Der Ford Escort RS Cosworth stand einst mit diesem Flügel beim Händler. Und an der Spitze der gesamten Baureihe. Auch, wenn er streng genommen gar nicht dazugehört.
Quelle: Ford Performance Köln – Ken Block hat ein neues Spielzeug, den Ford Escort RS Cosworth. Allradgetrieben. Breit. Stark. Mit Heckflügel. Wie man es von einem künftigen Fahrzeug für die Gymkhana-Videoreihe erwarten darf. Quelle: Ford Performance Kenner der 1990er-Jahre wissen jedoch: Dieser überdrehte Hoonigan-Ford ist kein Tuningunfall. Dieser Ford stand einst genau so beim Händler. Mit dem wohl außergewöhnlichsten Heckspoiler der Automobilgeschichte und der Bodengruppe eines ganz anderen Ford-Modells. Geboren für die WeltmeisterschaftWer denkt, es bräuchte Mut, ein Auto mit Riesenbügelbrett am Heck zu fertigen, liegt falsch. Es braucht Ehrgeiz. Ford wollte in den frühen 1990er-Jahren einen Angriff auf den Rallye-Weltmeistertitel starten. Heutzutage können die Hersteller allradgetriebene Kleinwagen mit rund 400 PS – vom Hyundai i20 bis zum Citroën C3 - auf die Strecke schicken, ohne vergleichbare Varianten für die Straße im Programm zu haben. Vor mehr als 20 Jahren war das noch nicht so. Wer mit 4-WD und potentem Turbomotor um die WM-Krone kämpfen wollte, musste das Auto in Serie anbieten. Inklusive etwaiger optisch gewagter Downforce-Experimente. Der Flügel des Escort sorgt bei 180 km/h für einen Anpressdruck von rund 200 Newton auf der Hinterachse. Dafür war man bereit, Schmähungen in Kauf zu nehmen. Und nachdem die vom Weltverband FIA geforderten 2.500 Exemplare die Werkshallen verlassen hätten, könnte man die folgenden Top-Escorts ja optional ohne Megatheke anbieten. So jedenfalls die Überlegung. Ein Top-Sierra im Escort-GewandBeim Marktstart des Ford Escort Cosworth im Jahr 1992 war der Flügel für Ford-Fans und Motorsport-Anhänger nicht mehr gänzlich neu, denn schon der Ford Sierra Cosworth kam mit einem ähnlichen Gebilde. Nur, dass der Flügel hier keine Verlängerung der Dachkannte darstellte. Doch die beiden Ford-Ikonen verbindet weit mehr. Denn technisch ist der Ford Escort RS Cosworth der langen Limousine Sierra näher als den zivilen Escort-Brüdern. Das Sportmodell baut auf einer gestutzten Sierra-Cosworth-Plattform auf. Bei der Länge sparten die Ingenieure 40 Millimeter ein, bei der Breite 50 Millimeter. Breiter als die Standard-Escorts ist der Cosworth dennoch, deshalb auch die breiten Backen. Warum man nicht einfach einen Escort modifizierte? Ford wollte im Grunde eine wendigere Version des schnellsten Sierra bauen. Der kam am Ende seines Lebenszyklus mit Allradantrieb und einem längs eingebauten 2,0-Liter-Turbomotor mit jenseits der 200 PS. Beim Escort saß der Motor jedoch quer. Ford hätte also eigens einen kompletten Antriebsstrang entwickeln müssen. Man tat dies nicht, und deshalb ist Ken Blocks neues Spielzeug ein Solitär: der einzige Escort seiner Zeit mit Längsmotor. Das 2,0-Liter Turbo-Aggregat des namensgebenden Zulieferers Cosworth leistete 230 PS. Im Unterschied zum Ford Sierra verrichteten im Escort ein größerer Garrett-Turbolader und ein zweistufiger Ladeluftkühler ihren Dienst. Facelift? Modellwechsel? Dem Cossie egal.Quelle: By Spanish Coches (1987 Ford Sierra RS Cosworth) [CC BY 2.0] Escort mit Sierra-Bodengruppe und speziellen Karosserieteilen konnte Ford nicht einfach so nebenher am regulären Band bauen. Daher vergab man den Produktionsauftrag an den Karosserie-Spezialisten Karmann, und zwar über die gesamte Produktionszeit von 1992 bis 1996. In dieser Zeit veränderte der Cosworth sein Aussehen nicht, anders als die anderen Escort: Weder das Escort-Facelift von 1993 noch der Modellwechsel von 1995 hatten Auswirkungen auf die Karmann-Produktion. . Ford setzte das Fahrzeug noch bis Ende 1998 in der Weltmeisterschaft ein. Die Wettbewerbsfahrzeuge verfügten über Leistungen jenseits der 300 PS, aber auch viele Straßenfahrzeuge waren mit mehr als den serienmäßigen 230 PS unterwegs. Steuergerät-Tuning war schon damals weit verbreitet. Bei Ken Blocks Exemplar handelt es sich jedoch um ein aufwändig aufgebautes, ehemaliges Rallyefahrzeug. Davon zeugen Überrollkäfig, Schalensitze und das sequenzielle Getriebe. Der Hoonigan-Escort soll über rund 400 PS verfügen. Er lebe hoch. Und querDer markante Spoiler erfüllt bei Actionaufnahmen mit überschaubarem Speed eher keine Funktion. Entfernen werden ihn die Video-Produzenten aber garantiert nicht. Er gehört einfach zum Kult um dieses sehr spezielle Ford-Modell. Auch, wenn die Rallye-WM-Fahrzeuge ab 1997 eine andere Frittentheke trugen. Und auch, wenn Ford den Escort tatsächlich recht bald ohne den Flügel anbot. Denn die meisten Kunden entschieden sich weiterhin für das Brett. Und nicht nur die Käufer des Escort-Spitzenmodells: Ab 1993 hatte Ford die „Walflosse“ sogar im offiziellen Escort-Zubehörprogramm. Andere Teilehersteller zogen nach. Aus heutiger Sicht lässt sich sagen: Es gab wohl mehr zivile Ford Escort mit Flügel als RS Cosworth mit kahlem Heck. Originale Cosworth sind heute nicht ganz leicht zu finden. Von den insgesamt 7.145 gefertigten Exemplaren existiert längst nicht mehr alle. Auf mobile.de werden aktuell gerade einmal 15 Stück in fünf Ländern angeboten, einige davon Rennfahrzeuge. Bleibt zu hoffen, dass Ken Block diesen Escort RS Cosworth unversehrt lässt. Ab sofort verschicken wir unsere besten News einmal am Tag über Whatsapp und Insta. Klingt gut? Dann lies hier, wie Du Dich anmelden kannst. |