersten Halbjahr 2018 einen Privatkundenanteil von 45 Prozent – und wer viel Leistung will, will auch viel Ausstattung. Der Flottenanteil wird wohl ab September wieder steigen, wenn das neue Modell beim Händler steht. Denn nach wie vor ist der Mazda6 in der Mittelklasse ein gutes Angebot. Der Einfachste (Limousine)
Der neue Benziner (Kombi)
Der große Diesel (Kombi)
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